Die Fleischproduktion könnte vor einem tiefgreifenden Wandel stehen: Anstelle von geschlachteten Tieren könnte künftig im Labor gezüchtetes Fleisch den Markt erobern. Doch ist diese Innovation wirklich nachhaltiger und ethisch vertretbar? Und wann wird Laborfleisch in europäischen Supermärkten erhältlich sein?
Laborfleisch - Zukunftsvision oder realistische Alternative?
Die Idee, Fleisch aus Zellkulturen herzustellen, klingt futuristisch, ist aber bereits Realität. In Singapur wird seit Ende 2020 Hühnerfleisch verkauft, das im Labor gezüchtet wurde. Auch alternative Fischprodukte befinden sich in der Entwicklung, um Überfischung und Tierleid zu reduzieren. Dennoch bleiben viele Fragen offen: Ist Laborfleisch tatsächlich umweltfreundlicher? Bietet es gesundheitliche Vorteile? Und wird es jemals eine echte Alternative zu herkömmlichem Fleisch sein?
Wie entsteht Laborfleisch?
Die Herstellung von In-Vitro-Fleisch basiert auf biotechnologischen Verfahren:
Muskelzellen werden einem lebenden Tier entnommen.
Diese Stammzellen vermehren sich in einer nährstoffreichen Umgebung.
In einem Bioreaktor wachsen sie zu Muskelgewebe heran.
Mithilfe spezieller Trägerstrukturen entsteht eine fleischähnliche Textur.
Forscher arbeiten sogar an der Herstellung von Labor-Steaks mittels 3D-Druck. Noch ist die Produktion jedoch teuer und auf geringe Mengen beschränkt.
Ist Laborfleisch gesünder?
Da bisher nur wenige Menschen Laborfleisch verzehrt haben, gibt es kaum belastbare Studien zu dessen gesundheitlichen Auswirkungen. Während herkömmliches Fleisch mit einem erhöhten Darmkrebsrisiko in Verbindung gebracht wird, könnte Laborfleisch eine gesündere Alternative sein. Zudem könnte es helfen, den Einsatz von Antibiotika in der Fleischproduktion zu reduzieren. Allerdings sind auch Zellkulturen nicht völlig frei von Keimen - oft werden ihnen Antibiotika zugesetzt, um Infektionen zu vermeiden.
Vermeidet Laborfleisch Tierleid?
Laborfleisch soll das Töten von Tieren überflüssig machen. Allerdings wird in vielen Herstellungsverfahren noch immer fetales Kälberserum als Nährmedium verwendet - eine Substanz, die aus dem Blut ungeborener Kälber gewonnen wird und zum Tod des Kalbs führt. Einige Unternehmen arbeiten an Alternativen, doch bislang sind diese nicht flächendeckend verfügbar.
Viele hoffen, dass Laborfleisch eine klimafreundliche Lösung darstellt. Studien zeigen, dass es den CO₂-Ausstoß im Vergleich zur Massentierhaltung um bis zu 75 Prozent senken könnte. Allerdings warnen andere Untersuchungen, dass die energieintensive Produktion unter Umständen sogar mehr Emissionen verursacht als konventionelle Fleischproduktion. Positiv ist hingegen der geringe Flächenverbrauch: Die industrielle Herstellung würde deutlich weniger landwirtschaftliche Nutzfläche beanspruchen.
Wie teuer ist Laborfleisch?
Als 2013 der erste Laborfleisch-Burger vorgestellt wurde, lag sein Preis bei rund 250.000 Euro. Heute sind die Kosten erheblich gesunken - ein Burger könnte aktuell für etwa neun Euro produziert werden. Dennoch bleibt Laborfleisch teurer als herkömmliches Fleisch. Wann es preislich konkurrenzfähig sein wird, ist ungewiss.
Wann kommt Laborfleisch nach Europa?
Während Laborfleisch in den USA und Singapur bereits zugelassen ist, gelten in der EU strenge Zulassungsbestimmungen für neuartige Lebensmittel. Ein erstes Unternehmen hat bereits eine Zulassung beantragt, doch es dürfte noch einige Jahre dauern, bis Laborfleisch in europäischen Supermärkten erhältlich sein wird.
Die Zukunft bleibt ungewiss
Ob Laborfleisch die Lösung für die Probleme der Fleischindustrie sein kann, bleibt abzuwarten. Es bietet vielversprechende Möglichkeiten, wirft aber auch ethische und ökologische Fragen auf. Eine klare Kennzeichnung wäre essenziell, um Verbraucher:innen eine bewusste Entscheidung zu ermöglichen. Bis dahin bleibt eine pflanzliche Ernährung weiterhin die umweltfreundlichste Option.