Wie ein junges Paar aus Chemnitz in Südafrika ein Waisenhaus baute

SOZIALES Wertvolle Einwicklungshilfe am Kap der guten Hoffnung

Stella aus Würzburg und Paul aus Chemnitz haben in einem kleinen südafrikanischen Dorf ein Waisenhaus gebaut. Die Geschichte dazu haben die zwei dem BLICK erzählt.

 

Der Weg nach Südafrika

Nach ihrem Abitur wusste Stella nicht so richtig, welchen beruflichen Kurs sie einschlagen möchte. Aus diesem Grund entschied sie sich bei der gemeinnützig anerkannten Entsendeorganisation "Deutsch-Südafrikanischen Jugendwerk" (DSJW) für ein freiwilliges soziales Jahr. "Ich wollte nach der Schule einfach rauskommen, den Kopf freikriegen, und dabei irgendwie den Blick in die weite Welt werfen", erzählt die gebürtige Würzburgerin. Dabei war ihr weiterhin wichtig, anderen Menschen zu helfen. Nach der erfolgreichen Bewerbung, die unter anderem mit einem englischen Motivationsschreiben versehen werden musste, und der Teilnahme an einem Vorbereitungsseminar machte sich Stella im August 2019 für ein Jahr in das Land mit dem "Kap der Guten Hoffnung" auf.

 

Leben auf einer Farm

Stella kam in das kleine Dorf Venture, was in der nordwestlichen Provinz von Südafrika und relativ grenznah zu Botswana liegt. Die großen Metropolen des Landes - Johannesburg und Kapstadt - sind mehrere Autostunden entfernt. Nach ihrer Ankunft erlebte Stella, die zuvor sehr bereits sehr viel gehört und gelesen hatten, dennoch einen "kleinen Kulturschock", welcher aber von Tag zu Tag besser wurde. Zusammen mit sieben anderen Freiwilligen, die allesamt andere Projekte betreuten, lebte sie auf einer Farm, die aus mehreren Holz- und Steinhütten bestand und eine offene Küche hatte. Ihre Arbeitsstätte war ein Kindergarten, und dieser lag zwölf Kilometer entfernt - und um dort hinzukommen, musste sie jeden Tag von der Straße, wo sie abgesetzt wurde, eine Dreiviertelstunde durch unwegsames Gelände zum Dorf laufen.

 

Kompetenz im Kindergarten & Dorf

Zu Beginn war Stella auf die Unterstützung der Betreuerin und Eltern angewiesen. Die anfänglichen Berührungsängste waren relativ verflogen, sodass Stella neue Freundschaften knüpfen sowie nachhaltige Konzepte im Kindergarten integrieren konnte - und das sehr zur Freude der Kinder. "Wir haben zusammen Englisch gelernt, getanzt, musiziert und natürlich auch Fußball gespielt." Doch das war nicht die einzige Veränderung, welche die 19-Jährige ins Rollen brachte. So wurde am Wochenende immer mit den vielen Bewohnern des Dorfes gekocht. Der Großteil der verwendeten Nahrungsmittel wird selbst angebaut, das Fleisch liefert der ortsansässige Metzger. Jeden Dienstag fand zudem ein "Weiberabend" statt. Es war die ganze Zeit über Entwicklungshilfe auf Augenhöhe - doch dann brach im März 2020 auch in Südafrika die Corona-Pandemie aus.

 

Eine ungewisse Zeit

Für Stella und die anderen Freiwilligen begann nun eine schwierige, vor allem aber eine ungewisse Zeit, die letztlich am 1. April ihr Ende fand. Auf gepackten Koffern sitzend, wurden alle Freiwilligen aus Deutschland in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zum Flughafen nach Johannesburg gebracht und nach Hause geflogen. "Der 1. April hat seitdem für mich eine ganz andere Bedeutung erhalten", denn zum Scherzen war an diesem Tag keiner aufgelegt. Stella, die damit nach neun Monaten ihr freiwilliges soziales Jahr beenden musste, fasst nach der Rückkehr den Entschluss, die offenen drei Monate nachzuholen - und mit ihrem Freund Paul fand sie einen Wegbegleiter.

 

Die Rückkehr nach Südafrika

Ein gutes anderthalbes Jahr mussten die beiden warten, ehe die Rückkehr nach Südafrika realisiert werden konnte. "Nachdem ich Paul so viel von meinen Erfahrungen berichtet hatte, wollte ich ihm zeigen, wie sich das in der Praxis verhält." Gesagt, getan - und schon fanden sich die beiden im Dorf Venture ein und verbrachten sehr viel Zeit mit den Kindern und Dorfbewohnern und halfen ihnen; doch dann wurden Stella und Paul von Sello, dem Bürgermeister des Dorfes, sowie Projektleiter Arno eine Hiobsbotschaft. Seit dem Corona-Ausbruch hat sich die Anzahl an Waisenkinder vergrößert, und dass es für dieses Problem leider noch keinen Lösungsansatz. "Eher aus Spaß brachten wir den Bau eines Waisenhauses ins Spiel", erinnert sich Paul - und nach einer Nacht drüber schlafen stand fest: Das Projekt wird umgesetzt. Doch: Wer trägt die Kosten in Höhe von 3.000 Euro und wie setzen wir dieses um?!

 

Freunde und Familie finanzieren Waisenhaus

Stella und Paul bereitet einen Text mit Bildern vor und schickten es an Familienmitglieder und Freunde. Innerhalb von wenige Tagen war die Spendensumme erreicht und das Waisenhaus-Projekt konnte beginnen. "Wir haben uns danach mit den Dorfältesten und Arno zusammengesetzt, einen Zeitplan geschmiedet und ein Team zusammengestellt", blickt Stella zurück. Anschließend wurden Holzbalken und anderes Material gekauft und die Errichtung des 55 Quadratmeter großen Waisenhaus nahm seinen Anfang. Dabei wurde sich für eine traditionelle Bauweise entschieden, zu der unter anderem die Steine aus Lehm geformt werden mussten. Während Stella diese "abenteuerliche Aufgabe" übernahm, grub Paul die tiefen Löcher für die Holzbalken. Mindestens ein halbes Dutzend Dorfbewohner unterstützen die beiden dauerhaft, sodass nach etwas mehr als zwei Wochen das Waisenhaus fertiggestellt werden konnte. Zum Schluss wurde ein Flachdach aus Wellblech aufgesetzt.

 

Feierliche Eröffnung in Bearbeitung

Das ebenerdige Waisenhaus - gebaut aus 1.500 Steinen - hat einen größeren Aufenthaltsraum sowie ein Jungs- und Mädchenzimmer und kann damit bis zu acht Kinder beherbergen. Wenn es die Zeit erlaubt, dann möchte das Paar noch in diesem Jahr wieder nach Südafrika fliegen. Bis ist jedoch soweit ist, gehen die beiden sozialen Berufungen nach. Stella möchte Hebamme werden, Paul arbeitet im Gesundheitswesen.

Das Waisenhaus-Projekt in Venture hat sich mittlerweile bis zum südafrikanische "Department of Labour" herumgesprochen, welche die Finanzierung der Mitarbeiter übernehmen. Die feierliche Eröffnung ist im Sommer vorgesehen. Arno ist stolz über Bau und seine Funktion: "Die Wirkung von Corona hat mehrere Schwachstellen in der Gemeinschaft aufgezeigt, und mit dem Waisenhaus haben Stella und Paul eine wunderbare Antwort gefunden, mit der wir wertvolle Entwicklungshilfe für die Kinder im Dorf leisten können."

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