Gespeichert, Vergessen, Verdrängt: Gefangen in der Alltags-Prokrastination

Marius' Einblick Warum wir alles abspeichern, es dann aber doch lieber liegen lassen

,,Das Video kommt in Später ansehen" oder ,,Das Rezept muss ich mir merken". Das klassische Beispiel des alltäglichen Aufschiebens.Immer wieder speichern wir uns Dinge ab, die wir aber niemals öffnen, kaufen oder durchziehen. Doch trotzdem stellt sich die Frage, was sind eigentlich die Gründe für dieses Verhalten und gibt es mögliche Lösungsvorschläge?

Das Schwarze Loch namens "Später"

,,Später" steht in diesem Zusammenhang oft als Synonym für ,,Nie". Wir speichern uns etwas ab, um es später zu erledigen, aber oftmals schieben wir nur auf und vergessen. Im Alltag speichern wir vieles einfach ab, seien es Haushaltsaufgaben, Videos auf YouTube, Kochrezepte oder eine Einkaufsliste. Immer wieder merken wir uns Dinge vor, die wir am Ende aber nie kaufen, benutzen oder wirklich durchziehen. ,,Dass mach' ich später" wird zum schwarzen Loch - zum Ort des Vergessens. Dabei speichern wir uns Dinge ab, weil es uns Kontrolle gibt und uns die Macht verschafft, eine Entscheidung darüber zu haben, was wir noch kaufen oder anschauen wollen. Dabei ist meist der Aspekt des Sammelns entscheidend. Niemand verpasst gerne etwas, oder?

Abspeichern im Alltag, aber warum?

Es gibt verschiedene Gründe, wieso wir Dinge im Äther ablegen. Es fühlt sich an, als hätten wir etwas geschaffen, etwas gemacht - sich etwas vorzumerken wird mit Produktivität gleichgesetzt. Dabei belügen wir uns selbst, denn wenn wir ehrlich sind, haben wir nichts gemacht, außer der Prokrastination zu verfallen. Alles bleibt gleich und nichts verändert sich und vielleicht holen wir es irgendwann nach, aber wahrscheinlich eher nicht. Des Weiteren haben wir das Gefühl etwas zu verpassen, neue Trends, neue Videos, neue Musik, alles was neu ist, muss abgespeichert werden. Es besteht ja die Möglichkeit etwas extrem Cooles zu verpassen! Dieses Phänomen nennt sich FOMO (Fear of Missing Out) und bedeutet, dass wir uns davor fürchten, spannende Dinge zu verpassen - so ist es auch beim Abspeichern. Ein letzter Punkt ist die Schnelllebigkeit des Alltags, alles muss jetzt und vor allem schnell funktionieren. Im Alltag verlieren wir uns dann und merken uns dann Dinge vor, die wir zu anderen Zeitpunkten machen können. Dabei ist nie der passende Zeitpunkt und es folgen die nächsten Ausreden. Außerdem befinden wir uns tief in unserer Komfortzone, in der wer selber bestimmen können, wie alles abläuft. 

Der Mensch als ,,Tabs-Messie"

Vor allem im digitalen Bereich neigen wir dazu, Dinge aufzuschieben. Wir speichern YouTube-Videos für Später, wir speichern Reels oder einen Warenkorb, wenn gerade etwas im Angebot ist. Alles muss mitgenommen werden, aber was machen wir dann eigentlich mit diesen Daten? Nichts! Häufig zumindest. Ich möchte nicht in Abrede stellen, dass es disziplinierte Mediennutzer gibt, die sich solche Inhalte auch nach dem Abspeichern ansehen, doch in den meisten Fällen sind diese Inhalte aufgeschoben und bleiben dann auch im Ozean der abgespeicherten Daten. Menschen neigen daher schnell dazu alles mitzunehmen, Tabs offen zu lassen und alles zu sichern - irgendwann könnte es noch einen Sinn haben.

Warum wir uns dabei trotzdem gut fühlen

Daten zu speichern ist überhaupt nicht schlimm und kann auch durchaus nützlich sein, zum Beispiel bei Passwörter. Alles zu speichern kann uns auch ein gutes Gefühl geben, denn die Zukunftsplanung ist wichtig und aufgeschoben ist bekanntlich nicht vergessen. Wir nehmen somit Kontrolle über unser digitales Leben ein, es gibt uns Sicherheit und Planungssicherheit. Von daher ist es ratsam, etwas Aufgeschobenes nachzuholen, einen Film zu sehen, den man unbedingt mal sehen wollte, ein Rezept zu kochen, was man sich schon lange vorgenommen hat oder einfach etwas wagen, was man sich noch nie traute. Es ist wichtig, aus seiner Komfortzone zu entfliehen und sich auch Dinge zu trauen und nicht immer alles aufzuschieben. Daher wird es Zeit, die digitale Müllhalde mal aufzuräumen. 
 

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