Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die alte Bergbau- und Universitätsstadt Freiberg ausgewählt, um drei Tage mit Menschen der Region ins Gespräch zu kommen. "Schön habt ihr es hier", ruft er einem älteren Paar am Dienstagmittag zu, das ihm auf seinem Spaziergang vom Bahnhof in die Altstadt freundlich grüßt. Immer wieder zücken Passanten ihre Handys für ein Foto, bei einer Gruppe Erstklässler erkundigt sich Steinmeier nach deren Weihnachtswünschen, bis die Lehrerin drängelt: "Wir müssen weiter zu unserem Bus." Als Steinmeier am Rathaus von der Berg- und Hüttenknappschaft der Stadt mit einem "Glück auf!" begrüßt wird, ist kurz ein "Buh"-Ruf aus der Zuschauermenge zu hören, eine Frau ruft "Hau ab!".
"Stadt mit großer Vergangenheit"
Freiberg sei eine Stadt mit großer Vergangenheit, die aber nicht in der Vergangenheit lebe, sagt Steinmeier. Denn die Region sei der Zukunft zugewandt, davon zeugten mehrere Hochtechnologieunternehmen. "Das zeigt, dass Vergangenheit und Zukunft hier gut zusammengehen." Die Stadt sei in den vergangenen Jahren aber auch durch viel Protest bekannt geworden. "Über Protestkultur und die Art und Weise, wie man protestiert, werden wir uns unterhalten müssen", betont er auf den Stufen des Rathauses, vor dem derzeit der "Christmarkt" samt großer Pyramide nicht nur Einheimische, sondern auch Touristen anlockt.
Gespräch mit Lokalpolitikern beim Spaziergang
Statt im Berliner Schloss Bellevue residiert der Bundespräsident bis Donnerstag im Hotel Freyhof nahe dem Dom St. Marien und Schloss Freudenstein. Nach dem Spaziergang vom Bahnhof ins Stadtzentrum kam das Staatsoberhaupt am Dienstag zunächst mit Stadträten und Bürgermeistern der Region ins Gespräch. Geplant ist in den nächsten Tagen ebenso der Austausch mit Bürgern und Unternehmern. Laut Steinmeier soll es um kontroverse Themen wie die zurückliegenden Corona-Maßnahmen, den Krieg Russlands gegen die Ukraine sowie die Energieversorgung gehen.
Oberbürgermeister weist auf Energiekrise hin
Eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung sei derzeit eines der drängendsten Probleme für die Stadt, erklärt Oberbürgermeister Sven Krüger (parteilos). "Freiberg ist eine Stadt, die hungrig nach Gas ist." Das betreffe auch die Halbleiterindustrie vor Ort. Er freue sich sehr, dass Freiberg stellvertretend für die Welterberegion Erzgebirge/Krušnohoří den Bundespräsidenten gerade jetzt in der Adventszeit zu Gast habe.
Seit dem Frühjahr verlegt der Bundespräsident immer wieder seine Amtsgeschäfte für mehrere Tage von Berlin in eine andere Stadt. Vor Freiberg war er schon in Altenburg (Thüringen), Quedlinburg (Sachsen-Anhalt), Rottweil (Baden-Württemberg) und Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) zu Gast mit seiner Gesprächsreihe "Ortszeit Deutschland".