Insgesamt 76 Fledermäuse haben Harald Tippmann und seine Mitstreiter im Weißen Ofen nahe dem Lengefelder Kalkwerk zwischen Weihnachten und Neujahr beringt und kontrolliert. Das ehemalige Bergwerk dient den Tieren als Rückzugsort für den Winterschlaf. Die Summe setzt sich aus 26 Mausohren, drei großen Bartfledermäusen, 25 Wasserfledermäusen, 15 Fransenfledermäusen, sechs Langohrenfledermäusen und einer kleinen Bartfledermaus zusammen. Sechs von ihnen hatten in den vergangenen Jahren immer wieder hier ihren Winterschlaf abgehalten. Harald Tippmanns älteste mehrfach beobachtete Fledermaus ist 14 Jahre alt. Andere Mitstreiter haben auch schon 40-jährige Exemplare registriert. Von dem Ergebnis der Beringung zeigte sich Harald Tippmann positiv überrascht.
Zunahme der Winterquartiere
„Es ist viel höher ausgefallen als sonst“, sagte er. Bislang seien es immer um die 60 Tiere gewesen. Erklären lässt sich das seiner Meinung nach nicht so einfach. Fest stehe jedoch, dass die Anzahl der Winterquartiere in den vergangenen Jahren leicht zunimmt. Dagegen nimmt die Verfügbarkeit von Sommerquartieren für Fledermäuse immer mehr ab.
Verschwinden geeigneter Sommerquartiere
Der Rückgang läge in erster Linie am Verschwinden der dafür geeigneten Häuser. Neue Gebäude würden oft so errichtet, dass sie für Fledermäuse nicht attraktiv sind. Sie halten sich tagsüber in Spalten auf und jagen in der Dämmerung. Meistens stillen sie ihren Hunger unter Straßenlampen oder über Teichen. Dort kommen Insekten in größerer Zahl vor.
Rückgang der Insektenpopulationen und ihre Auswirkungen
Problematisch wirkt sich der Rückgang der Insektenpopulationen allgemein auf das Futterangebot aus. Winterquartiere müssen für Fledermäuse frostfrei sein. Außerdem benötigen sie eine Luftfeuchtigkeit von 95 Prozent. Zugluft ist ein Ausschlusskriterium. Zudem brauchen sie Ruhe und ausreichend Verstecke. Verlassene Bergwerke könnten sich daher genau so eignen wie einige Keller in Wohnhäusern. „Winterquartiere extra zu schaffen ist schwer“, so Harald Tippmann. Für den Sommer bietet der Handel entsprechende Kästen an. Diese sollten in einer Höhe von mindestens vier Metern sonnenabgewandt aufgehängt werden. Harald Tippmann registriert regelmäßig Anfragen in Bezug auf die Kästen und hat in der Regel welche abgabebereit vorrätig. „Wo Fledermäuse jagen, gibt es weniger Insekten“, erklärt er den Grund für dieses Interesse.
Schwierigkeiten bei der Fledermausbeobachtung
Dass während des Termins alle Fledermäuse im Stollen aufgespürt worden sind, glaubt er nicht. „Ich bin mir sicher, dass wir, wenn wir morgen wieder durchgehen würden, ein paar mehr oder weniger hätten“, so der Marienberger. Früher war er für den Sächsischen Verband für Fledermausforschung und -schutz unterwegs. Diesen Verein gibt es nicht mehr. Deshalb agiert der 72-Jährige als Privatperson. Den Auftrag dazu erhält er von der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises.
Ehrenamtliche Unterstützung und jahrzehntelange Erfahrung
Unterstützung hat der staatlich anerkannte Beringer von weiteren ehrenamtlichen Helfern. Harald Tippmann beringt und erforscht Fledermäuse im Erzgebirge seit 1978. „Damals hatte mich Dr. Zapf gefragt, ob ich nicht einmal ein paar Quartiere mit aufsuchen möchte“, so der Marienberger. Dabei wurde sein Interesse geweckt. Der Aufwand des Ehrenamtes ist nicht zu unterschätzen. Der Marienberger betreut 32 Stollen in der Region. „Da gibt es Stollen, in denen das Wasser über dem Kopf zusammenschlägt, wenn man unachtsam ist“, so der Fledermausberinger. Diese sucht er mit 72 Jahren nicht mehr selber auf.
Vorbereitungen für die Fledermausberingung
Im Weißen Ofen reicht normales Schuhwerk aus. Helm ist Pflicht. Ohne Licht ist der Stollen stockfinster. Die Fledermäuse sind oft nur mittels einer Leiter erreichbar. Auf dem Tisch befinden sich neben Schreibzeug eine Wage für die Tiere, ein Lineal zum Vermessen und natürlich Werkzeug sowie Ringe zum Beringen. Der Sinn der Beringung liegt zum einen in der Möglichkeit, die Entwicklung einzelner Tiere zu erforschen. Außerdem lässt sich so ihre Wanderung verfolgen. Dennoch stellt die Winterberingung einen gewissen Stress für die Tiere dar. Das weiß auch Harald Tippmann. „Jedes Aufwachen verbrennt Fett“, bringt er das auf den Punkt. Die so erzielten wissenschaftlichen Ergebnisse würden das ohne Weiteres rechtfertigen.