Sollte Sexarbeit in Deutschland komplett legalisiert werden?

SEXARBEIT Branche wird oft vergessen

Die gesellschaftliche Debatte um das Anbieten und Bezahlen von sexuellen Dienstleistungen ist in Deutschland besonders gespalten. Sexarbeit ist hier legal, solange sie auf freiwilliger Basis erfolgt. "Zwangsprostitution" ist hingegen illegal und wird strafrechtlich nachverfolgt. Auch freiwillige Sexarbeit ist wirklich alles andere als einfach, vor allem, weil Arbeiter:innen in diesem Bereich immer noch enorm stigmatisiert und diskriminiert werden und Freier sich oftmals  nicht respektvoll verhalten. Auch deshalb arbeiten viele in der Anonymität und führen eine Art Doppelleben.

In Deutschland gilt seit 2017 das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG), wodurch eine Anmeldepflicht, eine gesundheitliche Pflichtberatung sowie eine Erlaubnispflicht für das Prostitutionsgewerbe eingeführt wurde. Da dieses Gesetz dem berechtigten Wunsch der Sexarbeiter:innen nach Anonymität nicht unbedingt nachkommt, arbeiten nach wie vor viele unangelemdet in der "Illegalität" und sind dadurch weiterhin gesundheitlichen und persönlichen Gefahren ausgesetzt. Weitere Gründe für sind beispielsweise Sprachbarrieren und mangelnde Hilfsangebote. 

Berufsverbot in der Pandemie

Durch die Pandemie haben sich die Arbeitsbedingungen für Sexarbeiter:innen zusätzlich erschwert. Relativ zügig wurde ein Berufsverbot angeordnet, ohne wirkliche Perspektiven. Da das Prostitutionsgewerbe rechtlich nicht gleichgestellt mit anderen Branchen ist, wurde es auch bei politischen Entscheidungen bzgl. Coronahilfen etc. wenig miteinbezogen und berücksichtigt. Entsprechende Beratungsstellen waren zunehmend überfordert und die prekäre Lage der Arbeiter:innen wurde somit besonders deutlich. Wie auch in einigen anderen Berufsbereichen wird also klar: Es muss sich etwas ändern. Grundsätzlich werden dabei zwei Meinungslager deutlich.

Zwei Modelle als mögliche Lösung des Dilemmas?

Zum einen das sogenannte "Nordische Modell", welches unter anderem in Schweden gilt und vorsieht das das Kaufen, jedoch nicht das Angebot sexueller Dienstleistungen bestraft wird. Es gilt also ein sogenanntes "Sexkaufverbot", die Freier haften, die Sexarbeiter:innen nicht. Gleichzeitig werden Sexarbeiter:innen durch Beratungsstellen dabei unterstützt, aus der Branche auszusteigen. Dieses Modell klingt erstmal schlüssig, jedoch bezieht es zu minder die Bedürfnisse von Sexarbeiter:innen mit ein und stellt verstärkt als Opfer dar. Ergebnisse deuten darauf hin, dass Sexarbeit somit wieder in den Untergrund rutscht, was eine Gefahr für die Arbeiter:innen darstellt. Durch die Illegalität eines Sexkaufs sind die Freier einem zusätzlichen Druck ausgesetzt, wodurch auch Gewalt gegenüber den Sexarbeiter:innen verstärkt wird. Ebenso kann durch dieses Modell schlecht die Stigmatisierung von Sexarbeit generell behoben werden. Eine andere Möglichkeit ist die Entkriminalisierung durch komplette Legalisierung von Sexarbeit, wie sie beispielsweise in Neuseeland gilt. Dort ist Sexarbeit ab 18 Jahren erlaubt, dabei ist nur Safer-Sex legal, Werbung nur eingeschränkt erlaubt und Sexarbeit für Personen mit neuseeländischen Visa nicht zulässig. Zudem müssen sich Bordellbetreiber zertifizieren lassen und können jederzeit inspiziert werden. Generell kommt das "neuseeländische Modell" der Vorstellung einer liberalen Gesellschaft näher als das "nordische Modell", da es aktiv gegen die Vikimisierung und Stigmatisierung von Sexarbeiter:innen arbeitet und deren rechtliche Lage verbessert. Dennoch hat auch dieses Modell seine Mängel und Dunkelzonen und birgt durchaus Potenzial für Verbesserung.

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