"The Terror", "Patrick Melrose", "Your Honor" - schon einige Jahre vor seinem großen Oscar-Triumph mit der Literaturadaption "Im Westen nichts Neues" war der deutsche Filmemacher Edward Berger auf internationalem Serienparkett unterwegs. Nach dem Preisregen im Jahr 2023 führte er nun aber zum ersten Mal bei einer englischsprachigen Kinoproduktion Regie. "Konklave" basiert auf dem gleichnamigen Roman des britischen Schriftstellers Robert Harris, der gerne Thriller-Geschichten mit historischen und politischen Ideen verknüpft. Der Titel deutet es schon an: In diesem Fall geht es ins Herz der katholischen Kirche, wo sich nach dem Tod des Papstes Kardinäle aus aller Welt treffen und einschließen lassen, um ein neues Oberhaupt zu wählen.
Außerdem neu im Kino: "Milchzähne", eine Endzeitgeschichte nach dem gleichnamigen Roman von Helene Bukowski, und das Drama "Shambhala", in dem eine junge nepalesische Frau auf einer Reise durchs Himalaya-Gebirge zu sich selbst findet.
Konklave
Taucht über dem Vatikan weißer Rauch auf, heißt es: Habemus papam. Bedeutet: Ein neuer Papst steht fest. Erst dann dürfen die Kardinäle das sogenannte Konklave verlassen, ihre Zusammenkunft in der streng abgeschlossenen Sixtinischen Kapelle. Traditionell bestimmen die Würdenträger dort in geheimer Wahl und ohne Einfluss von außen einen Nachfolger für den verstorbenen Amtsinhaber. Ein ungewöhnliches Prozedere, das seit jeher die Fantasie der Menschen anregt: Was mag hinter den Mauern wohl genau passieren? Wird intrigiert, gepokert und geschachert?
Robert Harris dient dieses klaustrophobische Szenario als Grundgerüst in seinem 2016 erschienenen Roman "Konklave", den Edward Berger nun mit internationaler Schauspielprominenz adaptiert hat: Nach dem unerwarteten Tod des Papstes richten sich die Augen der Welt auf den Vatikan. Geleitet wird die ritualisierte Wahl von Kardinal Lawrence (Ralph Fiennes), der schnell ins Zentrum knallharter Machtkämpfe rückt.
Die ganze Angelegenheit ist hochpolitisch. Entscheidet doch der neue Papst maßgeblich über die zukünftige Ausrichtung der katholischen Kirche. Mit Kardinal Bellini (Stanley Tucci), einem langjährigen Verbündeten des Verstorbenen, gibt es eine liberale Kraft. In Stellung bringen sich aber auch der reaktionäre Italiener Tedesco (Sergio Castellitto) und der nicht viel fortschrittlichere Nigerianer Adeyemi (Lucian Msamati). Zu gerne würde außerdem der Kanadier Trembley (John Lithgow) den Platz an der Spitze einnehmen.
In einer herausstechenden Rolle ist Kino-Ikone Isabella Rossellini zu sehen. Als Schwester Agnes, die Leiterin des Wohnheims für die Kardinäle, bildet sie ein Gegengewicht in der stark männerlastigen Welt des Films. Nachgebaut wurde die Sixtinische Kapelle übrigens in den berühmten Cinecittà-Studios vor den Toren Roms, wo einst auch Martin Scorseses Historienepos "Gangs of New York" entstand. Die musikalische Untermalung für "Konklave" liefert, wie bei Edward Bergers Kriegsdrama "Im Westen nichts Neues", der deutsche Komponist Volker Bertelmann, der damals für seine treibenden Klänge einen Oscar erhielt.
Milchzähne
Wenn die Welt immer unübersichtlicher und bedrohlicher wird, ziehen sich manche Menschen komplett zurück: auf die eigene Familie oder eine kleine Gemeinschaft mit klaren Regeln, die irgendwie noch so etwas wie Sicherheit versprechen. Genau dieser Gedanke liegt dem Debütroman von Helene Bukowski zugrunde, den die Regisseurin Sophia Bösch in ihrem Spielfilmdebüt auf die große Leinwand bringt.
"Milchzähne" spielt in einer nicht allzu fernen dystopischen Zukunft und weckt Erinnerungen an M. Night Shyamalans Mystery-Thriller "The Village" aus dem Jahr 2004. Wie dort ist der Schauplatz ein völlig isoliertes Dorf, umgeben von Wäldern, in denen angeblich böse Kreaturen lauern. Unruhe kommt auf, als die junge Skalde (Mathilde Bundschuh) ein Mädchen namens Meisis (Viola Hinz) aufgreift, von dem niemand weiß, wo es herkommt.
Für Ortsvorsteher Pesolt (Ulrich Matthes) steht sofort fest: Die Kleine muss verschwinden. Schließlich könnte es sich um ein sogenanntes Wolfskind handeln, das sich unter die Menschen mischen will. Gerissene Tiere, die in letzter Zeit gefunden wurden, nähren den Verdacht. Skalde, selbst Tochter einer Außenseiterin (Susanne Wolff), setzt sich aber für Meisis ein und riskiert damit ihre eigene Stellung. In mystisch-atmosphärischen Naturbildern befasst sich der Film mit Ausgrenzung und der Angst vor dem Fremden. Ein hochaktueller Stoff also!
Shambhala
"Über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein." Zumindest der erste Satz aus dem Refrain von Reinhard Meys Songklassiker passt irgendwie perfekt zum Kinodrama "Shambhala", das 2024 auf der Berlinale seine Weltpremiere feierte. Hoch hinaus, nämlich in das Himalaya-Gebirge, geht es auch in Min Bahadur Bhams Spielfilm, dessen Titel auf ein mythisches Königreich aus dem Buddhismus verweist.
Wie es in Nepal noch heute üblich ist, heiratet die junge Pema (Thinley Lhamo) gleich drei Männer. Bei diesen handelt es sich um Brüder, mit denen sie fortan in einer der höchstgelegenen Siedlungen der Welt zusammenlebt. Als ihr Hauptgatte auf einer Handelsreise verschwindet und plötzlich böse Gerüchte über die schwangere Frau kursieren, schreitet sie zur Tat. Gemeinsam mit ihrem zweiten Ehemann macht sie sich in der menschenfeindlichen Wildnis auf die Suche. Eine Suche, die immer mehr zu einer Selbstfindung wird.
Risiken und Mühen hat das Filmteam nicht gescheut. Gedreht wurde "Shambhala" zum Teil in Höhen von bis zu 6.000 Metern. Beeindruckende Landschaftsbilder sind da natürlich garantiert. Seine um Befreiung und spirituelle Bewusstwerdung kreisende Geschichte erzählt der Regisseur in bedächtigem Tempo und langen Einstellungen. Dramaturgische Knalleffekte haben in diesem Rahmen keinen Platz. Bei der Oscar-Verleihung 2025 soll "Shambhala", sofern es für eine Nominierung reicht, in der Kategorie "Bester internationaler Film" für Nepal ins Rennen gehen.