Dass sich die Ära Dotchev ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum näherte, war vielen im Lößnitztal klar. Immer dann, wenn die Ergebnisse nicht passten, wurden sofort die Rufe nach einem Trainerwechsel laut. Unter Fans ist das zwar nicht immer fair, aber ein Stück weit normal.
FC Erzgebirge Aue trennt sich von Trainer Dotchev
Das allerdings, was Mitte der Woche beim FC Erzgebirge Aue passierte, ist weit weg von dem, was man Normalität im Fußballgeschäft nennt. 177 Kalendertage oder 24 Spieltage vorm Saisonende besiegelte der Vorstand des FC Erzgebirge Aue Dotchevs Ende im Lößnitztal und informierte offenbar am Mittwoch den 59-jährigen darüber. 177 Kalendertage und 24 Spieltage vorm Saisonende! Die Entscheidung kommt in einem Moment, da den FC Erzgebirge Aue nur zwei Punkte vom Relegationsplatz trennen. Sie kommt nach einem überzeugenden Auftritt im Sachsenpokal und nach drei Spielen ohne Niederlage in der Meisterschaft.
Internes Gespräch gelangt an die Öffentlichkeit
Damit nicht genug: Die Info wird aus einem internen und vertraulichen Gespräch nach außen getragen. Ein Unding zur Unzeit. Der FC Erzgebirge Aue reagiert erst nach dem die ersten Zeilen über die Trennung von Dotchev längst gedruckt und noch länger online sind. Unter der Überschrift "Klarheit vor der Winterpause" verkündet der Verein am Donnerstag das, was der interessierte Fan längst aus der Zeitung weiß. Dotchev muss gehen, erhält keinen neuen Vertrag. Präsident Roland Frötschner spricht von ihm als große Persönlichkeit. Es wirkt wie Hohn, wenn man ihm im gleichen Atemzug den Stuhl vor die Tür stellt. Ich weiß, Bayern München hat den Abschied von Thomas Tuchel auch schon Monate vorher bekannt gegeben. Doch da drohte dem Rekordmeister bereits eine titellose Saison. Acht Punkte trennten die Bayern Ende Februar vom Tabellenführer Leverkusen. Im DFB-Pokal waren sie bereits in der zweiten Runde gegen den Drittligisten Saarbrücken ausgeschieden und auch in der Champions League lief es nicht rund.
Ungeklärte Zukunft: Aufstiegschancen und Trainerwechsel beim Erzgebirgischen Drittligisten
Die Situation beim erzgebirgischem Drittligisten ist eine ganz andere. Bei den Veilchen ist vieles noch möglich - selbst ein Aufstieg. Deshalb ist diese Entscheidung zur Unzeit nicht nachvollziehbar. Dotchevs Position wurde in jeder Hinsicht geschwächt. Es besteht die Gefahr, dass er zur "Lame Duck" wird. Und eine lahme Ente kann sich der Verein eigentlich nicht leisten. Wieso also verkündet der Vorstand 177 Kalendertage und 24 Spieltage vorm Saisonende Dotchevs Ende im Lößnitztal? Die Entscheidung hätte Zeit gehabt - noch etliche Wochen. Vor der Winterpause jedenfalls hätte niemand diese Klarheit benötigt. Was aber hätte der Cheftrainer in dieser Situation gebraucht? Einen Vorstand, der ihm für die hohen Ziele des Vereins den Rücken stärkt, gerade auch weil vielen im Lößnitztal klar war, dass sich seine Ära ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum näherte.