Düsteres Stimmungsbild der Veranstaltungswirtschaft

Wirtschaft Für mehr als die Hälfte ist die finanzielle Hilfe der Regierung nicht ausreichend

Der Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik e.V. (VPLT) zeichnet ein düsteres Stimmungsbild einer Branche, die sonst mit guter Stimmung, Gemeinschaftsgefühl und unbeschwerten Momenten in Verbindung gebracht wird. Im Mittelpunkt einer aktuellen Trendumfrage unter Teilnehmern, die bis zu 30 Jahre in der Veranstaltungswirtschaft tätig sind, standen Themen wie aktuelle betriebliche und berufliche Situation, Wirksamkeit der Finanzhilfen, Ausbildung und generelle Rahmenbedingungen in der Veranstaltungswirtschaft. An der anonymen Umfrage, die auch eigene Kommentare der Befragten zuließ, beteiligten sich Unternehmer, Einzelunternehmer und Angestellte.

Fachkräfteverlust und Perspektivlosigkeit

Rund 40 Prozent gaben an, dass sie inzwischen Mitarbeiter verloren haben. Entscheidende Gründe sind deren Perspektivlosigkeit in Branche und Betrieb oder zu geringer Verdienst in der Kurzarbeit. Rund 24 Prozent mussten sich außerdem eingestehen, dass sie absehbar Mitarbeiter entlassen müssen, circa 40 Prozent können dies noch nicht einschätzen. Für ein Drittel hat sich die Arbeitszeit, zum Beispiel in Teilzeit, verändert. Viele Veranstalter kritisieren in ihren Kommentaren, dass finanzielle Hilfen bisher nicht ausreichend oder wirksam sind. Nach wie vor komme Unterstützung nicht richtig an. Mehr als 80 Prozent nehmen seit Beginn der Krise Kurzarbeitergeld in Anspruch. Bei rund 55 Prozent waren die Mitarbeiter zu 70 bis 100 Prozent in Kurzarbeit. Nur wenige haben die Kurzarbeit inzwischen beendet - dann meist aufgrund der Abwanderung von Mitarbeitern. Die Teilnehmer der Umfrage monieren, dass Unternehmen mehr Planungssicherheit für eine Zukunftsperspektive bräuchten und sie fordern deutliche Verbesserungen der Regierung bei Schnelltests und Impfung.

Sonderlösung für mehr Planungssicherheit

Ungefähr zwei Drittel waren bei den Überbrückungshilfen I, II oder III antragsberechtigt. Bei einem Großteil sind die Gelder innerhalb von 4 bis 20 Wochen ausgezahlt worden. Besonders auffällig: 50 bis 60 Prozent der Antwortenden gaben bei allen abgefragten Hilfen an, also auch einschließlich Novemberhilfe, Novemberhilfe Plus, Dezemberhilfe und Dezemberhilfe Plus, dass das Geld der Regierung nicht ausreicht. 27 Prozent haben einen KfW Kredit beantragt und erhalten. "Wir sehen die Ergebnisse als Beleg für unsere bisherigen Argumente und Forderungen in Gesprächen mit der Politik", sagt Linda Residovic, Geschäftsführerin des VPLT. "Ihr muss endlich bewusst werden, dass sich keine Branche solange im Lockdown befindet wie die Veranstaltungswirtschaft." Helge Leinemann, Vorstandsvorsitzender des VPLT, ergänzt: "Es ist nur folgerichtig, dass unsere heterogene Branche ein Sonderprogramm benötigt. Ein Drittel bis zur Hälfte der Teilnehmer ist laut unserer Umfrage bei den unterschiedlichen Hilfen nicht antragsberechtigt und viele kritisieren eine Förderung, die nicht ausreichend ist." Ständig sei in der Politik von Gerechtigkeit die Rede, so Residovic. "Aber noch immer scheitert es am politischen Willen, auch den selbständigen Einzelunternehmern eine passende Hilfe zukommen zu lassen, obwohl auch sie völlig unverschuldet in diese prekäre Lage geraten sind. Und den Unternehmen würde unser Vorschlag helfen, speziell für die Veranstaltungswirtschaft die Sozialversicherungsbeiträge weiter voll zu erstatten. So könnten sie ihre momentane Perspektivlosigkeit überwinden und wieder mehr Planungssicherheit gewinnen."

Negative Auswirkungen auf Auszubildende

Der VPLT nahm auch die aktuelle Ausbildungsprämie der Regierung zum Anlass, die Teilnehmer zu diesem Thema zu befragen: Die Prämie motiviert die Hälfte, neu in Ausbildungsplätze zu investieren. Generell bieten rund 65 Prozent der Unternehmen Ausbildungsplätze an, 22 Prozent nicht und rund 13 Prozent taten dies früher mal. Ein Großteil erwähnt Kosteneinsparungen und Kurzarbeit als Gründe für den aktuell fehlenden Bedarf an Azubis, aber teilweise auch schlechte Erfahrungen mit Kandidaten. Einige erwähnen deren mangelnde Eignung oder zu wenig betriebliche Zeit, sich um eine professionelle Ausbildung zu kümmern. 60 Prozent geben an, in Zukunft die gleiche Anzahl auszubilden, 30 Prozent wollen dies jedoch reduzieren.

Treue zur Branche trotz unsicherer Zukunft

Den VPLT interessierte außerdem, wann sich die Teilnehmer eine Wiedereröffnung von Veranstaltungen vorstellen können: Die meisten Antwortenden gehen von einem möglichen Neustart der Veranstaltungsbranche in 2022 aus. Viele erwähnen in diesem Zusammenhang die dafür wichtige flächendeckende Impfung und Herdenimmunität. Optimistischere Teilnehmer glauben an die Wiederaufnahme ihrer Tätigkeit Ende 2021. Wenige gehen von 2023, 2024 oder gar 2026 aus, um das Niveau einer normalen Geschäftstätigkeit wie vor der Krise zu erreichen.

Erfreulich: Trotz dieser unterschiedlichen negativen Auswirkungen beteuern knapp 80 Prozent, dass sie der Branche treu bleiben werden. Rund 70 Prozent wollen dennoch keine berufliche Alternative suchen. In ihrer Meinung gespalten sind die Befragten bei der Frage, ob die Branche gestärkt aus der Corona-Pandemie hervorgehen wird: Mehr als 40 Prozent sind diesbezüglich skeptisch, genauso viele dagegen glauben es.

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