Veilchen-Mitgliederversammlung: Chef setzt auf Zusammenhalt

Sport Corona hat dem Verein geschadet

Aue. 

Aue. Vor vollem Haus, sprich vor 432 Mitgliedern, hat der FC Erzgebirge Aue am heutigen Freitagabend seine außerordentliche Mitgliederversammlung abgehalten.

 

Kritik am Verein

Diese wurde von Vorstand und Aufsichtsrat einberufen, nachdem aus Kreisen von Fans und Sponsoren Kritik laut geworden war. Die Versammlungen 2020 und 2021 waren Corona zum Opfer gefallen. Nun wünschten sich viele einen raschen Termin, um die verkorkste Saison 2021/22 möglichst zügig aufzuarbeiten, die im Abstieg aus der 2. Fußball-Bundesliga mündete, und noch vor Beginn der neuen Serie 2022/23 in Liga 3 einen Neustart zu vollziehen. Für Aufsehen sorgte im Vorfeld der Rücktritt von Vize-Präsident Joachim Engelmann, der mit seiner Chemnitzer Firma zu den Hauptsponsoren des Vereins gehört.

 

Corona hat alle schwer getroffen

Eigens schwor Präsident Helge Leonhardt die Anwesenden im "Kumpelrevier" des Erzgebirgsstadions auf mehr Zusammenhalt ein. Corona habe den FCE schwer gezeichnet, finanziell und sportlich gab es schmerzhafte Einbußen. "Wir haben kein Mandat für die zweite Liga, aber wir haben die Verpflichtung, den Verein wirtschaftlich in der Bahn und am Leben zu halten, den Profifußball zu erhalten", so Leonhardt weiter. Mitte März 2020, so der Unternehmer, sei Covid auch bei den Veilchen angekommen. "Wie ein Schatten auf der Lunge." Doch die für ihren Kampfgeist bekannten Erzgebirger seien zusammengerückt. "Covid hat die ganze Welt und auch uns verändert. Das ist die bisher härteste Krise, die ich seit 30 Jahren erlebt habe", sagte Leonhardt.

 

Finanzielle Schwierigkeiten

Aber auch der FCE, seine Gremien und Mitglieder "haben den Kampf angenommen und überstanden" - wenn auch nicht ohne erhebliche Schäden, die sich in den Bilanzen der Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 widerspiegeln. Vor allem in Form von Verlusten in Millionenhöhe, die unter anderem auf fehlende Einnahmen im Zuge pandemiebedingter Geisterspiele zurückzuführen sind. Letztere beschrieb der Unternehmer als "Körper ohne Seele". Leonhardt mahnte auch: "Der Kampf ist noch nicht vorbei." Nach wie vor mit Blick auf Corona, aber auch in Zusammenhang mit der aktuellen Weltlage und den explodierenden Energiepreisen. "Wir haben schon eine Rechnung erhalten, die um das sechsfache höher ist als bisher."

 

Kampfgeist ist weiterhin da

Fakt sei trotz allem aber auch: "Wir bleiben standhaft und arbeiten weiter mit Sorgfalt und Fleiß sowie Härte, wie sie im Profi-Fußball üblich ist." Neben Rechenschaftsberichten zu den Spielzeiten 2019/20 und 2020/21 erfolgten die Entlastung der Gremien, ein Rückblick auf die vergangene und ein Ausblick auf die bevorstehende Saison.

Update: Harte Worte von Joachim Engelmann

Für einen Paukenschlag sorgte der zurückgetretene Vize-Präsident, Joachim Engelmann. Er stellte Vorstand und Betreuerstab insbesondere für die Abstiegssaison ein schlechtes Zeugnis aus. Vor allem die "Alleingänge" des Präsidenten Helge Leonhardt kritisierte der Unternehmer aus Chemnitz massiv, der 1948 das erste Mal im Stadion war und seit 1953 als Jugendlicher bei Wismut dem runden Leder nachjagte. Seit Jahrzehnten leistet er Führungsarbeit im FCE. Das ist nun vorbei. "Es sind ausdrücklich keine privaten Gründe, warum ich zurückgetreten bin", stellte er eingangs seiner kritischen Rede klar, die oft von Applaus der Anwesenden begleitet wurde. Seinen Rücktritt sehe er als Signal, das wachrütteln soll. "Wir sind doch kein FC Leonhardt, sondern der FC Erzgebirge Aue und müssen uns Fehler eingestehen und wieder miteinander reden statt übereinander." Ihm sei es übel ergangen. "Ich wurde gedemütigt. Als ich schon vor über einem Jahr sagte, dass diese Mannschaft nicht zweitligatauglich ist, hat man nicht mehr mit mir gesprochen."

Glückwünsche für die Zukunft 

Dem Vorstand und der Mannschaft wünschte er für die Zukunft dennoch alles Gute und Erfolg. "Wir haben jetzt ein sehr gutes Konzept und einen sehr guten Trainer, aber wir müssen die kommende Saison auch erst mal überleben." Trotz seines Rücktritts aus dem Vorstand kehre er dem Verein nicht gänzlich den Rücken. "Ich bleibe und arbeite weiter mit." So bleibe er dem Verein auch als Sponsor erhalten. Der Chemieanlagenbau Chemnitz mit laut Engelmann "400 Ingenieuren und einem Jahresumsatz von 100 Millionen Euro" ist einer der Großsponsoren des FCE. Sein Fazit: "Wir müssen als Verein wieder viel enger zusammenrücken und Strukturen ändern. Sonst geht es nicht." Dabei blieb er mit seiner Kritik stets auf Sachebene, verzichtete auf persönliche Angriffe. "Wir können uns alle noch in die Augen schauen. Ich hänge an diesem Verein und bin für den Verein. Er soll wieder eine Größe in Deutschland werden. Aber dazu muss man auch mal die Wahrheit ansprechen, selbst wenn es wehtut", so Engelmann.

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