Zwischen Fitness-Apps und Body Positivity: Wie gesund ist Selbstoptimierung wirklich?

Luises Einblick Chancen und Risiken im Umgang mit dem eigenen Körper

Noch nie war es so einfach, den eigenen Körper bis ins Detail zu vermessen: Schritte zählen, Schlaf analysieren, Kalorien erfassen, Workouts dokumentieren und das alles bequem über das Smartphone oder die Smartwatch. Self-Tracking ist längst ein alltäglicher Begleiter vieler Menschen geworden. Doch während digitale Fitnessbegleiter versprechen, uns gesünder, aktiver und motivierter zu machen, wächst gleichzeitig die Kritik. Fördern sie wirklich gesünderes Leben?

Fitness per App

Laut einer Erhebung von Statista verzeichneten sowohl Apps als auch Wearables im Jahr 2024 in Deutschland ein deutliches Wachstum bei der Nutzerzahl. Besonders hervorzuheben ist das Segment der Fitness-Apps, das mit 18,31 Millionen Nutzerinnen und Nutzern den höchsten Wert aufweist. Im Vergleich dazu liegt das Segment der Wearables mit 6,66 Millionen Nutzerinnen und Nutzern deutlich darunter. Mobile Anwendungen zur Selbstoptimierung sind also deutlich beliebter als tragbare Geräte. 

Motivation oder Druck?

In ihrer Grundfunktion sollen diese Angebote zu einem gesünderen Lebensstil motivieren. Viele Apps arbeiten mit Zielvorgaben, Erinnerungen, Belohnungssystemen oder Vergleichslisten mit Freunden. So entsteht oft eine spielerische Herangehensweise an Bewegung und Gesundheit. Jedoch gibt es zahlreiche Hinweise darauf, dass ständiges Self-Tracking auch negative psychische Effekte haben kann, insbesondere bei jungen Nutzerinnen und Nutzern. Der permanente Vergleich, das Streben nach Leistungssteigerung und das mögliche Verfehlen des gesteckten Ziels führen nicht selten zu Stress und Unzufriedenheit mit sich selbst. 

Eigene Erfahrungen mit Self-Tracking

Ich nutze täglich eine App, die mit meiner Smartwatch verbunden ist. Ich nutze sie, um meine Bewegungsaktivitäten wie Schritte und Workouts zu dokumentieren, ebenso wie die Qualität meines Schlafs. Besonders spannend finde ich es, zu beobachten, wie sich mein subjektives Empfinden, etwa bei schlechtem Schlaf, mit den Daten deckt, die mir die Uhr liefert. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass mir dieses Tracking dabei hilft, bewusster mit meinem Körper umzugehen und im Alltag aktiver zu bleiben, ohne dass ich dabei einen inneren Leistungsdruck empfinde. Auch im Vergleich mit Freunden verspüre ich keinen Drang, unbedingt mehr Schritte oder Trainingseinheiten zu sammeln. Gleichzeitig nehme ich aber wahr, dass der Einfluss von Social Media subtil wächst: Wenn online ständig persönliche Bestleistungen und perfekte Routinen präsentiert werden, kann das Gefühl entstehen, selbst nicht genug zu tun, auch wenn man es eigentlich gar nicht nötig hätte.

Body Positivity Bewegung

Parallel zur Fitnessbewegung gewinnt die Body-Positivity-Bewegung an Einfluss. Ursprünglich aus der "Fat Acceptance"-Bewegung der 1960er Jahre hervorgegangen, fordert sie Akzeptanz für alle Körperformen und lehnt klassische Schönheitsideale ab. Besonders in sozialen Netzwerken wie Instagram und TikTok wurde die Bewegung weltweit bekannt. Im Fokus stehen den eigenen Körper, unabhängig von gängigen Idealen zu lieben und zu akzeptieren. Statt Selbstoptimierungskultur stehen Selbstakzeptanz, Wohlbefinden und Diversität im Vordergrund. Die Bewegung wird oft genutzt, um sich gegen toxische Schönheitsideale zur Wehr zu setzen.
Doch auch die Body-Positivity Bewegung kann kritisch betrachtet werden. Es liegt die Gefahr darin, dass der Selbstwert weiterhin stark vom Aussehen abhängig gemacht und das Äußere zu stark betont wird. Ein weiterer Kritikpunkt ist die mögliche Verharmlosung gesundheitlicher Risiken. Es wird befürchtet, dass durch Body Positivity Übergewicht als unbedenklich dargestellt wird, obwohl starke Abweichungen vom Normalgewicht gesundheitliche Probleme mit sich bringen können.

Body Neutrality: Ein Mittelweg? 

Als Reaktion auf die Kritik an Body Positivity hat sich das Konzept der Body Neutrality entwickelt. Dieses zielt darauf ab, den Fokus von Äußerlichkeiten zu lösen und den Selbstwert weniger vom Aussehen abhängig zu machen. Es geht darum, einen neutralen Umgang mit dem eigenen Körper zu entwickeln, ohne ihn beurteilen oder mögen zu müssen. Dabei soll der Körper als ein Teil von sich selbst akzeptiert und respektiert werden. 

Fazit: Balance statt Extrem

Die Diskussion um Selbstoptimierung, Fitness-Apps und Body Positivity zeigt, dass es keine universelle Lösung für ein gesundes Selbstbild gibt. Während digitale Tools motivieren können und das eigene Verhalten bewusster zu gestalten, bergen sie auch das Risiko von Leistungsdruck und Selbstzweifeln. Body Positivity fördert Selbstliebe, sollte jedoch nicht zur Verharmlosung gesundheitlicher Risiken führen. Eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhalten und die Entwicklung eines individuellen, ausgewogenen Selbstbildes erscheinen daher als sinnvoller Weg.

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