Fast X: Wenn Action mit Vollgas auf Jason Momoa trifft

Selinas Filmkritik Der zehnte Teil der "Fast and Furious"-Reihe läuft ab dem 17. Mai im Kino

Selinas Filmkritik

Gespannt haben die Fans dem zehnten Teil der Erfolgssaga "Fast and Furious" entgegengefiebert, nun war es endlich so weit: Am 17. Mai lief der Film in den deutschen Kinos an und biegt damit auf die Zielgerade ein, denn "Fast and Furious 11" soll nächstes Jahr den krönenden Abschluss bilden und eine der erfolgreichsten Filmreihen Hollywoods zu Ende bringen. Oder etwa doch nicht? Der Kommentar von Vin Diesel auf der Weltpremiere in Rom lässt da bereits erste Zweifel aufkommen. Doch bleiben wir erstmal bei "Fast and Furios 10" und dabei, was uns bei einer Gesamtlänge von 141 Minuten alles erwartet.

 

Achtung, Spoiler! Worum geht's?

Der Film startet mit einem der obligatorischen Grillabende, bei denen mit Corona und Tischgebeten die Familie zelebriert wird. Abgerundet wird die friedliche Atmosphäre durch vertrautes Geplänkel und liebgemeinte Neckereien. Doch der Schein trügt, denn im Schatten lauert bereits ein Feind aus der Vergangenheit, der es kaum erwarten kann, seinen ersten Rachefeldzug gegen Domenic Toretto (Vin Diesel) und dessen Familie auszuführen. Dante Reyes (Jason Momoa), Sohn des Drogenbarons Hernan Reyes, den die Crew im fünften Film außer Gefecht gesetzt hat, hat einen bitterbösen Plan geschmiedet, um sich zu rächen. Sein Ziel: Toretto soll leiden. Wie sich im späteren Verlauf des Filmes zeigt, setzt er hierzu geschickt Doms größte Schwäche gegen ihn ein: Seine Familie.

Im Kampf gegen die Vergangenheit wird die Crew gezwungen, getrennte Wege einzuschlagen und sich den unterschiedlichsten Dämonen zu stellen. Bei der Bewältigung ihrer Probleme treffen sie dabei auf alte Freunde und neue Verbündete. Ein gefährliches Abenteuer beginnt, denn vor Dante Reyes ist niemand sicher.

 

Motto: Höher, schneller, weiter

Aus den vorangegangenen Filmen ist bereits bekannt, dass die Action immer mehr zugenommen hat und illegale Straßenrennen der Mission Platz gemacht haben, die Welt zu retten. Das zeigt sich auch bei der gewaltigen Actionszene in Rom: Auf den geplanten Überfall eines Transporters folgt plötzlich die Verfolgungsjagd einer riesigen Metallkugel, die nicht nur eine Bombe enthält, sondern auf ihrem Weg durch Rom auch noch die halbe Stadt in Schutt und Asche legt. Wow. Die Zerstörungswucht war beinahe greifbar und die Spannung kaum auszuhalten. Doch schnell wird klar, dass diese Szenen der Höhepunkt des Films gewesen sind. Alle weiteren actionreichen Handlungen wie das Grande Finale auf dem Staudamm können dem Highlight in Rom nicht das Wasser reichen und verlieren dank der teilweise miesen Special-Effekte ihre Wirkung. Trotzdem versucht man immer wieder, einen ähnlichen Höhepunkt wie in Italiens Hauptstadt zu kreieren. Ein Blick in den Rückspiegel offenbart dabei eine blutige Spur der Verwüstung, die sich durch den gesamten Film zieht und von Blechschäden, Explosionen und knallharten Faustkämpfen immer wieder hervorgehoben wird. Die Mühe bleibt am Ende vergeblich, Rom ist und bleibt das Highlight des Films.

 

Kritikpunkte

Da ich bereits durch die anderen Filme wusste, dass die Action meistens deutlich überzogen ist und Autos Dinge können, die jenseits aller physikalischen Gesetze liegen, haben mich die explodierenden Hubschrauber, das Kanonen-Auto oder die unwirklichen Stunts nicht sonderlich überrascht. Im Nachhinein betrachtet habe ich sie sogar erwartet. Vielmehr haben mich an "Fast and Furious 10" die unzähligen Charaktere gestört, die plötzlich auftauchen und die Crew unterstützen wollen. Angefangen bei zwei neuen, fix eingesponnenen Personen, über altbekannte Verbündete, bis hin zu verloren geglaubten Freunden und dem ein oder anderen Feind, der plötzlich zum Vertrauten wird, ist alles dabei, um den Cast mal ordentlich aufzumischen. Und das ist einfach zu viel. In Bezug auf den Abschluss der Filmreihe ist es logisch, dass man hier und da nochmal eine Figur aufgreift, aber alles mit einem gewissen Maß, das hier deutlich überschritten wurde. Besonders ist mir aufgefallen, dass Personen auftauchen, Chaos oder Unruhe stiften, vielleicht auch eine Prügelei anzetteln und dann aus dem Film verschwinden, ohne dabei eine relevante Rolle für den Handlungsverlauf gespielt zu haben. Teilweise haben Figuren wie die Tochter von Mr. Nobody (Brie Larson) oder die Schwester von Elena Neves (Daniela Melchior) mehr Fragen aufgeworfen, als beantwortet und dabei nicht wirklich zum Filmgenuss beigetragen.

Ein zweiter Kritikpunkt ist die Tatsache, dass niemand in der "Fast and Furious"-Saga zu sterben scheint. Alle Charaktere, die angeblich gestorben oder verschwunden sind, tauchen im überraschendsten Moment wieder auf.  Nach Hans Tod (Sung Kang) war die Fangemeinde erschüttert. Seine Rolle war angenehm, amüsant und in der turbulenten Gruppe ein dringend benötigter Ruhepol, deshalb hat es viele Menschen gefreut, ihn wiederzusehen. Das Verschwinden von Letty (Michelle Rodriguez) konnte ebenfalls mit einem überraschenden Comeback aufgeklärt werden, da niemand ja so richtig wusste, was mit ihr geschehen war. Wenn Hans Fake-Tod allerdings schon übertrieben war, dann übertrifft es die Rückkehr von Gisele (Gal Gadot) ganz bestimmt nochmal. Zeitgleich kommt mit ihrem Erscheinen dann auch die Frage auf, ob Jakob (John Cena), Doms jüngerer Bruder, wirklich tot ist oder auch wie durch ein Wunder überlebt hat.

Mein dritter und letzter Kritikpunkt: Das Ende, das kein Ende war. Der Film endet so abrupt, dass sich bei meinem Kinobesuch die Zuschauer gegenseitig fragend angesehen haben. Kommt da jetzt noch was? Nein, das war's! "Fast and Furious 10" hört mittendrin auf und bietet durch den Schnitt zu verschiedenen Schauplätzen gleich mehrere Cliffhanger. Das hat im Kinosaal für einige Aufreger gesorgt. Ich verstehe den Gedanken, dass Cliffhanger ein effektives Mittel sind, um die Zuschauer auch in den nächsten Film zu locken. Allerdings hätte das offene Ende an einer Front ausgereicht, um genügend Spannung zu erzeugen. Das ungeklärte Schicksal jedes einzelnen Protagonisten wirkt für mich nicht wohl überlegt und grandios, sondern abrupt und ideenlos.

 

Highlight: Jason Momoa als Bösewicht

Entgegen all meiner Erwartungen hat sich Jason Momoa in seiner Rolle als Torettos Gegenspieler deutlich bewährt. Es war erfrischend, dass er kein klassischer Bösewicht gewesen ist, der sich todesmutig in jeden Kampf stürzt und ziellos Waffengewalt einsetzt. Im Gegenteil: Dante scheut die direkte Konfrontation sogar und zieht stattdessen lieber im Hintergrund alle Fäden. Seine Planung ist ausgezeichnet und auf alle Eventualitäten vorbereitet. Dem Zufall überlässt er nichts. Aber er besticht nicht nur durch seine beinahe wahnhafte Intelligenz, sondern vor allem durch sein Auftreten. Mit seiner bunten Kleidung, den vielen Accessoires und dem tänzelnden Gang mischt er als queer codierter Antagonist die hauptsächlich testosterongesteuerte "Fast and Furious"-Welt ordentlich auf und versprüht bei jedem seiner Auftritte Spaß, Leichtigkeit und gute Laune. Durch die Kombination seiner psychopathischen Anwandlungen und seiner bestechenden Intelligenz wird er zu einer brillanten Figur, die es nicht so leicht einzuschätzen gilt und die für den elften Teil sicherlich noch einige Überraschungen im Petto hat, auf die wir uns freuen können.

Fazit und Empfehlung

Obwohl mich einige Aspekte sehr an diesem Film gestört haben, kann ich ihn weiterempfehlen, wenn die Zuschauer sich im Klaren darüber sind, dass "Fast and Furious 10" wenig mit den früheren/älteren Teilen gemeinsam hat und ihn deshalb auch nicht mit ihnen vergleichen sollte. Lässt man diesen Vergleich außen vor, dann ist er ein aufregender und spannender Film, der durch Witz, Action und Familienzusammenhalt glänzt und jeden Zuschauer sprachlos zurücklässt. Ob positiv oder negativ entscheidet dabei jeder selbst.

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