Das war sie also, die 60. ADAC Rallye Erzgebirge. Die mit Vorfreude und Spannung erwartete Jubiläumsausgabe der Kult-Rallye des Chemnitzer AMC e. V. im ADAC und seiner Partnervereine hielt alles, was sie im Vorfeld versprach. Beim Saisonauftakt der Deutschen Rallye Meisterschaft (DRM) säumten Tausende die Strecken, optisch auf jeden Fall mehr als in den letzten Jahren und erlebten einen Sekunden-Krimi der beiden Lokalmatadore bis zum letzten Meter.
Der Zwickauer Julius Tannert war mit seinem neuen (Wunsch-)Co-Piloten Pirmin Winklhofer aus Niederbayern, jedoch wegen seiner Liaison mit einer Dame aus Österreich wohnhaft in Welgersdorf im Burgenland, in einem Skoda Fabia RS Rally2 als zweifacher "Erze"-Sieger (2023 und 2024) angetreten - natürlich mit dem Ziel, den Hattrick perfekt zu machen. Als einzige ernsthafte Widersacher auf Augenhöhe waren der Plauener Philip Geipel und dessen langjährige Beifahrerin Katrin Becker aus dem hessischen Schlitz in einem Toyota GR Yaris Rally2 ausgemacht worden. So kam es schließlich auch.
Beim Nervenkrieg zwei Tage auf Augenhöhe gekämpft
Am Freitagabend hatten Geipel/Becker auf der Eröffnungs-Wertungsprüfung bei Gelenau die erste Bestzeit mit marginalem Vorsprung (0,5 Sekunden) vor Tannert/Winkelhofer markiert. Diese drehten auf der zweiten WP bei Gablenz den Spieß um und übernahmen mit einer etwas klareren Bestzeit die Gesamtführung. Auch auf der zweiten Freitag-Schleife setzten sie die Bestzeiten und gingen schließlich mit einem Plus von 11,5 Sekunden zu Bett.
Am heutigen Samstagmorgen standen die WP 5 bis 8 bei Wiesa bzw. Mildenau, ebenfalls je zwei Mal im Wechsel, auf dem Programm. Die erste dieses Quartetts entschieden Geipel/Becker zu ihren Gunsten und mit ihrer nächsten Bestzeit auf der WP 6 luchsten sie Tannert/Winklhofer die Gesamtführung ab. Auch auf der WP 7 hatten sie die Nasen vorn, auf der WP 8 galt das dann wieder für Tannert/Winklhofer.
Mit danach zwei Prüfungsbestzeiten bei Wildbach, Oberdorf und einem ex-aequo-Ergebnis auf der WP 10 noch einmal bei Wildbach robbte sich der Westsachse bis auf 0,9 Sekunden an den Vogtländer heran, sodass die allerletzte WP die Entscheidung bringen musste.
Aber Moment mal - 0,9 Sekunden, da war doch mal was. Genau, 2022 war das im mindestens genauso spannenden Duell bei der "Erze", wie die Rallye oft nur liebevoll genannt wird, das Endergebnis zugunsten von Philip Geipel. Und nun war genau diese Zeitdifferenz die Ausgangslage vor der alles entscheidenden WP 12, noch einmal bei Oberdorf. Auf dieser knöpften Geipel/Becker Tannert/Winklhofer 1,3 Sekunden ab und trafen wenig später als Sieger auf dem Stollberger Markt ein.
Dritte wurden Dennis Rostek/Stefan Kopczyk (Bückeburg/Bad Friedrichshall, Skoda Fabia RS Rally2) vor dem Crottendorfer Carsten Mohe, der seinen 25. Start bei der Rallye Erzgebirge absolvierte, und dessen Lebensgefährtin Andrea Lieber in einem Renault Clio Rally3. Damit holten sie sich zugleich mit großem Vorsprung den Klassensieg in der DRM3 vor Wolfgang und Pitt Richter, beide aus Dorfchemnitz, die gleich automobilisiert waren.
Als Gesamtzehnte komplettierten Sepp Wiegand/Christoph Gerlich (Grünhain-Beierfeld/Chemnitz, Opel Corsa Rally4) die Top-10 und durften sie sich zudem in der DRM4-Werrtung über Rang drei auf dem Podest freuen.
Teams der Region stark vertreten, auch auf den vorderen Plätzen
Von den weiteren Westsachsen bzw. Erzgebirgern feierten in der Klasse RC5 Matteo Müller/Willy-Konstantin Wirth (Crottendorf/Crottendorf, Renault Clio) einen Klassensieg, wozu sie als einzige Starter dieser Klasse nur ins Ziel kommen mussten. Dafür konnte sich ihr 22. Platz der 72 ursprünglich gestarteten bzw. letztlich 57 klassierten Teams sehen lassen.
Über Podestplätze konnten sich auch René Kunze/Niklas Haase (Hohndorf/Hartrmannsdorf, BMW E36 Touring) und Axel Richter/Nick Uhlmann (Neukirchen/Neukirchen, BMW E36) freuen, die in der Klasse NC2 Zweite bzw. Dritte wurden.
Sogar Klassensieger (in der stark besetzten NC3) wurden Yannik Keller/Lilly Kunz (Beierfeld/Neuwürschnitz, Ford Fiesta ST 150) und Andreas Schramm/Sindy Schneider (Schneeberg/Schneeberg, VW Polo 6N2 GTI) in der NC4 Zweite.
Von den drei Trabis, die im Hauptfeld als Klasse NC5 starteten (anlässlich der 60. war auch ein Legenden-Feld mit 16 weiteren betagten Rallye-Fahrzeugen zusammengestellt worden), kamen nur zwei in Wertung ins Ziel. Von denen behielten Mike Knorn/Jens Krajewski (Neumark/Jahnsdorf, Trabant P 601 ITRM) die Oberhand über Michael Schröder/Stephan Kupsch (Aue-Bad Schlema OT Wildbach/Neukirchen, Trabant 601 RS ITRM).
Ebenso setzten sich in der nur mit zwei Autos bestückten Klasse NC6 Mario Kunstmann/Oliver Thümmel (Beierfeld/Lauter, Mitsubishi Lancer EVO 7) gegen Christopher Eibisch/Jenny Zander (Schwarzenberg/Mülsen, Seat Ibiza) durch.
Insgesamt zierte die Starterliste letzten Endes 33 Teams der Region. Der neunfache Rekord-"Erze"-Sieger Ruben Zeltner und sein Co. Thomas Windisch (Lichtenstein/Aue) mussten schon nach zwei Touren bei den Test- und Einstellfahrten am Donnerstag die Segel streichen. Ihr Porsche 996 GT3, wegen seiner Farbgebung auch bekannt als "brüllendes Zebra", erlitt einen irreparablen Getriebeschaden.
Die erste Rallye der nächsten Dekade der geschichtsträchtigen "Erze" findet vom 26. bis 28. März 2026 statt.