Neben verschimmeltem Käse und abgelaufenem Joghurt darf natürlich eines im Kühlschrank eines klassischen Studierenden nicht fehlen: Alkohol. Egal ob Radler, Bier, Vino oder Hochprozentiges - Das studentische Leben nährt sich von Alkohol in jeder Form.
Aber ist das wirklich so? Muss man saufen können für eine aufregende Studienerfahrung? Was machen diejenigen unter uns, für die der Alkohol keinerlei Genuss ist? Und ab wann wird Alkoholkonsum zur Sucht?
Der erste Schritt ins Studentenleben
Die Verlockung junger Abiturientinnen und Abiturienten ist oft sehr groß, nach ihrem erfolgreichen Abschluss von zuhause auszuziehen, ihr Leben eigenständig in die Hand zu nehmen, für sich selbst zu sorgen und einfach mal das zu tun, worauf man Lust hat.
Darunter fällt natürlich auch Alkohol trinken, wann und wo man es will. Für viele wird schon nach kürzester Zeit der Konsum zum Alltag und die Flasche Bier auf dem Mensa-Tablet wird genauso normal, wie den Shot nach einer Prüfung, um die Nerven zu beruhigen.
Aber zuerst ein paar Zahlen...
In einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist regelmäßiges Trinken von Alkohol bei den 18 bis 25-Jährigen in der Gruppe der Studierenden am weitesten verbreitet. Ganze 37,3 Prozent aller Studierenden konsumieren regelmäßig Alkohol. Bei arbeitslosen jungen Erwachsenen sind es 29,7 Prozent und bei Schülerinnen und Schüler an Besuchsschulen sind es ganze 26,3 Prozent. In einer weiteren Statistik des Bundesministeriums für Gesundheit fand man heraus, dass rund 8 Millionen Menschen im Alter zwischen 18 und 64 Jahren Alkohol in einer gesundheitlich riskanten Form trinken. Im Jahr 2016 starben rund 19.000 Frauen und 43.000 Männer an einer Todesursache, die ausschließlich auf Alkoholkonsum zurückzuführen ist.
Trotz der erschreckenden Zahlen hat die deutsche Gesellschaft dennoch eine sehr unkritische Einstellung gegenüber dem Alkoholkonsum. Das könnte einerseits an der langen Tradition des Bierbrauens liegen, was die Beliebtheit von Alkohol und vor allem von Bier unterstützen kann. Aber auch die gesellschaftlichen deutschen Normen und Gewohnheiten, wie z.B. das reichliche Alkoholangebot auf jeder Party, können Gründe sein, warum Deutschland auf internationaler Ebene ein Land ist, welches besonders viel Alkohol kauft, verkauft und konsumiert.
"Man ist nur einmal jung"
Das eigentliche Problem ist doch aber offensichtlich die Einstellung gegenüber dem Alkoholkonsum. Während bei Menschen eines höheren Alters der häufige Genuss von Alkohol oft sehr kritisch beäugt wird und diese sich anhören müssen, wie sich der Konsum auf die Umwelt, Mitmenschen und Gesundheit auswirken kann, wird das Trinken bei Studis häufig aufgrund ihres Alters abgetan und verharmlost. Ganz nach der Divise: "Man ist nur einmal jung." Dass diese Einstellung für viele junge Menschen der Anfang einer Alkoholsucht werden kann, daran denken die Wenigsten.
Warum trinken Studis so viel?
Auf diese Frage gibt es eine sehr simple Antwort: Es gibt haufenweise Trinkgelegenheiten im Studium. Gerade zu Beginn des Semesters werden viele Partys angesetzt, sei es die "Ersti-Party", die von den Fachschaften selbst organisiert wird, um die Neuen zu begrüßen oder andere Partys zum Semesterstart, bei denen es oft günstige Bier-Angebote gibt, mit denen Studis gelockt werden. Für die fleißigen Bienchen steht oft Freibier zur Verfügung. Aber auch die generelle Freude, wieder unter seinen Kommilitoninnen und Kommilitonen zu sein, kann ein Grund zum Trinken und zum Feiern sein. Endlich ist man wieder raus von Zuhause und drin im Alltag mit Gleichaltrigen.
Vom harmlosen Bier zum exzessiven Rausch
Natürlich gibt es anspruchsvolle und weniger anspruchsvollere Studiengänge, bei denen Studis, je nach Arbeitspensum, mehr oder weniger zur Flasche greifen. Der Ruf von Alkohol, Stress und Belastung zu reduzieren, geht mit seinem Konsum einher.
Die Klausur ist gut verlaufen? Darauf trink' ich! Die Prüfung lief mies? Ein Grund zum Trinken! Ich stehe unter Druck beim Lernen? Erstmal ein Bier, um die Nerven zu entspannen. Wir sehen also, der Einsatz von Alkohol wird der jeweiligen Situation angepasst. Man kann schon beinahe sagen, Studierende suchen in ihrem Unialltag nach Gründen, um Alkohol zu konsumieren.
Welche Auswirkungen hat dieser Lebensstil?
Wer schon tagsüber zur Flasche greift, sollte das als klares Warnzeichen sehen. Das Trinken zu legitimieren, kann dafür sorgen, dass man unbewusst schnell in eine Spirale rutscht, aus der man aus eigener Kraft nicht mehr rauskommt. Jeder Alkoholiker und jede Alkoholikerin hat mit der gleichen Einstellungen angefangen. Das in Alkohol enthaltene Ethanol ist Gift für die Zellen und bereits wenige Gramm am Tag können zu dauerhaften Koordinationsproblemen, Konzentrationsschwierigkeiten, geschädigten Schleimhäuten, Gedächtnisstörungen, Leberschäden oder sogar Krebs zur Folge haben.
Und was ist, wenn mir Alkohol nicht schmeckt?
Ein weiteres Problem das Alkoholkonsum mit sich bringt, ist das oft nur diejenigen integriert werden, die aktiv trinken. Es gibt aber genau so viele Studis, die keinen Alkohol vertragen, oder noch simpler, denen es einfach nicht schmeckt. Als Nicht-Trinker oder -Trinkerin wird man oft schief angeschaut oder es wird versucht, die Person doch zu überreden. In meinem persönlichen Freundeskreis habe ich schon den ein oder anderen Spruch gehört wie: "Ach komm, nur einen Shot für dich." Ich finde diese Herangehensweise falsch.
Es sollte auch toleriert werden, aktiv keinen Alkohol trinken zu wollen. Noch in Schulzeiten habe ich mir, nachdem ich zu einer Freundin gesagt habe, dass mir Alkohol nicht schmeckt, den Spruch sagen lassen: "Wir trinken nicht, weil's schmeckt, sondern damit es schmeckt." Danach habe ich das Konzept des gemeinschaftlichen Besäufnis besser verstanden. Es geht nicht darum, ein Getränk geschmacklich zu genießen. Es geht darum, sich mit Freundinnen und Freunden zu berauschen und diesen Rausch zu genießen. Der Mensch wird entspannter, macht sich weniger Gedanken und Sorgen um das, was um ihn herum passiert. Das kann von Zeit zu Zeit sehr angenehm sein, vor allem, wenn es bedeutet, aufregende, ehrlichere und direkte Gespräche mit seinen Mitmenschen zu führen. In diesem Zustand kann Alkohol etwas sehr Schönes sein. Überschreitet man aber die Grenze, kann man diesen Rausch nicht mehr genießen und es bedarf nur noch wenige Shots bis zum endgültigen Blackout.
Meine persönliche Erfahrung
Auch in meinem privaten Umfeld läuft das Studentenleben nicht anders. Gerade zu Beginn des Semesters heißt es oft: Es wird gesoffen und die Zeit genutzt, bis die Prüfungsphase beginnt. Oft ein Umschwung für mich, da ich die ein oder zwei Monate zuvor, die ich größtenteils mit der Familie verbringe, kaum oder gar kein Alkohol konsumiere. Als Studentin in Chemnitz besuche auch ich zur O-Woche, aber auch mitten im Semester, die Studentenclubs. Meiner Erfahrung nach ist Alkohol mit der wichtigste Faktor, um Spaß zu haben. Natürlich sind ein gutes Ambiente und die richtigen Leute das A und O zum Feiern gehen, aber dennoch macht der Alkoholpegel das Ganze doch etwas aufregender.
Vor allem eine unserer Studentenbars ist dafür bekannt, jeden Monat einen Karaoke-Abend zu veranstalten. Wer ein Lied vorne singt, bekommt einen Gratis-Shot - natürlich nur Hochprozentiges. Man muss das Lied nicht allein singen, sondern kann mit so vielen Menschen singen, wie man möchte. Meistens ist es im Raum so laut, dass man die eigene Gesangeinlage selbst nicht hört. Diese Möglichkeit, um an kostenlosen Alkohol ranzukommen, bietet sich also für jede Person - egal ob extrovertiert oder introvertiert, egal ob leise, ob laut - an. Zudem sind die Preise für alkoholische als auch für alkoholfreie Getränke an das Studentenleben angepasst und dementsprechend sehr niedrig. Noch ein Pluspunkt in Sachen Alkoholverherrlichung.
Aber nicht nur im Partyleben, sondern auch in meinem WG-Leben habe ich Ähnliches erfahren. Um meine neuen Mitbewohnerinnen und Mitbewohner kennenzulernen, gab es ein gemeinsames Treffen in der Wohnung. War ich anfangs noch schüchtern und unsicher, hat sich das spätestens mit meinem steigenden Alkoholpegel gelegt. Denn wie lernt man am besten neue Leute kennen, wenn nicht mit einem Glas Wein in der Hand?
Einen Vorteil hat Alkohol aber doch
In einer dänischen Studie des Danish Evaluation Institute hat man herausgefunden, dass Studis die regelmäßig Alkohol trinken, viel seltener ihr Studium abbrechen, als diejenigen, die nicht trinken. Ob das kognitive oder emotionale Gründe hat, ist unklar. Fakt ist aber, dass Studis, die sich regelmäßig auf Partys blicken lassen, bessere Beziehungen zu ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen aufbauen und eine engere Verbindung zu ihnen haben. Der Alkohol kann dabei die bindende Komponente sein und man kann gemeinsam den Stress des Studiums in Alkohol ertränken, gemäß dem Motto: "Geteiltes Leid ist halbes Leid."
Was sich am Ende über Alkohol sagen lässt
Am Ende lässt sich nur sagen, dass jeder Mensch für seinen eigenen Alkoholpegel verantwortlich ist. Man sollte sich nicht von anderen beeinflussen lassen, wenn es darum geht mehr zu trinken und jeder sollte sein Limit kennen. Sich bis in den Rausch zu besaufen, kann oft nur dazu führen, dass man seine Zeit nicht vollständig genießen kann. Außerdem ist es weder in finanzieller noch in gesundheitlicher Hinsicht von Vorteil. Wer allerdings einen angenehmen Pegel hat und zwischendurch und vor dem Schlafen gehen reichlich Wasser zu sich nimmt, dem sollte eine entspannte Party und ein katerloser Morgen nichts im Wege stehen.