Nun ist es endgültig - 2020 wird es keinen Motorrad Grand Prix auf dem Sachsenring geben. Mit dem deutschlandweiten Verbot von Großveranstaltungen bis zum 31. August, wenngleich die Details Ländersache sind, war der vom 19. bis 21. Juni geplante WM-Lauf Geschichte. Offiziell abgesagt wurde er allerdings erst am heutigen 29. April, denn Optimisten klammerten sich noch an den Strohhalm einer Terminverschiebung in den September oder gar Oktober. Nach weiterer Prüfung aller alternativen Optionen durch den MotoGP-Rechteinhaber DORNA und den ADAC e.V. als Veranstalter kam man zum Schluss, dass Rennen in diesem Jahr auszusetzen und im Sommer (Juni oder Juli) 2021 auszutragen.
2020er-Tickets behalten Gültigkeit für 2021
Alle bereits gekauften Tickets (ca. 70.000) behalten für die 2021er-Ausgabe ihre Gültigkeit, sodass diese Fans zumindest den Vorteil haben, ihren Wunschsitzplatz zu behalten. Zudem erhalten alle Käufer von Tickets vor dem 30. April 2020 am Grand-Prix-Wochenende im kommenden Jahr an der Tageskasse kostenlos eines der begehrten Kunststofftickets im 2021er Design mit Schlüsselband. Es besteht aber auch die Möglichkeit, unter der Ticket-Hotline 03723/8099111 (Montag bis Freitag, 8 bis 18 Uhr) oder per E-Mail an info@sachsenring-event.de die Tickets zurückzugeben.
Wie der ADAC mitteilte, hat die Verschiebung des diesjährigen Rennens keine Auswirkung auf die Zukunft des Motorrad Grand Prix von Deutschland auf dem Sachsenring. Der ADAC e.V. ist bereits seit dem vergangenen Jahr in Gesprächen mit der DORNA hinsichtlich der Verlängerung der bestehenden Vereinbarung über das Jahr 2021 hinaus.
Reifliche Überlegungen
Im Rahmen einer Telefon-Pressekonferenz erklärte der Leiter Motorsport und Klassik beim ADAC, Thomas Voss: "Wir haben uns natürlich schon seit vielen Wochen Gedanken gemacht. Letztendlich war uns die Gesamtsituation zu unsicher, allen Beteiligten, sprich den Fans, Teams, Lieferanten, Tribünenbauern und allen Lieferanten, die für diese Großveranstaltungen benötigt werden, etwas Verbindliches sagen zu können. Somit sind wir schweren Herzens zu der Überzeugung gelangt, diesen Weg zu gehen."
Im Raum stand beim ADAC auch ein sogenanntes Geisterrennen, um gegebenenfalls dem Vertragspartner DORNA zu helfen, eine halbwegs vernünftige WM durchzuführen. Allerdings ist der Sachsenring mit seinen deutlich höheren Rüstkosten, wie zum Beispiel der Bereitstellung mobiler Energieaggregate oder dem Verlegen von Sanitär- und Versorgungsleitungen im Fahrerlager, gegenüber permanenten Rennstrecken im Nachteil und daher nicht die erste Wahl. "Der Sachsenring lebt vor allem von seinen vielen tollen Fans, und die standen bei unseren Überlegungen im Vordergrund. So etwas wollten wir ihnen nach 22 Jahren nicht antun", so noch einmal Thomas Voss, der bei dieser Gelegenheit einen Appell an den Freistaat Sachsen richtete: "Da Wintersport und andere Sportarten vom Freistaat sehr gut gefördert werden, wäre es schön, sich auch zum Motorrad Grand Prix auf dem Sachsenring deutlich zu bekennen und ihn wirtschaftlich so unterstützen, wie er andere Sportstätten und Sportarten unterstützt. In Kürze wird es dazu mit der Landesregierung die ersten Gespräche geben."
Zu den weiteren Folgen erklärte Thomas Voss: "Wir habe sehr wohl schon ein paar Einbußen, wie die Lohnkosten in der Sachsenring Event GmbH und die vielen Vorarbeiten wie zum Beispiel die Bewerbung und das Ticketing. Natürlich ist auch der eine oder andere Dienstleistungsvertrag so gestaltet gewesen, dass Vorauszahlungen fällig waren. Gegenüber der DORNA ist der Vertrag formal auf Grund höherer Gewalt ausgesetzt. Das gibt dieser Vertrag her."
Enormer Schaden für die Region
In der gleichen Telefon-PK- äußerte sich das Vorstandsmitglied für Sport beim ADAC Sachsen, Peter Weidinger, folgendermaßen: "Wir lagen in Sachen Umbaumaßnahmen und Anpassungen voll im Plan. Mit dem Tribünenaufbau haben wir noch nicht begonnen. Wir gehen nun wieder von einem Termin im Juni oder Juli 2021 aus und haben nun für die Vorbereitungen auch diesbezüglich einen entsprechenden Vorlauf. Wir schauen nach vorn. Wir sind eine motorsportbegeisterte Region, in der die Fans hinter dem Sachsenring stehen. Auch wenn sie natürlich nicht begeistert sind, haben sie Verständnis für die jetzige Situation. Für die Region rechne ich mit einem zweistelligen Millionenbetrag Umsatzverlust."
Sportlicher Ausrichter zumindest von Klarheit erleichtert
Natürlich war auch seitens der Helfer ein gewisser Stand der Vorbereitungen bereits erreicht. Dazu erklärt Olsen Hänel, der Vorsitzende des sportlichen Ausrichters AMC Sachsenring: "Die endgültige Absage ist zwar schlimm, aber für uns ist diese Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt besser, weil sie eine klare Aussage ist. Eine Verschiebung in den September wäre bei unseren Helfern gar nicht so ohne Weiteres möglich gewesen. Das ist für uns jetzt eine gewisse Erleichterung, wenngleich wir bis hierher alles umsonst gemacht haben. Aber mit diesem Schicksal sind wir nicht die Einzigen. Natürlich haben wir vorbereitungstechnisch viele ehrenamtliche Leistungen bisher erbracht. Das lässt sich bei uns aber nicht in Zahlen ausdrücken. Es bleibt zu hoffen, dass die Sponsoren und Partner alle dabei bleiben und dass es die Region wirtschaftlich nicht so hat trifft, wie zu befürchten ist. Ansonsten bereiten wir uns jetzt weiter auf unser Mini-Bike-Rennen Anfang Juli in der Arena E in Mülsen vor, weil die Serie noch in Planung ist. Das ist ja keine Großveranstaltung, sondern eine reine Teilnehmer- und Fahrveranstaltung, wobei dahinter auch noch Fragezeichen hinsichtlich der ganzen behördlichen Auflagen stehen. Genauso hinter dem ADAC GT Masters Ende September auf dem Sachsenring. Das ist für uns von der sportlichen Durchführung her aber eine vergleichsweise kleine Veranstaltung."
Ehrenamtlich Helfer blieben bis zum Schluss bei der Stange
Ähnlich Gedanken hat Grit Adling, die dem Förderverein Sachsenring vorsteht. Der kümmert sich alljährlich um die Bereitstellung von rund 700 Helfern für die Bereiche Parkplätze, Tribünen, Verkehrslenkung, Shuttle-Dienste etc. Sie sagt: "Es ist für alle ganz schade, dass der Grand Prix in diesem Jahr ausfällt, weil alle mit viel Herzblut dranhängen und auch kurzfristig noch was auf die Beine gestellt hätten. Man musste damit rechnen, wobei das zuletzt eine ziemliche Hängepartie war. So haben auch wir jetzt zumindest Klarheit. Die Entscheidung ist durch die aktuelle Lage nun so getroffen worden, und wir müssen diese mittragen. Wir werden weiterhin alles dafür tun, um diesen Event im nächsten Jahr wieder zu einem großen Höhepunkt werden zu lassen. Natürlich haben wir nun viel Vorarbeit umsonst gemacht und auch ein paar Kosten gehabt, aber gegenüber Dritten sind bei uns keine materiellen Aufwendungen angefallen. Viele Helfer haben, trotz aller Zweifel, bis zuletzt zu uns gestanden und ihre Bereitschaft aufrecht erhalten. Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei allen dafür bedanken, dass sie so lange zur Stange gehalten und uns gezeigt haben, wie wichtig das ihnen alles ist. Ebenfalls möchte ich anmerken, dass wir als Förderverein Sachsenring auch weiterhin auf Gönner und Unterstützer angewiesen sind."