Kleinstlebewesen auf Atemschutzmasken: Was ist dran am nächsten Corona-Mythos?

Corona "Morgellonen" auf Atemschutzmasken und Teststäbchen sorgen für Wirbel im Internet

Seit einem Jahr dreht nicht nur das Corona-Virus seine Runden. Auch allerhand Mythen rund um die Pandemie gingen seitdem viral. Corona soll eine neue Weltordnung schaffen, Bill Gates will die Menschheit zwangsimpfend und so überwachen. Oder: Der Mobilfunkstandard 5G soll das Virus verbreiten. Seit neuestem sind auch Atemschutzmasken und Corona-Teststäbchen Teil des Verschwörungsapparates. Im Internet kursieren derzeit Videos, die eine gezielte Verseuchung von Corona-Schutzmasken und Teststäbchen mit Kleinstlebewesen zeigen sollen. Unter Verschwörungsgläubigen erlebt gerade ein Begriff seinen Höhenflug: Morgellonen (oder auch Morgellons). Der BLICK klärt auf:

 

Als eine der wichtigsten Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Coronavirus gelten medizinische Masken und Antigen-Schnelltests. Doch jetzt sorgt das, was uns schützen soll, für Wirbel: Aktuell landen bei einer Reihe von Menschen FFP2-Masken oder Corona-Teststäbchen unter dem heimischen Mikroskop. Grund dafür sollen sogenannte "Morgellonen" sein. Videos dieser wurmartigen Gebilde, die teilweise zu wandern scheinen, werden derzeit in sozialen Medien geteilt. Dazu wird behauptet, dass diese Kleinstlebewesen über Corona-Teststäbchen und Atemmasken in den Körper gelangen und sich unter der Haut einnisten. Noch abstrakter: Es handelt sich um genetisch modifizierte Lebewesen oder kleine "Nanoroboter", die uns heimlich implantiert werden sollen. Diese Behauptungen sind jedoch falsch, wie zahlreiche Wissenschaftler bestätigen. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), das eine Datenbank der Antigen-Schnelltests führt, teilt mit: "Bei den Behauptungen über verunreinigte Teststäbchen, die derzeit vor allem in den Sozialen Medien kursieren, handelt es sich um Falschinformationen."

 

Was sind Morgellonen?

"Messen und untersuchen - das zählt. Glauben bringt nichts", sagt einer, der sich seit mehr als 20 Jahren mit sogenannten Morgellonen beschäftigt und unzählige dieser vermeintlichen Lebewesen im Labor untersucht hat. Kriminalbiologe Mark Benecke, Sachverständiger für biologische Spuren, erklärt: "Bei diesen für den Laien undefinierbaren Objekten handelt es sich bei näherer Untersuchung in der Regel um Textilfasern von Kleidungsstücken, Pflanzenteile, Hautschuppen oder alles zusammen. Das kann dann leicht mit einem Lebewesen samt Organgen verwechselt werden." Es handele sich bei den angeblichen Lebewesen auf Atemschutzmasken also höchstwahrscheinlich um Textilfasern, die bei der Produktion bereits in die Packung gelangt sind. Masken wie Teststäbchen werden nämlich nicht in steriler Umgebung hergestellt. Und selbst bei der Sterilisation werden Keime zwar abgetötet, aber keine ungewollten Textilfasern entfernt. Und frisch ausgepackte Masken sind im Rahmen ihrer Herstellung durchaus elektrisch aufgeladen. So können sie winziges Material aus der Umgebung anziehen. Mit vermeintlich bedrohlichen Lebewesen hat das Ganze jedoch nichts zu tun.

 

Eine Variante des Wahns

Laut Definition handelt es sich bei Morgellonen übrigens um die informelle Bezeichnung einer selbst diagnostizierten, wissenschaftlich nicht anerkannten Hauterkrankung, für die Personen faserartiges Material auf oder unter der Haut als Ursache annehmen. In der Medizin wird dies mehrheitlich auf eine psychiatrische Störung als Variante des Dermatozoenwahns zurückgeführt. Wer trotzdem glaubt, auf seiner Maske oder auf seinem Teststäbchen etwas Ungewöhnliches gefunden zu haben, kann eine Probe im Labor untersuchen lassen. Dabei einfach das vermeintliche Lebewesen mit einem durchsichtigen Klebeband auf einer Klarsichtfolie sichern, die Fundstelle einkreisen und per Post verschicken. Wichtig: Bis zur Bestätigung aus dem Labor sollte man sich mit Thesen über den Fund lieber zurückhalten. Andererseits landen immer mehr Falschinformationen im Netz, die statt belegbarer Erkenntnisse nur Angst und Schrecken verbreiten.

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