"Schwindel-Tage" - Berauschende Musik für seltsame Zeiten

Album des Monats Musik Mit "Vertigo Days" bringen The Notwist nach sieben Jahren ein neues Album heraus

Album des Monats

Franz Schubert sagte einmal: "Wer die Musik liebt, kann nie ganz unglücklich werden." Zeit sich also mal durch das musikalische Potpourri der Welt zu stöbern und die ein oder andere neue Lieblings-Platte zu entdecken. Deshalb stell ich euch ab sofort ein Album des Monats vor, damit der Winter in Isolation sich von seiner zärtlichen Seite zeigt! Start macht die Band The Notwist mit ihrem neuen Album "Vertigo Days" welches Ende Januar über das Label Morr Music veröffentlicht wurde.

Wie aus einem Guss mit stilvollen Brüchen

Nach sieben Jahren "Stille" platzen The Notwist nun mit einem neuen Album heraus. "Vertigo Days" - "Schwindel-Tage". Zufall oder Berechnung für diese Zeit?! Sieben ist hier eindeutig eine Glückszahl, denn trotz dem Hauch dystopischer Klänge ist die Stimmung auf dieser Platte eine vorsichtig Optimistische. Mit funkelnden Feel-Good Songs und zirpenden Synthesizern zeigt sich das Album mit mehr als nur einer Summe der Einzelsongs. Es ist ein homogenes Konstrukt an Querverbindungen mit einem roten Faden und klingt wie aus einem Guss, mit der Liebe zu feinen gekonnten Stilbrüchen. Hier werden Stimmungen aus alten Alben wie "Neon Golden" oder "Shrink" wieder aufgegriffen aber auch durch die Kooperation mit verschiedenen Künstler:innen wie Saya der Band Tenniscoats - einer japanischen avantgardistischen Indie Band -  werden neue Stränge der Dramaturgie erzeugt. 

Im Schwindel ohne den Halt zu verlieren

Mit "Ship" eröffnen sich neue Räume, die von asiatischer Pop-Musik und Krautrock beeinflusst werden. Ebenso einen bewussten Bruch setzt die Band aus Oberbayern zusammen mit der argentinischen Sängerin Juana Molina in "Al Sur", der mit auftreibenden Indie-Beats in elektronischer Verfrickeltheit mündet. "Loose Ends" zieht das Spannungsfeld wie ein mystischer Nebel dann noch weiter auf und ankert in altbekannten Klängen der Neon Golden Platte und lässt durch Zeilen wie "The tracks are all in front of me /The rails, the rails, keep bringing me back" in Erinnerungen an "The Pilot" schwelgen. Leicht dystopisch schließt sich der Song "Into The Ice Age" an und irrt hypnotisch und orientierungssuchend wie durch einen Urwald und führt letztlich funkelnd und mit Bläserstimmen aus der Eiszeit heraus ins warme "Oh Sweet Fire". Dieser Track kommt sehr viel smoother und jazziger daher und absorbiert den Geist in die tiefe Trance eines Lagerfeuers.
"Sans Solei" leitet dann als Stimmungsaufheller und Hoffnungsschimmer den gewohnten Indie-Sound ein, der in "Where you find me" seinen Höhepunkt findet und wie ein 2021er-Update in den Rückspiegel der Neon Golden Platte schaut ohne sentimental zu werden.

Alles in Allem steht dieses Album seinen Erfolgsvorgängern in Nichts nach und reiht sich in eine Art der Ahnengalerie ein. Sehnsuchtsvoll, berauschend und elektrisierend macht der Titel der Platte seinem Namen alle Ehre und versetzt in einen Schwindel ohne aber den Halt zu verlieren.
 

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