Über zehn Jahre gehörte Bernd Köhler zu den Top-Fahrern im DDR-Rennsport, doch für Meisterehren fehlte stets das berühmte Quäntchen Glück. In seiner letzten Saison krönte er schließlich doch noch seine Laufbahn - das war 1979. Heute feiert der Ehrenfriedersdorfer seinen 80. Geburtstag.
Erst auf Eis und Schnee, dann auf den Asphalt
In seiner frühen Jugend beteiligte sich Bernd Köhler an Bergrennen und im Winter am damals noch sehr beliebten Skiköring. Dabei errang der gebürtige Falkenbacher (31. Januar 1945) schon einige Meisterschaften des damaligen Bezirkes Karl-Marx-Stadt. Seinen beruflichen Einstieg vollzog er bei einem der größten Arbeitgeber der Region, bei MZ. Nach abgeschlossener Lehre kam er wenig später als Mechaniker und Versuchsfahrer in die Versuchsabteilung von MZ. Nachdem mitten in der 1964er-Saison in den richtigen Motorrad-Straßenrennsport eingestiegen war, folgte im darauffolgenden Jahr seine erste komplette Saison. Hier schaffte er gleich den Durchmarsch von der Ausweis- in die Lizenz-Klasse.
Ähnlich rasant ging die Karriere des Bernd Köhler weiter, so dass er drei Jahre später bereits zum Nationalkader gehörte. Somit konnte er auch im westlichen Ausland Rennen bestreiten, wobei MZ gegenüber der fernöstlichen Konkurrenz immer mehr Boden verlor.
1970 trat er bei drei WM-Läufen an. In Finnland fuhr Bernd Köhler bereits auf Platz 4 und somit knapp am Podest vorbei. Dies sollte allerdings seine beste Platzierung im Rahmen von Weltmeisterschaftsläufen bleiben. Dafür kam er in den beiden darauffolgenden Jahren etwas häufiger zum Einsatz. 1972 erreichte er sieben Top-10-Ränge und wurde mit 23 Punkten WM-Zehnter. Das sollte bis heute die beste Endplazierung eines Ostdeutschen im Grand Prix-Zirkus bleiben.
Finanziell kamen die DDR-Spitzenfahrer in dieser Zeit noch ganz gut über die Runden. Immerhin wurden in der WM einigermaßen befriedigende Startgelder gezahlt.
Erfolge mit selbstgetunten MZ
Nach der endgültigen Abkanzelung vom Weltrennsport wurde auch für unsere Helden die Situation immer schwieriger. So mussten bei Ersatz- bzw. Verschleiß-Teilen Kompromisse gefunden werden. Beispielsweise wurden Reifengrößen gefahren, die nicht als ideal zu bezeichnen waren. In der DDR-Meisterschaft gehörte Bernd Köhler in den 1970er-Jahren fast ausnahmslos zu den Top-3. Auch auf den befreundeten osteuropäischen Rennstrecken war er sehr erfolgreich. In Horice, Havirov und Jicin gewann er Rennen gegen ost- und westeuropäische Konkurrenten, in Karvina sogar dreimal. Hier konnte er nach wie vor beweisen wie schlagkräftig er und seine 125er-MZ waren. Zwar erhielt er von der MZ-Sportabteilung ein Motorrad, um dessen Weiterentwicklung musste er sich allerdings selbst kümmern.
Im Laufe der Jahre steigerte er die Leistung seines 125er-RE-Motors auf über 30 PS und erhöhte gleichzeitig dessen Standfestigkeit. Dazu bediente er sich der Hilfe seines eigenen Prüfstands.
1975/1976 las man bei Bernd Köhler ein „D“ für Doppelstarter im Rennprogramm. In diesen beiden Jahren setzte ihn MZ bei den 250ern auf ein Werksmotorrad, mit dem er allerdings nur die Versuche fahren durfte und somit nur selten ins Ziel kam. Für Erfolge waren andere bestimmt. Wenn er dann aber mit seiner selbstvorbereiteten 125er wieder einen Erfolg verbuchen konnte, versuchten einige MZ-Offizielle sich diesen an die eigene Fahne zu heften.
Das Beste kam zum Schluss
1979 sollte seine letzte Saison sein und in dieser wollte Bernd es dann noch einmal wissen. Mit dem Sachsenring, Schleiz und Frohburg waren gerade einmal noch drei Rundstreckenrennen übriggeblieben und somit gehörte auch etwas Glück zum Gewinn der Meisterschaft. In jenem Jahr hatte schließlich auch Bernd Köhler einmal das Glück des Tüchtigen. Seinen Rücktrittsentschluss musste er daraufhin auch nicht mehr revidieren. „15 Jahre im Rennsport, fand ich, waren genug“, bilanzierte Bernd Köhler später. Und weiter: „Außerdem wurde die Konkurrenz durch die Zweizylinder-Fahrer, speziell den Morbidellis, zu groß.“
Kam Bernd Köhler relativ unbeschadet durch seine aktive Zeit, so erwischte es ihn in seiner Funktion als Versuchsfahrer 1984 im Straßenverkehr umso schlimmer. Eine nicht beachtete Vorfahrt seines Unfallgegners setzte ihn nach einem Beckenbruch sowie weiterer Verletzungen für eineinhalb Jahre außer Gefecht.
Beruflich sah die Vergangenheit des Bernd Köhler folgendermaßen aus. Für die 1981 eingeführte sozialistische Formel der 250er-Einzylinder-Motorräder sollte Mitte der 1980er Jahre nach einem ADMV-Beschluss ein Einheitstriebwerk entstehen. Da MZ keine Kapazitäten dafür frei hatte, sollte Bernd Köhler diese Triebwerke in seiner Werkstatt nach Feierabend fertigen. Die ersten acht drehschiebergesteuerten Motoren mit Wasserkühlung und elektronischer Zündung leisteten gut 50 PS. Auch dazugehörige Aluminium-Fahrgestelle standen in seiner Werkstatt bereit. Doch aus irgendwelchen, fadenscheinigen Gründen blies man in Berlin die Aktion wieder ab, nachdem man vorher schon versucht hatte auf billige Art und Weise an Bernd Köhlers technisches Know-how heranzukommen.
Noch viele Jahre eine Säule im klassischen Rennsport
Bernd Köhler hatte sich von diesem Projekt versprochen, eine Selbständigkeit abzuleiten, was misslang. So blieb er bis zum Ende von MZ in der Zschopauer Versuchsabteilung, bis 1991 allen Beschäftigten gekündigt werden musste. Einige wenige kamen bei MuZ wieder unter. Bernd Köhler machte aus der Not eine Tugend und setzte sich mit 46 Jahren nochmals auf die Schulbank. Seit dem durfte er sich Zweiradmechaniker-Meister nennen und erfüllte sich anschließend seinen Wunsch von der Selbständigkeit. Seine Spezialfirma für Zweiradtechnik in Ehrenfriedersdorf im Erzgebirge beschäftigt sich bis heute mit Prototypenbau von Motoren, Getrieben, Fahrwerken etc. im Auftrag verschiedenster Hersteller. Zu seinen Kunden gehörte auch wieder das MZ-Nachfolgewerk MuZ. Desweiteren beschäftigt sich seine Firma mit der Restauration historischer Rennmaschinen, vorwiegend, wie sollte es anders sein, MZ.
Mit solchen Zeitzeugen der Technik konnte man Bernd Köhler noch viele Jahre bei diversen Klassik-Veranstaltungen sehen, bis er schließlich den Helm endgültig an den Nagel hängte und nun sein Rentnerleben mehr oder weniger genießt, denn dreckige Hände holt er sich auch heute noch von Zeit zu Zeit, allerdings nur noch nach Lust und Laune. So hat er noch viele Jahre Heinz Rosner bei dessen Aktionen im klassischen Motorsport unterstützt.
Heutzutage führt sein Sohn Jens bei jeder passenden Gelegenheit historische MZ-Rennmaschinen aus dem Hause Köhler auf den Rennstrecken dieser Welt aus.