Urteil: Blitzer-Apps dürfen während der Fahrt vom Beifahrenden nicht mehr genutzt werden

Anikas Einblick Fall am Oberlandesgericht Karlsruhe geht viral

Anikas Einblick

Es ist die Grauzone schlechthin: die Blitzer-App. Viele Menschen nutzen sie. Ein neues Urteil (vom 7. Februar 2023) vom Oberlandesgericht Karlsruhe lässt Autofahrer dieser Tage seufzen, warum erkläre ich gleich.  Aber dröseln wir das ganze Thema doch mal von vorn auf.

 

Darf ich eine Blitzer-App benutzen?

Blitzer-Apps, und davon gibt es viele, sind ganz einfach im Appstore herunterladbar. Die Mehrheit der User ist sich einig, die Bezahl-Apps sind genauer als die Gratis-Apps. Viele nehmen daher in Kauf, einfach einmalig einen Betrag zu zahlen und dann vor Blitzern gewarnt zu werden. (Aber Achtung: Schaut genau, ob die Apps nicht monatlich bezahlt werden müssen, sonst lauert eine böse Überraschung auf der Handyrechnung.)

So weit, so gut. Der Gesetzgeber hat bisher immer vorgesehen, dass das Benutzen einer Blitzer-App vom Fahrer im fahrenden Fahrzeug strafbar ist (übrigens jede automatische Warnung vor Geschwindigkeitsmessern ist in Deutschland verboten).² Das lässt sich u.a. auf das Gesetz § 23 Absatz 1a¹ und 1c²  der Straßenverkehrsordnung (StVO) zurückführen. Demnach ist das Benutzen eines Telefons oder vergleichbaren elektronischen Geräts (wie z.B. einem Tablet) im Auto während der Fahrt oder laufenden Motors untersagt. Der klare Menschenverstand weiß warum, es lenkt ab und gefährdet die Sicherheit der Fahrgäste. Steht der Fahrer mit abgeschaltetem Motor auf einem Parkplatz ist es logischerweise erlaubt. Autos mit automatischer Motorausschaltung im Stand, beispielsweise vor Ampeln, sind mit normalen Autos ohne diese Funktion übrigens gleichgesetzt. Also ist das Benutzen des Handys vor einer roten Ampel im Stand genauso verboten, wie während der Fahrt.

Was ist im Fahrzeug erlaubt und was nicht?

Es gibt aber Ausnahmen zur Benutzung von elektronischen Geräten, so zum Beispiel, wenn das Gerät "weder aufgenommen, noch gehalten wird"¹  vom Fahrer, nur eine Sprachsteuerung / Vorlesefunktion genutzt wird. Auch, wenn das Gerät genutzt wird, um sich kurzzeitig per Blickzuwendung über Straßen-, Verkehrs-, Sicht- oder Wetterverhältnisse zu informieren, ist es erlaubt. Übrigens: Das Handy kann als Navi genutzt werden, wenn der Fahrer es nicht in der Hand sondern in einer Halterung aufbewahrt. Ausgenommen sind aber automatische Warnungen vor Geschwindigkeitsmessanlagen, diese sind in Deutschland explizit verboten.²

Die vermeintliche Grauzone der Blitzer-App

Aber kommen wir jetzt zur Blitzer-App. Nach diesem Gesetz 23 müsste es also erlaubt sein, dass zumindest der Beifahrer oder sonstige Fahrgäste im Fahrzeug die Blitzer-App auf einem elektronischen Gerät nutzen dürfen. So war es bisher. Hier befinden wir uns in der besagten Grauzone. Denn bislang galten diese Schlussfolgerungen.

Nun hat aber das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Fall anders entschieden. Es wurde demnach auch dem Beifahrer oder der Beifahrerin verboten, die Blitzer-App auf ihrem Handy während der Fahrt laufen zu lassen. Ein 64-Jähriger aus dem Rhein-Neckar-Kreis hatte geklagt. Nach Angaben des Gerichts soll der Mann Ende Januar 2022 innerorts zu schnell durch Heidelberg gefahren und von Polizeibeamten gestoppt worden sein. Bei der Polizeikontrolle habe er das Telefon der Beifahrerin bewusst zur Seite geschoben. Da die Polizisten die App auf dem Telefon der Frau erkannt hatten, hatten sie ein Bußgeld von 100 Euro gegen den 64-Jährigen vollstreckt.

Der Fahrzeugführer macht sich strafbar, wenn die Blitzer-App bei jemandem im Fahrzeug läuft

Das Oberlandesgericht gab dieser Strafe recht und begründete die Entscheidung wie folgt: "Ein Autofahrer begeht auch dann eine Ordnungswidrigkeit, wenn ein anderer Fahrzeuginsasse mit Billigung des Fahrzeugführers auf seinem Mobiltelefon eine App geöffnet hat, mit der vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen gewarnt wird." Damit wird die Grauzone erstmalig geklärt. Das bedeute, dass auch das Warnen vor Verkehrsüberwachungsmaßnahmen von Beifahrenden für den Fahrenden strafbar ist, zumindest während der Fahrt. Neben dem Fahrenden darf nun also auch der / die Beifahrer/in nach neustem Urteil die Blitzer-App nicht während der Fahrt nutzen.

Lösungen des Problems

Das bedeutet aber nicht, dass ihr eure Blitzer-Apps vor der Fahrt nicht checken dürft. Schaut nach und informiert euch, wo Blitzer stehen. Auch gibt es mehrere Whatsapp- und Facebookgruppen, die über aktuelle Blitzer informieren, nur während der Fahrt solltet ihr dies nicht tun. Auch der BLICK informiert euch täglich, wo Blitzer anzutreffen sind. 

Verrückte Leute würden wahrscheinlich immer noch argumentieren: Wo kein Henker, da kein Richter, lasst euch einfach nicht erwischen. Ich rate euch aber: Haltet euch einfach an die Regeln der Straßenverkehrsordnung und alles ist in Ordnung. 

 

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¹Gesetz: § 23 Absatz 1a:

Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden

(1) 1Wer ein Fahrzeug führt, ist dafür verantwortlich, dass seine Sicht und das Gehör nicht durch die Besetzung, Tiere, die Ladung, Geräte oder den Zustand des Fahrzeugs beeinträchtigt werden. 2Wer ein Fahrzeug führt, hat zudem dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug, der Zug, das Gespann sowie die Ladung und die Besetzung vorschriftsmäßig sind und dass die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs durch die Ladung oder die Besetzung nicht leidet. 3Ferner ist dafür zu sorgen, dass die vorgeschriebenen Kennzeichen stets gut lesbar sind. 4Vorgeschriebene Beleuchtungseinrichtungen müssen an Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern auch am Tage vorhanden und betriebsbereit sein.

(1a) 1Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn

1.            hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und

2.            entweder

a)            nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder

b)           zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

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²Gesetz: § 23 Absatz 1c:

(1c) 1Wer ein Fahrzeug führt, darf ein technisches Gerät nicht betreiben oder betriebsbereit mitführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte). Bei anderen technischen Geräten, die neben anderen Nutzungszwecken auch zur Anzeige oder Störung von Verkehrsüberwachungsmaßnahmen verwendet werden können, dürfen die entsprechenden Gerätefunktionen nicht verwendet werden.

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