Im „Modernen Fünfkampf“ geht Annika Schleu als Goldfavoritin in den vierten Wettkampf, aber im Springreiten spielt sich dann ein Drama ab. Das Pferd macht nicht was die verzweifelte deutsche Reiterin möchte.
Das Schauspiel spielte sich schon vor dem Start ab, nämlich das Pferd Saint Boy von Annika Schleu wollte nicht auf den Spring-Parcours gehen. Es bockte, war zu keinem Schritt zu bewegen, wich immer wieder zurück, anstatt sich zu bewegen. Die Berlinerin führte im vierten der fünf Disziplinen im „Modernen Fünfkampf“. Der Traum von Gold schien eigentlich real zu werden. Doch er platzte auf dem Rücken dieses Pferdes.
Im „Modernen Fünfkampf“ werden die Pferde vom Veranstalter gestellt und den Athleten dann für den Wettbewerb zugelost. Das Tier von Schleu war schon zuvor durch seine Widerspenstigkeit aufgefallen, es hatte schon bei Gulnas Gubaidullinas (Team Russisches Olympisches Komitee) Ritt sein unbehagen durch vielfaches Verweigern demonstriert.
Das Pferd Saint Boy fühlte sich auf diesem Parcours sichtlich unwohl und hätte nach bestem Wissen und Gewissen wohl ausgetauscht gehört. Allein schon zum Wohle des Pferdes. Doch das unterblieb aus nicht recht nachvollziehbaren Gründen, der Tierarzt der Olympia-Organisatoren gab jedenfalls sein Einverständnis. Für die 31 Jährige Schleu wurde das zum sportlichen Fiasko.
Jeder hat 20 Minuten vor dem Start Zeit um sich auf das Pferd einzustimmen. Doch Schleu und ihr Vierbeiner fanden bis ans Ende nicht zueinander. Als sie ihn dann doch noch dazu bringen konnte sich in Bewegung zu setzen, nahm das anfängliche Schauspiel mit jedem Hindernis mehr tragische Züge an.
Die ersten vier Hindernisse wurden dann doch noch überwunden, knapp und ohne rechten Willen des Rosses. Bei dem fünften Hindernis setzte Saint Boy zum Sprung an, aber brach mittendrin ab und blieb einfach stehen. Im deutschen Lager wurden die Hände entsetzt vor die Gesichter geschlagen.
Die Reiterin blieb zwar im Sattel, aber an Hindernis sechs ging das Pferd dann rückwärts vorbei. Man konnte ihr ansehen wie ihr zumute war. „Angaloppieren“ so rief die Bundestrainerin zu ihrem Schützling.
Bei einem neuen Versuch an Hindernis sechs verweigerte das Tier schon wieder und auch am Hindernis sieben. Die Hoffnungslosigkeit machte sich langsam breit und spätestens da ahnte man, dass es für Schleu wohl kein versöhnliches Ende nehmen würde. Man wird nämlich bei vier Verweigerungen disqualifiziert.
Schleu wurde abgeläutet. Sie war untröstlich, denn ihr Traum von Gold zerplatze im olympischen Parcours von Japan. Sie fiel von Platz 1 auf Platz 31 zurück.
Die deutsche Bundestrainerin kommentierte nach dem Fiasko unter Tränen „Es war unfair, das Pferd war vorher schon nicht gegangen. Wir hätten das Pferd nur wechseln können, wenn es vorher viermal stehen geblieben wäre. Es ist aber nur dreimal stehen geblieben. Das heißt, wir mussten dieses Pferd nehmen. Der Tierarzt hat gesagt, das Pferd ist okay. Das wäre noch die letzte Chance gewesen, es zu wechseln und ein Ersatzpferd nehmen zu können. Beim Einreiten ging alles gut. Doch das Pferd muss ein Problem mit dieser Arena haben. Denn es wollte ja nicht mal angaloppieren. Es ist nicht Annikas Schuld, das Pferd wollte immer nur zur Tür.“
Die Möglichkeiten zum Protest, das machte Raisner sehr deutlich, gebe es aber nicht. Das Regelwerk gibt es nicht her. Aus ihrer Ansicht hätte Schleu „in diesem Wettbewerb nur durchkommen müssen und wäre selbst mit vier oder fünf Abwürfen noch in Führung gewesen“. Ein komplett misslungener Ritt und null Punkte im Springreiten hatten im Jahr 2016 auch die Träume vom zweiten Olympia-Gold nach 2008 von Lena Schöneborn beendet.
„Es kann fast keiner besser nachempfinden als ich. Es war die gleiche Situation wie in Rio“ so Schöneborn, die auf der Tribüne saß. Über die bitteren Momente ihrer langjährigen Trainingspartnerin kommentierte sie „Es ist der worst, worst case, der jetzt eingetreten ist. Mit allen anderen Punktzahlen hätte man Annika keine Medaille mehr nehmen können.“
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