Mit dem Frühling beginnt auch die Radsaison - und viele Ausflügler zieht es wieder auf den Chemnitztalradweg. Die Strecke führt direkt am Alpakahof Chemnitztal vorbei, einem Ort, der für viele wie ein kleiner Ruhepol wirkt. Doch für die Betreiber bringt die steigende Zahl an Besuchern nicht nur Freude, sondern auch wachsende Sorgen.
Ein kurzer Halt, um die Tiere aus der Ferne zu beobachten, ist vollkommen in Ordnung. "Es freut uns, wenn Radfahrer kurz anhalten und die Alpakas in Ruhe anschauen", sagt Marco Schönherr, Betreiber des Alpakahofs. "Aber bitte nur von außen, leise und mit Abstand. Alles andere wird problematisch."
Füttern mit fatalen Folgen
Besonders dramatisch wirken sich Fehlverhalten beim Füttern aus - ein Thema, das trotz klarer Verbotsschilder immer wieder ignoriert wird. "Wir haben 2023 Shila, eine Stute verloren, weil Besucher sie mit Brot gefüttert haben", erinnert sich Schönherr. "Ihr Fohlen Enja mussten wir dann per Hand aufziehen. Das war nicht nur emotional schwer, sondern auch eine enorme Belastung im Alltag." Alpakas sind sehr empfindlich, was ihre Ernährung betrifft. Viele Menschen wissen das nicht - oder ignorieren es. "Was als gut gemeinte Geste beginnt, endet für die Tiere oft tödlich", so Marco Schönherr.
Wiesen sind keine Picknickflächen
Was aus Sicht vieler Besucher harmlos erscheint, ist für die Tiere und den Betrieb ein ernstes Problem: Immer wieder werden Picknickdecken direkt auf den Weiden ausgebreitet. "Unsere Wiesen sind die Futtergrundlage für die Tiere", erklärt Marco Schönherr. "Wenn Menschen dort sitzen, Müll hinterlassen oder einfach nur stören, leidet die Qualität der Fläche. Wir haben nicht die Kapazitäten, täglich die Hinterlassenschaften anderer zu beseitigen."
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Seit 2019 bewirtschaften ihre Alpakas das weitläufige Auenland. Foto: Alexandra Meier
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Mit dem Frühling beginnt auch die Radsaison - und viele Ausflügler zieht es wieder auf den Chemnitztalradweg. Die Strecke führt direkt am Alpakahof Chemnitztal vorbei. Foto: Alexandra Meier
Streicheln? Besser nicht - aus gutem Grund
Auch das Streicheln der Tiere ist nicht erlaubt - und zwar nicht aus Prinzip, sondern zum Schutz aller Beteiligten. "Wenn junge Alpakas ständig gestreichelt werden, sehen sie uns Menschen irgendwann als Artgenossen an", sagt Marco Schönherr. "Die Weibchen spucken dann - aber die Männchen tragen ihre Rangkämpfe mit uns aus. Sie können mit 50 km/h in den Rücken springen. Solche Tiere müssen wir im schlimmsten Fall einschläfern, weil sie nicht mehr händelbar sind."
Diese Fehlprägung hat nicht nur Auswirkungen auf die Sicherheit, sondern auch auf die therapeutische Arbeit auf dem Hof. "Schon eine leichte Fehlprägung macht ein Tier für uns unbrauchbar in der Therapie. Und das ist besonders bitter", sagt er nachdenklich.
Rechtlich verboten - trotzdem ignoriert
Dabei gibt es klare gesetzliche Vorgaben: "In Deutschland ist das Füttern und Streicheln fremder Tiere verboten", sagt der Köthensdorfer. Dennoch erleben Schönherr und sein Team regelmäßig das Gegenteil. "Die letzten Wochen waren schlimm. Ich hatte mehrere völlig uneinsichtige Besucher, die mir einfach nicht glauben wollten, dass das verboten ist. Ich kann nicht den ganzen Tag am Zaun stehen und es immer wieder freundlich erklären."
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Alpakas strahlen Ruhe und Entspannung aus, was sie nach entsprechendem Training ideal für den pädagogischen Bereich macht. Foto: Nadin Poster
Ein Angebot für alle, die es ernst meinen
Wer die Tiere von der Köthensdorfer Hauptstraße 122a im Tauraer Ortsteil Köthensdorf aus nächster Nähe erleben möchte, kann das tun - allerdings bitte organisiert. "Wir bieten verschiedene Programme an, bei denen man den Alpakas begegnen kann", sagt Schönherr. "Oft klappt das auch kurzfristig - aber bitte ruft vorher an. Auch wir haben ein Privatleben. Es gehört sich einfach nicht, unangemeldet auf unserem Grundstück zu stehen oder sogar vor dem Schlafzimmerfenster."
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Der Fluss Chemnitz, weite Wiesen und kleine Wälder - wer bei den "Alpakas im Chemnitztal" zu Besuch ist, fühlt sich wie in einer anderen Welt. Foto: Alexandra Meier
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Marco Schönherr hat mit seiner Familie am Chemnitztal einen Idylleort erschaffen und so einen Traum verwirklicht. Foto: Alexandra Meier
Ein Appell zum Frühlingsbeginn
Der Frühling lädt dazu ein, rauszugehen und die Natur zu genießen. Doch dabei sollte Rücksicht oberstes Gebot sein. Der tragische Verlust eines Tieres ist nicht nur eine traurige Erinnerung - sondern ein mahnendes Beispiel dafür, wie wichtig ein respektvoller Umgang mit Tieren und Natur ist. Mehr Informationen zum Alpakahof Chemnitztal und den Besuchsangeboten unter: Alpakas im Chemnitztal
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Diese Tiere sind nicht nur Teil des Familienlebens, sondern bieten Gästen eine wohltuende Auszeit mit ihrem sanften Gemüt. Foto: Nadin Poster