Weitere sechs Stolpersteine wurden am heutigen Montag, 27. Januar, im Stadtgebiet von Mittweida verlegt. Anlass ist der Holocaust-Gedenktag, der an die Befreiung des KZ Auschwitz-Birkenau durch die sowjetische Armee vor genau 80 Jahren, am 27. Januar 1945, erinnert.
Vier Stolpersteine erinnern an Schicksal einer jüdischen Familie
Vier Stolpersteine wurden am Mittweidaer Markt vor dem Hausgrundstück 16 für Salo und Elfriede Cohn und ihre Kinder Margot und Gerhard, die in den 1920er Jahren in Mittweida gewohnt hatten. verlegt. An deren Schicksal erinnerten bei der Zeremonie vier Schülerinnen und Schüler des Mittweidaer Gymnasiums: Der Jude Salo Cohn, 1890 geboren, war 1922 mit seiner Frau Elfriede und ihrer 1920 geborenen Tochter Margot in die Stadt übergesiedelt. Sie fanden Unterkunft bei dem jüdischen Geschäftsmann Arthur Joseph im Haus Markt 16. Ende 1922 übernahm Salo Cohn das Schuhgeschäft von Joseph. 1923 wurde sein Sohn Gerhard geboren. Als das Geschäft in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, wurde 1925 ein Prokurist als Liquidator bestimmt. Im Mai 1926 musste die Familie die Wohnung räumen und zog in die Kirchstraße um. Noch im selben Jahr verließ die Familie Mittweida und zog nach Breslau.
Eheleute werden in Litauen ermordet
Die Eheleute werden gegen Ende 1941 von Breslau aus nach Kowno (Kaunas in Litauen) deportiert, wo sie im dortigen berüchtigten "Fort IX" ermordet wurden. Ihre Kinder waren vorher in Sicherheit gebracht worden. Tochter Margot gelangte an Bord eines Passagierschiffes Mitte 1936 in die USA. Sie starb 1988 in Chicago. Sohn Gerhard folgte seiner Schwester etwa anderthalb Jahre später in die USA, wo er 1993 in Valparaiso/Indiana starb.
OB Schreiber würdigt Engagement von Dr. Nitsche
Dass den bisher 20 in Mittweida verlegten Stolpersteinen sechs weitere folgen konnten, ist dem Historiker Dr. Jürgen Nitsche zu danken, der die Biographien der betreffenden Menschen erforscht hat. Dessen Arbeit würdigte auch Mittweidas Oberbürgermeister Ralf Schreiber. Es sei wichtig, die Erinnerung an der Verbrechen, die unter dem Nationalsozialismus begangen wurden, besonders auch mit Blick auf die jungen Leute wachzuhalten und daran zu erinnern, das auch Menschen, die in Mittweida gelebt haben, zu den Opfern solcher Gräueltaten gehörten, so der Stadtchef.
Drei Stadtrats-Fraktionen und eine Privatperson spenden
Finanziert wurden die Steine von den Mittweidaer Stadtratsfraktionen der CDU, der AfD und der Linken sowie von Dagmar Häfele, die einen der Steine privat finanzierte. "Ich mache das, weil ich mich für die Geschichte der Stadt interessiere und weil ich möchte, dass sich solche Verbrechen nie wiederholen", sagt die Mittweidaerin, die als Amtsleiterin beim Finanzamt Mittweida arbeitet.
Zwei weiterer Opfer gedacht
Nachdem mit den Stolpersteinen in Mittweida bisher nur an jüdische Personen erinnert wurde, wurde mit dem jetzt vor der Außenstelle des Landratsamtes verlegten Stein auch an einen behinderten Menschen erinnert, der innerhalb der "Aktion T4" - dem von den Nationalsozialsozialisten verübten systematischen Massenmord an mehr als 70.000 Menschen mit körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen - ums Leben kam.
Der sechste, an der Ringstraße 30 im heutigen Mittweidaer Ortsteil Ringethal verlegte Stolperstein erinnert an einem Einwohner des Ortes, der bei Kriegsende 1945 in Ringethal eine weiße Fahne hisste und den einrückenden US-amerikanischen Soldaten behilflich war. Als diese zwischenzeitlich aus dem Ort wieder abzogen, wurde er ebenfalls von den Nazis ermordet.
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