CWE will sich nicht spalten lassen

Pläne Die Hälfte der Mitarbeiter sollen ins Rathaus - neu gegründeter Betriebsrat warnt vor Kündigungswelle

Anfang Februar hatte Oberbürgermeister Sven Schulze bekanntgegeben, die Zuständigkeit der Chemnitzer Wirtschaftsförderungs- und -entwicklungsgesellschaft (CWE) beschneiden zu wollen. Der Geschäftsbereich "Wirtschaft" soll demnach künftig direkt beim Oberbürgermeister im Rathaus angesiedelt werden. Die CWE - eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Stadt - werde weiterhin für die Themen Stadtmarketing, Tourismus und Sonderprojekte zuständig sein, um "in Bezug auf die Kulturhauptstadt 2025 gezielter und effektiver voranzukommen". Um gegen die Pläne zur Spaltung der Belegschaft vorzugehen, hat die CWE-Belegschaft nun gemeinsam mit der Gewerkschaft ver.di einen Betriebsrat gegründet. "Dass unsere Arbeit der vergangenen Jahre jetzt so direkt und ohne eine fundierte Analyse in Frage gestellt wird, macht uns traurig und auch wütend", so Betriebsratsvorsitzende Katrin Bothe.

 

Kündigungswelle droht

"Die Wirtschaftsförderung soll in die Stadtverwaltung einverleibt werden", heißt es in einer ersten Mitteilung des neu gegründeten Betriebsrates. Laut den Plänen der Verwaltungsspitze sollen rund die Hälfte der 26 CWE-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ab 1. Juli dort arbeiten. "Von dieser Nachricht waren wir geschockt", berichtet Katrin Bothe und erklärt weiter: "Die Kolleginnen und Kollegen können sich nicht vorstellen in der Stadtverwaltung zu arbeiten. Als Konsequenz daraus würden betriebsbedingte Kündigungen folgen. Dies werden wir verhindern!" Das CWE-Team sei nicht in die geplanten Veränderungen einbezogen worden, obwohl die nun betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Jahre den Bereich der Wirtschaftsförderung aufgebaut und vorangebracht hätten. "Von den möglichen Kündigungen wären Familien mit Kleinkindern sowie pflegende Angehörige betroffen", fokussiert Bothe das Problem. Der Aufsichtsratsvorsitzende würde somit dem Unternehmen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern schaden.

 

Verbesserungen infrage gestellt

Damit die Umstrukturierung wirksam wird, muss der Stadtrat auf seinen Sitzungen kommenden Mittwoch und im Juni darüber entscheiden. "Wir fordern, bei jedem Schritt der Umstrukturierung, der die Belegschaft betrifft, eingebunden zu werden. Ohne dieses Zugeständnis darf es keine Zustimmung des Stadtrates zu den geplanten Veränderungen geben", so Katrin Bothe. Die Beschlussvorlage für den Stadtrat gibt erst jetzt Einsicht in die geplante Struktur. Dazu Betriebsrätin Laura Thieme: "Welche konkreten Verbesserungen sollen damit erreicht werden? Die über Jahre aufgebaute Struktur kann nicht durch die Arbeit auf Sachbearbeiterebene einer Verwaltung abgelöst und genauso erfolgreich fortgesetzt werden."

 

CWE sieht auch Chance

Laut Plänen des Stadtoberhauptes soll sich die neue Organisationseinheit im Rathaus um alle Themen der Wirtschaftsförderung, des Unternehmensservice, des Standort- und Ansiedlungsmanagements sowie der Fachkräfteentwicklung kümmern. "Mit der Konzentration nah an der Verwaltungsspitze sollen Kompetenzen und Schlagkraft gestärkt werden", so die Begründung. Die CWE sehe eine Chance darin, Antrags- und Genehmigungsverfahren in der Stadtverwaltung zu beschleunigen sowie gute Rahmenbedingungen für die Ansiedlung und Erweiterung von Unternehmen zu schaffen, indem beispielsweise ausreichende und bedarfsgerechte Gewerbeflächen zur Verfügung stünden. "Dies betrifft die internen Prozesse und Strukturen der Stadtverwaltung Chemnitz, die unmittelbar und auf kurzem Weg in der Verwaltung verändert werden könnten."

 

"Chemnitz wieder auf der internationalen Landkarte"

Für das Team der CWE sei Wirtschaftsförderung mehr als Investorengewinnung und das Betreuen von Unternehmen bei Verwaltungsprozessen wie beispielsweise Bauvorhaben sowie das Aufbereiten von Statistiken. "Für die Innenstadtbelebung haben wir die Akteure komplett neu vernetzt, um das Herz der Stadt mit Events wieder erlebbar zu machen. Wir vernetzen regionale und internationale Wirtschaft und eröffnen Gelegenheiten, Chemnitz als Wirtschaftszentrum nicht nur für einzelne Unternehmen sondern für ganze Wertschöpfungsketten zu positionieren. Wir bringen durch europäische Projekte die Stadt auf die internationale Landkarte", fasst Betriebsrat Boris Kaiser zusammen und zieht das Fazit: "Chemnitz hat unglaubliches Potential, in der Zukunft mehr als nur ein Wirtschaftsstandort von vielen zu sein."

 

"Dort arbeiten, wo wir gute Leistungen erbringen"

Die CWE sei auch finanziell sehr gut aufgestellt und habe ihre Einnahmen trotz Pandemie im letzten Jahr verdoppelt. "Die Wirtschaftsförderung in die Stadtverwaltung zu ziehen bringt keine Verbesserungen, sondern verursacht höhere Kosten und wird nicht automatisch schneller und effizienter. Das bringt den Unternehmen in Chemnitz nichts", so Boris Kaiser weiter. "Als Betriebsrat sind wir offen dafür, über die Ziele der CWE und neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wirtschaftsförderung und Verwaltung zu sprechen. Aber wir wollen als Team dort arbeiten, wo wir uns wohlfühlen und gute Leistungen erbringen."

 

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