Offener Brief: Veranstaltungswirtschaft pocht auf Versprechen der Kanzlerin

Corona Branchenvertreter fordern Neustart nach dem 21. September 2021

Vor fast vier Monaten kam die hoffnungsvolle Nachricht: Impfstart gegen das Corona-Virus - anfangs nur mit einem Impfstoff, mittlerweile sind in der EU vier Vakzine zugelassen. Und dennoch: Heute (Stand: 14. April) haben lediglich rund 13,5 Prozent der Deutschen mindestens eine Impfdosis erhalten, gerade einmal 6,2 Prozent der Gesamtbevölkerung sind vollständig geimpft. Im Vergleich zu Ländern wie Israel, Großbritannien oder den USA kann das, was Deutschland in den vergangenen vier Monaten vorgelegt hat, getrost als Schneckentempo bezeichnet werden. Am Impfstoffmangel liegt das schon lange nicht mehr, wie vonseiten der Impfzentren immer wieder durchsickert. Die Wahrheit ist: Deutschland verwaltet sich buchstäblich zu Tode. Dabei soll im Spätsommer jeder, der möchte, ein Impfangebot erhalten haben. In einem offen Brief pocht das Forum Veranstaltungswirtschaft - eine Allianz fünf maßgeblicher Verbände dieses Wirtschaftsbereiches - nun auf genau dieses Versprechen von Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Stichtag: 21. September 2021

"Dürfen wir Sie beim Wort nehmen?", fragen die Vorsitzenden und Geschäftsführer der Verbände darin. Und weiter: "Wie Sie mehrfach versprochen haben, soll bis zum 21. September 2021 jeder, der will, ein Impfangebot gegen Corona erhalten haben. Die deutsche Veranstaltungswirtschaft, die bekanntlich von den wirtschaftlichen Folgen der Krise am härtesten betroffen ist, geht aufgrund dieses Versprechens davon aus, dass damit nach dem 21. September 2021 auch alle Voraussetzungen dafür vorliegen werden, dass auch öffentliche Veranstaltungen wieder uneingeschränkt stattfinden können." Die Verbände fordern, das Versprechen auch als Öffnungsstrategie für die Veranstaltungswirtschaft zu nutzen und dies entsprechend anzukündigen.

Veranstaltungen mit Schnelltests

Dabei bleiben die Interessenvertreter durchaus realistisch: "Da nicht davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich 100 Prozent der Bevölkerung unseres Landes das Impfangebot bis zum 21. September angenommen haben werden, könnte der Einlass davon abhängig gemacht werden, dass von nicht geimpften Personen das negative Ergebnis eines zeitnah durchgeführten Antigen-Tests vorgelegt wird." Bereits in einem Schreiben vom 8. Februar diesen Jahres hieß es in Bezug auf Schnelltests vor jedem Veranstaltungseinlass: "So könnte nicht nur sichergestellt werden, dass ausschließlich Geimpfte, Getestete oder Genesene Zugang zu den Veranstaltungen erhalten. Es würde damit auch eine wichtige Lücke geschlossen werden, die dadurch entsteht, dass nicht jeder die öffentlichen Testangebote nutzen wird. Insofern könnten Veranstalter:innen auch einen wertvollen Beitrag zur Nachverfolgung von Infektionen leisten."

Planungsunsicherheit zieht Absagen nach sich

Laut den Branchenvertretern haben viele Veranstalter ihre seit März 2020 geplanten - und teilweise zum dritten Mal verlegten - Veranstaltungen für den Herbst dieses Jahres bereits im Verkauf. Wenn auch diese Veranstaltungen erneut nur mit Abstandsregeln und damit nur unwirtschaftlich durchgeführt werden könnten, würden die Unternehmen dies trotz der Hilfsangebote wirtschaftlich nicht überleben: "Dies umso weniger, da die vom Bundesminister für Finanzen so ausdrücklich angekündigte Ausfallfonds und Wirtschaftlichkeitsbonus offenbar ins Stocken geraten ist und im Übrigen für den wirtschaftlichen B2B-Bereich ein entsprechender Fonds noch nicht einmal angedacht zu sein scheint", heißt es seitens einer Branche, die vor allem Planungssicherheit benötigt: "Da Veranstaltungsunternehmen das Risiko erneuter Absagen oder der Einschränkungen von unter Vollauslastung geplanten Veranstaltungen nicht ein weiteres Mal tragen können, wird mangels der angekündigten staatlichen Absicherung zunehmend in Betracht gezogen, die Veranstaltungen bereits jetzt schon abzusagen." Die steigende Unsicherheit führe außerdem dazu, dass immer wieder aufgeschobene Arbeitskündigungen nun zunehmend ausgesprochen würden.

Soziales Miteinander in kontrolliertem Umfeld

Der Blick nach vorne würde nicht nur der Veranstaltungsbranche, sondern auch den Menschen in Deutschland eine Perspektive bieten, die seit so langer Zeit weitgehend auf den Genuss von Kultur verzichten müssen. "Die Menschen wünschen sich nichts sehnlicher, als sich endlich wieder im sozialen Miteinander und mit mehr Lebensqualität begegnen zu können. Idealerweise tun sie dies in einem kontrollierten Umfeld, welches die deutsche Veranstaltungswirtschaft mit ihrer Expertise durchaus gewährleisten kann", lautet das Fazit im Schreiben an die Kanzlerin. Dieser Blick nach vorne bedeute auch eine Perspektive für zehntausende Unternehmen und Millionen von Erwerbstätigen und abhängig Beschäftigten. "Sie alle wollen nach achtzehn Monaten der Untätigkeit wieder ihre Berufe ausüben und nicht mehr auf staatliche Förderungen angewiesen sein."

Hintergrund

Die deutsche Veranstaltungswirtschaft ist der sechstgrößte Wirtschaftszweig Deutschlands. Mit hohen Wertschöpfungseffekten in benachbarten Branchen wie Messe, Tourismus oder Gastronomie ist sie ein zentraler Motor für die Gesamtwirtschaft. Ziel der Allianz "Forum Veranstaltungswirtschaft" ist es, Netzwerke, Kompetenzen und Ressourcen zu bündeln, um damit und durch einen gemeinsamen Auftritt bei der politischen Lobbyarbeit noch schlagkräftiger zu sein.

Zu den Unterzeichnern des offenen Briefes gehören:

Prof. Jens Michow, Geschäftsführender Präsident Bundes- Verband der Konzert- und Veranstaltungs- wirtschaft (BDKV) e.V.

Marcus Pohl, Vorstand Interessengemeinschaft der selbständigen Dienstleister:innen in der Veranstaltungsbranche (ISDV) e.V.

Timo Feuerbach, Geschäftsführer Europäischer Verband der Veranstaltungs-Centren (EVVC) e.V.

Axel Ballreich, Erster Vorsitzender der LiveMusikKommission e.V. (LiveKomm)

Linda Residovic, Geschäftsführerin Verband für Medien- und Veranstaltungstechnik (VPLT) e.V.

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