Der Tätowierer tauchte die Nadel in schwarze Tinte. Die Maschine summte leise, während die feinen Linien langsam Form annahmen. Damals, mit 18, war er sich sicher gewesen: "Ich lasse mir dieses Tattoo stechen - aus Liebe. Für meine damalige Freundin, später Verlobte." Es war sein erstes. Ein Versprechen, das für immer halten sollte.
Doch das Leben nimmt oft andere Wege, als man denkt. Die Beziehung zerbrach, doch das Tattoo blieb. Und mit den Jahren folgten weitere. Heute sind es 14 - jedes ein Kapitel seiner Geschichte.
Tinte als Erinnerung
"Tattoos sind für mich ein Ausdruck des Persönlichen. Etwas, das man immer bei sich trägt - wie andere ein Foto oder Kunst", sagt der Chemnitzer. Seine Haut ist eine Leinwand seiner Erlebnisse. Ein Tattoo erzählt von seiner Familie, eines von Erfolgen, andere von den schwersten Zeiten. Ein besonders großes Motiv zeigt sein Leben von der Geburt bis zum Tod - mit all den Menschen, die ihm wichtig sind. Sein Stil? Uneinheitlich. Und genau das liebt er daran. "Jeder Tätowierer hat seine eigene künstlerische Art. Ich möchte, dass meine Tattoos so unterschiedlich sind, wie die Kapitel meines Lebens."
Der Schmerz, der alles veränderte
Es gibt ein Tattoo auf seinem Rücken, das mehr als nur Tinte unter der Haut ist. Es erinnert an den Moment, in dem sein Körper und sein Leben zerbrachen...
"Fünf Jahre lang habe ich versucht, die Schmerzen mit alternativer Medizin zu besiegen. Doch am Ende musste ich doch operiert werden." Drei tiefe Schnitte. Vernarbte Nerven freigelegt. Zwei Bandscheiben ersetzt. Ein Fixateur, der für immer bleibt. Danach die Reha... "Ich musste das Laufen neu lernen. Es war nicht absehbar, ob ich jemals wieder ohne Rollstuhl leben kann." Währenddessen zerfiel alles, was er sich aufgebaut hatte - Job, Sicherheit, Zukunft. "Das Schlimmste war eigentlich, dass es keine richtige Hilfestellung gab. Weder beruflich noch finanziell." Doch er kämpfte weiter.
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Es gibt ein Tattoo auf seinem Rücken, das mehr als nur Tinte unter der Haut ist. Es erinnert an den Moment, in dem sein Körper und sein Leben zerbrachen... Foto: Peggy Schellenberger
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Ein Tattoo erzählt von seiner Familie, eines von Erfolgen, andere von den schwersten Zeiten. Foto: Peggy Schellenberger
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"Fünf Jahre lang habe ich versucht, die Schmerzen mit alternativer Medizin zu besiegen. Doch am Ende musste ich doch operiert werden." Foto: Peggy Schellenberger
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Meine Tattoos erinnern mich daran, dass ich noch hier bin. Dass meine Geschichte noch weitergeht", gibt er offen zu. Foto: Peggy Schellenberger
Ein Tattoo für die Tochter des Herzens
Sein Lieblingstattoo? Das für seine Ziehtochter. "Es war spontan. Wir waren auf einem Festival, und sie durfte sich drei Motive aussuchen. Dann saßen wir in einem Zelt, vor Zuschauern - und ich ließ es mir stechen", sagt Jan. Vielleicht bedeutet es ihm so viel, weil es an einen glücklichen Moment erinnert. Oder weil es zeigt, dass Familie nicht immer durch Blut bestimmt wird.
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"Ich musste das Laufen neu lernen. Es war nicht absehbar, ob ich jemals wieder ohne Rollstuhl leben kann." Foto: Peggy Schellenberger
Halt in Musik und Bewegung
Manche Dinge verändern sich, andere bleiben. Während sich sein Leben immer wieder neu ordnen musste, gab es Konstanten, die ihm Kraft gaben. "In Sachen Musik, die mir noch wichtig ist, begleiten mich zwei Bands bis heute: Millencolin & Ignite." Ihre Texte, ihre Energie - sie waren oft der Soundtrack in schweren Zeiten. Lieder, die verstanden, was Worte manchmal nicht konnten.
Auch Bewegung war immer Teil seines Lebens. "Meine Hobbys sind nach wie vor Skaten, Klettern und allgemein Dinge reparieren." Etwas mit den eigenen Händen zu schaffen, sich zu fordern, Grenzen auszuloten - das war für ihn nicht nur Freizeit, sondern ein Stück Freiheit. Trotz aller Rückschläge blieb das Gefühl, auf dem Brett zu stehen oder eine Wand zu erklimmen, ein Moment, in dem alles andere für kurze Zeit in den Hintergrund rückte.
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Manche Dinge verändern sich, andere bleiben. Während sich sein Leben immer wieder neu ordnen musste, gab es Konstanten, die ihm Kraft gaben. Foto: Peggy Schellenberger
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Auch Bewegung war immer Teil seines Lebens. "Meine Hobbys sind nach wie vor Skaten, Klettern und allgemein Dinge reparieren. Foto: Peggy Schellenberger
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Trotz aller Rückschläge blieb das Gefühl, auf dem Brett zu stehen oder eine Wand zu erklimmen, ein Moment, in dem alles andere für kurze Zeit in den Hintergrund rückte. Foto: Peggy Schellenberger
Die Geschichte geht weiter
Zur Ruhe gekommen ist er nie. Seit der Operation sind es viele Jobs, viele Umzüge, viele Kämpfe mit Behörden und Arbeitgebern. Drei Umschulungen. Eine Therapie, die seit 2009 anhält. "Ich weiß nicht, ob ich jemals wirklich ankommen werde. Aber meine Tattoos erinnern mich daran, dass ich noch hier bin. Dass meine Geschichte noch weitergeht", gibt er offen zu. "Und solange das so ist, wird immer Platz für ein neues Tattoo sein."
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Trotz aller Rückschläge blieb das Gefühl, auf dem Brett zu stehen oder eine Wand zu erklimmen, ein Moment, in dem alles andere für kurze Zeit in den Hintergrund rückte. Foto: Peggy Schellenberger
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"Meine Tattoos erinnern mich daran, dass ich noch hier bin. Dass meine Geschichte noch weitergeht", gibt er offen zu. Foto: Peggy Schellenberger
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"Und solange das so ist, wird immer Platz für ein neues Tattoo sein." Foto: Peggy Schellenberger