Mord aus Rache? Prozessauftakt im Fall der getöteten Valeriia (9) aus Döbeln

Prozessbeginn Der Ex-Partner der Mutter des Mädchens muss sich ab Freitag vor Gericht wegen Mordes verantworten. BLICK.de informiert über alle wichtigen Fakten zum tragischen Fall.

Chemnitz/Döbeln. 

Es ist der 3. Juni 2024: Ein Anruf geht bei der Polizei ein. Die 9-jährige Valeriia, wohnhaft in Döbeln, wird vermisst. Sie war am Nachmittag nicht aus der Schule nach Hause gekommen. Eine Woche später wird eine leblose Person im Wald gefunden. Die Polizei bestätigt, dass es sich um die kleine Valeriia und um ein Tötungsdelikt handelt. Nun muss sich ein 37-Jähriger wegen Mordes ab 17. Januar 2025 vorm Landgericht Chemnitz verantworten. Das Motiv sei Rache an der Mutter. Bislang schweige der Tatverdächtige.

Was bisher zum Fall öffentlich bekannt ist

Valeriia H. war mit ihrer Mutter und ihrer kleineren Schwester 2022 aus der Ukraine nach Deutschland gekommen. Sie hatten sich in Döbeln ein Leben aufgebaut. Die Eltern des Mädchens sind geschieden und der Vater kämpft als Soldat an der Front im Osten der Ukraine.

Am Abend des 3. Juni 2024 verständigten Angehörige die Polizei, dass die 9-jährige Valeriia nicht von der Schule nach Hause gekommen war. Zu dem Zeitpunkt war unklar, dass sie dort nie angekommen war. Gegen 6.50 Uhr wurde das Mädchen zuletzt lebend gesehen, als sie ihr Zuhause mit einem rosafarbenen Schulranzen verlassen hatte, um mit dem Bus zur Schule zu fahren. Wahrscheinlich war sie nie in den Bus eingestiegen. Die Polizei hielt sich bislang bedeckt, ob die Schule versucht hatte, die Mutter darüber in Kenntnis zu setzen, dass Valeriia nicht zum Unterricht erschienen war. 

Suche wurde sofort mit Großaufgebot gestartet

Mit einem Großaufgebot startete die Polizei sofort die Suchmaßnahme nach dem Kind. Es wurden mögliche Aufenthaltsorte geprüft, das familiäre Umfeld befragt und entlang des Schulwegs gesucht. Polizeihubschrauber, Drohnen, Trümmer- und Fährtenspürhunde, darunter der Verbund sächsischer Rettungshunde und das Technische Hilfswerk kamen zum Einsatz. Auch die umliegenden Gewässer, wie die Mulde und Teiche standen im Fokus der Maßnahme. Taucher und die Wasserschutzpolizei waren im Einsatz.

Nach einigen Tagen erfolgloser Suche wurde das Suchgebiet weiter ausgedehnt. Die Polizei bat die Anwohner und Anwohnerinnen in ihren Gärten, Kellern, Garagen und Schuppen ebenfalls mit zu suchen. Es hatten sich sogar private Suchtrupps aus der Bevölkerung gebildet. Mehr als 400 Kräfte der Polizei waren zu der Zeit im Einsatz. Auch die ZDF-Fernsehsendung "Aktenzeichen XY ungelöst" nahm den Fall kurzfristig in die Sendung am Mittwochabend auf.

Polizei ließ nichts unversucht

Auch in Richtung des familiären Umfelds wurde ermittelt. "Wir führen auch Ermittlungen über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus", sagte ein Pressesprecher der Polizeidirektion Chemnitz am 6. Juni, drei Tage nach Verschwinden des Mädchens. Die Beamten bestätigten, dass der Vater sich nach wie vor in der Ukraine aufgehalten hatte. Mit den Behörden in der Ukraine, aber auch in Polen, Tschechien sei die Polizei im Austausch gewesen.

Sogenannte Super-Recognizer, Spezialisten, die sich Gesichter besonders gut einprägen und wiedererkennen können, kamen zudem zum Einsatz. Über 10 Terabyte Bild- und Videomaterial wurde im Zuge der Ermittlungen von ihnen gesichtet.

Traurige Gewissheit

Am frühen Abend des 11. Juni (Dienstag), erreichte die Öffentlichkeit die Meldung, dass am frühen Nachmittag eine leblose Person in einem Wald zwischen den Orten Mahlitzsch und Hermsdorf gefunden wurde. Das Gebiet liegt direkt im Süden von Döbeln. Eine Pressekonferenz am Mittwoch sollte Aufschluss geben, ob es sich um das vermisste Kind handelte.

Am darauffolgenden Mittwoch bestätigte die Polizeidirektion Chemnitz, dass es sich bei der leblosen Person um Valeriia H. handelt. (BLICK.de berichtete) Die Leiche wurde vier Kilometer fußläufig vom Wohnort entfernt, in einem Wald in Nähe des Kaiserbachs, tief im Unterholz, fernab von Wegen, gefunden. Das Mädchen kam gewaltsam durch Ersticken zu Tode. Ein Sexualdelikt wurde ausgeschlossen.

Den Aufschluss zum Fund gab, nach Angaben der Polizei, der Hinweis einer Passantin am 5. Juni, welche am 3. Juni Schreie gehört hatte, die Richtung aber schwer konkretisieren konnte. Zu möglichen Verdächtigen hielt sich die Polizei bedeckt.

Hier gibt es einen Einblick in die Pressekonferenz vom 12. Juni:

Ein Tatverdächtiger

Wie sich später herausstellte, hatte die Polizei Hinweise auf einen Tatverdächtigen. Dieser wurde am Vormittag des 14. Juni 2024 von der tschechischen Polizei in einem Restaurant in Prag festgenommen. Es handelt sich dabei um den 36-jährigen Andrei P. aus Moldawien. Er soll der Ex-Partner der Mutter gewesen sein. Das Amtsgericht Chemnitz hatte auf Antrag der Staatsanwaltschaft Chemnitz einen nationalen und europäischen Haftbefehl gegen den 36-Jährigen erwirkt.

Am 10. Juli wurde der Tatverdächtige nach Deutschland überstellt und in Chemnitz dem Ermittlungsrichter vorgestellt. Er äußerte sich nicht zu den Vorwürfen. Im Nachgang wurde er in Untersuchungshaft in der JVA Leipzig genommen, wo er bis zum Prozess einsitzt.

Die Anklage lautet Mord

Gegen den mittlerweile 37-jährigen Andrei P. wurde im November von der Staatsanwaltschaft Chemnitz die Anklage wegen Mordes gestellt. Er soll Valeriia am 3. Juni 2024 in einem Waldstück in der Nähe von Döbeln erstickt haben. Er soll sie an ihrer Wohnung auf dem Schulweg abgepasst und in seinem PKW mitgenommen haben. Dann sei er mit ihr in den Wald gefahren und habe sie mit dem Kopf in einen Schlammhaufen gedrückt, bis sie durch Einatmen des Schlammes erstickte. 

Er nutzte dabei die Arg- und Wehrlosigkeit des Mädchens aus, das ihn gut kannte, ihm vertraute und daher nicht mit einem Angriff rechnete. Zudem wollte sich der Angeschuldigte durch die Tötung Valeriias an deren Mutter rächen, die wenige Tage zuvor die kurzzeitige Beziehung mit ihm beendet hatte. Er handelte daher auch aus niedrigen Beweggründen und das Mordmerkmal der Heimtücke wird genannt.

Das Motiv

Der 37-jährige Tatverdächtige, der ohne gelernten Beruf ist, soll 2024 eine zwei-monatige Beziehung mit der Mutter geführt haben. Diese habe sie am 31. Mai 2024 beendet. Zwei Tage später habe sie bereits einen neuen Freund gehabt, was den Angeklagten zu der Tat bewegte. Dieser wird in der Anklageschrift als "krankhaft eifersüchtig" und "rachsüchtig" beschrieben. Andrei P. hatte zuvor keine Vorstrafen in Deutschland oder Tschechien. 

Prozess beginnt am 17. Januar

Der Prozess beginnt am 17. Januar am Landgericht Chemnitz. Vier Verhandlungstage sind bislang im Verfahren gegen Andrei P. bis Ende Januar angesetzt. Die Eltern des Mädchens werden die Nebenklage antreten. Die Mutter wird als eine von sieben Zeugen aussagen. Das Urteil könnte noch Ende Januar gesprochen werden.

Ein Fall, der über die Länder-Grenzen hinweg für Aufsehen und Gänsehaut sorgte. Die Polizei appelliert an die Schulen, dass Kinder, die nicht zum Unterricht erscheinen, schnellstmöglich den Eltern gemeldet werden müssen, um im Ernstfall schnelles Handeln zu gewährleisten. Auch sollen Eltern ihre Kinder sensibilisieren, mit niemandem unabgesprochen mitzugehen.



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