"Parkstadt Dösen" birgt dunkles Kapitel: Die Opfer waren Kinder

Geschichte Nervenheilanstalt soll an Kindereuthanasie erinnern

Leipzig. 

Leipzig. Im Juni verabschiedete die Leipziger Ratsversammlung den Bebauungsplan zur "Parkstadt Dösen" im Stadtteil Meusdorf. Auf dem 14, 6 Hektar großen Areal des ehemaligen Park-Krankenhauses Dösen entstehen per denkmalgerechter Sanierung 600 Wohnungen. Nun beschlossen die Ratsmitglieder, dass dort in "angemessener, aber deutlich sichtbarer Form" der Geschichte als Nervenheilanstalt in der NS- Zeit und den Opfern der "Kindereuthanasie" gedacht werden soll.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hatte die Vorlage eingereicht. Laut Beschluss soll zudem an das ab 1939 in Dösen untergebrachte isreaelitische Krankenhaus erinnert werden. Von dort wurden Mitarbeiter und Patienten seinerzeit in Konzentrationslager deportiert. Dafür sind ein oder mehrere Gedenkstelen geplant.

Vergiftungen mit Luminal

Laut Historie leitete zwischen 1918 und 1928, später erneut von Januar bis April 1940, der Mediziner Hermann Paul Nitsche die Klinik. Demnach entwickelte und "erprobte" er im Vorfeld der nationalsozialistischen "Kindereuthanasie" mit den Oberärzten Georg Renno und Herbert Schulze ein Vergiftungsschema mit Luminal. Letzteres ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Barbiturate.

Die betroffenen Kinder erhielten über mehrere Tage hinweg leicht überdosierte Luminalgaben. Mit zeitgleicher Unterernährung habe dies in kurzer Zeit zum Tod der Opfer durch Lungenentzündung geführt, hieß es. Nitsches Nachfolge als Direktor übernahm Emil Eichler. Unter seiner Leitung wurde auf Initiative des Kinderarztes Werner Catel im Oktober 1940 eine kinderpsychiatrische Abteilung eingerichtet.

Morden in der "Kinderfachabteilung"

"In dieser vom Arzt Arthur Mittag geleiteten "Kinderfachabteilung" wurden zwischen November 1940 und 7. Dezember 1943 - Tag der Verlegung der Kinderfachabteilung in die Landesanstalt Großschweidnitz bei Löbau - 551 Kinder und Jugendliche nach Nitsches "Luminal-Schema" systematisch ermordet", so die Quellen.

Anstaltsleiter Nitsche wurde im Dresdner Euthanasieprozess 1947 zum Tode verurteilt. Die furchtbare, systematische Ermordung psychisch kranker Kinder ist mit dem Ort untrennbar verbunden. Daher wird das dunkle Kapitel jetzt beschlossenermaßen in die Erinnerungskultur der Stadt Leipzig einfließen.

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