5 Trends, die uns gerade besonders Lust auf Bier machen

Von Retro-Kult bis Tastings Sauerbier mit tropischen Früchten, Brauen mit altem Getreide: Beim Bier sind retro und handgemacht jetzt angesagt. Und: Die starken Craft Beers wollen nun soft sein. Welche Trends gibt es noch?

Bier zu trinken, ist für viele Menschen völlig normal. Und in manchen Situationen schlicht eine gesellschaftliche Gepflogenheit: das Weißbier zum Weißwurstfrühstück, das Kölsch in der Kneipe, das Wegbier vom Berliner Späti.

Doch der Bierdurst der Deutschen geht seit Jahren zurück. Vor allem in den Generationen Y und Z ab den Geburtsjahrgängen 1980 und 1995 ist das Bier kein Getränk mehr, das einfach dazu gehört. Das zeigt die repräsentative Bierkonsum Trendstudie 2025.

Die Branche ist deshalb im Umbruch - und setzt auf Kreativität und Innovationen, um wieder mehr Leute auf den Geschmack zu bringen.

Hier kommen die fünf wichtigsten Trends:

Trend 1: Craftbeer wird erwachsen

Kurzer Exkurs: Was sind überhaupt Craftbiere?

Der Deutsche Brauer-Bund definiert sie als "meist hopfen- beziehungsweise malzbetonte, aromaintensive, individuelle Biere, die von Experimentierfreude und Regionalität geprägt sind."

Die romantische Ursprungsidee: Craftbeer entsteht in kleinen, von Konzernen unabhängigen Brauereien. Ein cooler Braumeister - am besten mit Vollbart und Tattoos - beschert dem Getränk eine neue Hipness.

Der Trend schwappte vor einigen Jahren aus den USA nach Europa.

"Craftbeer hat dafür gesorgt, dass die Menschen wieder mehr auf das Handwerksprodukt Bier geschaut haben", sagt Uwe Lebok, Co-Autor der Trendstudie 2025. "Bier ist ein Stück weit wiederentdeckt worden."

Das Craftbeer aus den USA hat die deutschen Brauer inspiriert - und sei es nur bei der Vermarktung. In Franken habe es schon immer Craftbeer-Brauer gegeben, sagt Lebok. Nur hätten die kleinen Erzeuger still vor sich hin gebraut, ohne groß über ihre Biere zu sprechen.

Mittlerweile sei der große Hype ums Craftbeer zwar abgeflaut, sagt Mareike Hasenbeck, Bier-Sommelière aus dem bayerischen Aying. Doch das Craftbier sei "in der Gesellschaft angekommen".

Feststeht: Craftbeer wird beliebter.

Das zeigt der Bier Monitor 2022, eine repräsentative Umfrage von Splendid Research: Mehr als die Hälfte der Biertrinker in Deutschland (53 Prozent) hat schon einmal eines dieser mit einer individuellen Note versehenen Biere probiert. Ein Zuwachs um 10 Prozentpunkte im Vergleich zur Studie aus dem Jahr 2020.

Das bedeutet allerdings nicht, dass auch die kleinen Craftbeer-Brauer davon profitieren. Laut Trendstudie produzierten die Mikrobrauereien 2018 eine Rekordmenge von 222 466 Hektolitern. Danach ging die Menge wieder kontinuierlich zurück. Woran kann das liegen?

Die großen Brauereien haben den Trend vereinnahmt

Die Branchenriesen haben sich die vielen kleinen Craftbeer-Betriebe zum Vorbild genommen und eigene Biere mit stärkerem Eigengeschmack auf den Markt gebracht. Das zeigt sich an der Rangliste der bekanntesten Craftbeer-Marken.

Hier tauchen ganz oben Brauereien auf, die auch klassische Biere produzieren:

  1. Störtebeker (Stralsund)
  2. Craftwerk (Bitburger Braugruppe, Bitburg)
  3. Maisel & Friends (Bayreuth)
  4. Hopfmeister (München)
  5. Ratsherrn (Hamburg)
  6. Brewdog (Schottland)
  7. Rügener Insel-Brauerei (Rambin auf Rügen)
  8. Berliner Berg (Berlin)
  9. Brooklyn Brewery (New York City)
  10. Braukunst Berlin (Berlin)

Wer waren die Pioniere in Deutschland?

  • Schon 2013 rief die Bitburger Braugruppe die Marke Craftwerk Brewing ins Leben.
  • Noch früher war die Radeberger Gruppe mit der Marke Braufaktum dran – einer der allerersten Anbieter aus der Industrie.

Fazit: "Die Craftbeer-Bewegung hat den Biermarkt umgekrempelt", sagt Bier-Sommelière Hasenbeck. Doch den Rückgang des Bierkonsums konnte sie nicht aufhalten. Die Zahlen sinken seit Jahren.

Trend 2: Die neue Trinkbarkeit

Anfangs setzte die Craftbeer-Szene auf wuchtige, hochprozentige, stark aromabetonte Gebräue. Selbst Trinkfreudige machten oft nach einem Glas Schluss - Genuss hin oder her.

Beispiele sind das hopfenlastige IPA (India Pale Ale), quasi das Flaggschiff der Craftbeer-Bewegung, und das eine oder andere Stout.

Doch jetzt schlägt das Pendel zurück: Milde Biere stehen bei den Konsumenten immer höher im Kurs, heißt es beim Deutschen Brauer-Bund.

Bierexpertin Hasenbeck nennt das "Drinkability", die bestmögliche Trinkbarkeit. Das Bier soll süffig sein, leicht hinuntergehen.

Mehr Alkohol, mehr Hopfengeschmack, mehr Malz: Davon sind die Brauer weitgehend abgerückt, hat die Bier-Sommelìere beobachtet.

Viele IPAs der großen Brauereien weisen kaum noch einen höheren Alkoholgehalt auf als normale Pilsbiere.

Die besonders kräftigen Imperial IPAs mit 8 oder 9 Volumenprozent Alkohol waren lange Zeit das Nonplusultra. Mittlerweile habe sich das IPA etwa bei 6 Prozent eingependelt, sagt Hasenbeck. "Viele Brauer setzen auch hier eher auf hohe Trinkfreude."

Dazu passt ein weiterer Trend: Das Helle ist äußerst hip.

Hasenbeck nennt es "die wohl süffigste Allround-Biersorte." Auch nördlich des bayerischen Weißwurst-Äquators erfreut sich das feinwürzige und wenig gehopfte Lager immer größerer Beliebtheit. Es sei zu einer "gesamtdeutschen Sorte" gereift, sagt die Expertin.

Geschmacksvorteil: Helles ist weniger bitter als Pils. Es spricht damit eine neue Zielgruppe an, stellt die Trendstudie 2025 fest.

Der Deutsche Brauer-Bund bestätigt einen deutlichen Zuwachs beim Absatz, der allein 2021 um 14 Prozent zulegte. Bundesweit ist das Helle nach dem Pils zur zweitbeliebtesten Sorte aufgestiegen.

Trend 3: Retro ist angesagt

"Tradition.Neugebraut" lautet der Slogan einer Craftbeer-Brauerei aus Berlin. Der Werbespruch bringt auf den Punkt, was gerade angesagt ist: das Althergebrachte mit einem modernen Anstrich.

Die Marktforschung belegt den Trend: Laut Deutschem Brauer-Bund werden regionale Spezialitäten wie Landbiere, Sauerbiere und Kellerbiere, die zum Teil auf alten oder neu interpretierten Rezepturen beruhen, bei den Konsumenten immer beliebter.

"Durch die Craftbeer-Bewegung erleben auch uralte Bierstile, die als nahezu ausgestorben galten, eine Renaissance", sagt Hasenbeck.

  • Die Berliner Weiße, ein Sauerbier, ist nicht nur in mancher Berliner Kneipe wieder gefragt, sondern auch international. In Brasilien etwa ist das Catherina Sour populär: eine Art Weiße, aber mit Früchten wie Maracuja, Guave, Pitanga oder Caju gebraut. Caju ist die Frucht, die den Cashewkern hervorbringt.
  • Überhaupt sind Sauerbiere international im Aufwind. "Sie gelten als erfrischend und können hervorragend als Aperitif gereicht werden", sagt Hasenbeck. In Skandinavien beispielsweise probiere man sich am Brauen von Sauerbier mit regionalem Touch, indem man heimische Früchte wie die Moltebeere in den Kessel werfe.
  • Zu den schäumenden Trendsettern zählt auch die Gose. Das aus Goslar im Harz stammende Bier wird traditionell mit Salz und Koriander gebraut. Es gibt eine kuriose Spielart, die Gurkengose, die tatsächlich mit dem gleichnamigen Gemüse gebraut wird. "Sieht aus wie Helles, riecht nach Gurke", sagt Bierkenner Uwe Lebok.

Schon gewusst? Das Reinheitsgebot erlaubt im Brauprozess kein Gemüse. Deshalb verzichten die betreffenden Braumanufakturen in Deutschland auf dem Etikett auf den Begriff Bier. Ein kleiner deutscher Betrieb im oberfränkischen Schlüsselfeld hat ihn durch die Worte "Alkoholhaltiger Salat" ersetzt.

  • Nahezu vergessen war auch das Kölner Wiess, der naturtrübe und etwas vollmundigere Vorreiter des Kölsch. Mittlerweile haben es kleine und größere Brauereien in der Domstadt wieder im Angebot.
  • Das Rauchbier war lange Zeit nur in der Bierstadt Bamberg ein Begriff. Nun macht sich das Gebräu wieder einen Namen. Es hat wegen des geräucherten Malzes viel Charakter. Gerstensaft mit Raucharomen wird mittlerweile auch in England, den Niederlanden, Australien, den USA und Brasilien gebraut. In der brasilianischen Stadt Blumenau heißt die entsprechende Sorte "Eisenbahn".

An manchem Braukessel fühlt man sich wie auf einer Reise in die Vergangenheit. Laut Uwe Lebok kehren Biere nach mittelalterlicher Herstellungsweise zurück. Zwei Beispiele:

  • In Oberfranken werden Steinbiere kreiert, deren Maische nicht auf dem Feuer, sondern auf heißen Steinen auf Temperatur gebracht wird.
  • Eine Bio-Brauerei im niederbayerischen Riedenberg setzt Sude mit Emmer an. Das ist ein weiterer Trend: Biere mit alten Getreidesorten brauen wie früher im Orient, berichtet Lebok.

Der Retro-Trend zeigt sich auch im Design der Flaschen. Etliche Brauereien hätten ihre Labels umgestaltet, so Lebok. Entweder kehrt man wieder zum ursprünglichen Etikett zurück.

Oder man klebt neue Designs im alten Look auf die Flaschen, gestaltet mit historischen Gebäuden oder althergebrachten Motiven wie Dirndl, Brezn und Rautenwappen. "Man will weg vom Hochglanzeffekt der großen Brauereien", sagt Lebok.

Außerdem zu beobachten: Die Euro-Flasche ist wieder da. Das gedrungene Format mit 0,5 Liter löste in den 1950er Jahren die Bügelverschluss-Flasche als meistverwendete Bierflasche ab - und blieb es bis in die 1980er Jahre. Dann kamen schlanke Flaschen auf.

Trend 4: Saisonale Biere

Manche Biere werden nicht das ganze Jahr über gebraut - sondern anlässlich von Veranstaltungen oder zu bestimmten Jahreszeiten.

Das Oktoberfestbier zum Beispiel legen Brauereien zum weltweit größten Volksfest auf der Münchner Theresienwiese mit festgelegter Stammwürze auf. Es dürfte vielen ein Begriff sein.

Doch es gibt noch viele andere Anlässe für spezielle Biere. Dabei ist nicht immer klar, ob es sich um Marketing handelt oder echte Kreativität dahintersteckt: "Manche Brauereien labeln ihre Flaschen nur anders, andere fertigen Spezialsude an", sagt Lebok.

Beispiel: Das Viehscheidbier wird im Allgäu eigens zum Almabtrieb gebraut. Dabei werden die Kühe zum Ende des Sommers von den Bergwiesen ins Tal getrieben. Tausende Besucher strömen jedes Jahr herbei, um sich das Spektakel anzuschauen. Bierzelt und Blasmusik dürfen nicht fehlen - und ein besonderes Gebräu.

"Saisonale Bierspezialitäten sind definitiv ein Trend", sagt Sommelière Hasenbeck. Immer mehr kleine Landbrauereien befeuern die Kessel zum Winter für stärkere und kräftigere Biere.

Im Angebot sind Winterfestbiere, Weihnachtsbiere, Winterbockbiere oder Doppelbockbiere mit höherem Stammwürzegehalt. Brauereien lassen sich Namen einfallen wie "Wintertraum" oder "Royal X-Mas".

"Im Sommer werden dagegen fruchtigere und leichtere Biere aufgelegt", sagt Uwe Lebok. Während Bockbiere typischerweise einen Alkoholgehalt von 6,5 Volumenprozent haben, liegen die Sommerbiere oft bei 3 Prozent. "Da kann man schon mal zwei Halbe trinken."

Als Übergangsbier kann das Osterbier gelten, ein Festbier aus der Gattung Märzen, stark eingebraut und trinkbar zugleich.

"Die besondere Süffigkeit erreicht das Osterbier durch die lange Lagerung und Gärung", schreibt das Portal Biermap24.de.

Ein Spezialfall unter den anlassbezogenen Gebräuen sind die sogenannten Eventbiere. Dabei handelt es sich mehr oder minder um individualisierte Biere.

Nach Kundenwunsch werden zu Hochzeiten, Firmenfeiern oder Geburtstagen Etiketten gestaltet, manchmal sogar eigens Biere gebraut. Teils darf man beim Brauen mitwirken.

  • Vorlauf bei Bestellungen: sechs bis acht Wochen
  • Mindestabnahme: oft mehrere Hundert Liter

Trend 5: Bier-Tastings

Der Bierdurst ist zwar seit Jahren rückläufig, doch die Biervielfalt nach wie vor riesig. Und damit unübersichtlich.

Besonders in Italien lassen Braumeister ihrer Kreativität auch jenseits des Reinheitsgebots freien Lauf: "Die verrücktesten Biere kommen von dort", hat Lebok beobachtet. Und: "In Italien trinkt man Bier mittlerweile als Aperitivo."

Beispiel: Eine Brauerei aus Bozen hat einen Smoky Bock im Angebot, gebraut nach Bamberger Tradition, mit "Rauchnoten gepaart mit einer leichten Malzsüße". Und ein Dark Coffee, das die Macher zu Schokoladentörtchen empfehlen.

Während man in Südtirol auch vor Mais im Brauprozess nicht zurückschreckt, kreiert man in Südkorea Himbeerbiere.

Was Kundinnen und Kunden angesichts dieser Vielfalt Orientierung geben soll, sind Bier-Tastings. Wie bei einer Weinprobe, nur eben mit Bier. Angeboten werden sie oft von Spezialitätenläden, wie man sie mittlerweile in vielen Städten findet.

"Das hat gewaltig zugenommen", sagt Bierkennerin Hasenbeck.

Was mit Corona aufkam und sich seitdem etabliert hat, sind auch Online-Tastings. Dabei arbeiten Bier-Sommelièrs mit Shops zusammen, bei denen sich die zu degustierenden Biere bestellen lassen. Dann treffen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer per Video-Schalte virtuell und trinken unter kenntnisreicher Anleitung Bier.

Eine gute Gelegenheit, um neue und ausgefallene Biere kennenzulernen, sind auch spezielle Festivals. Hasenbeck empfiehlt folgende:

  • Die Berlin Beer Week gilt als größtes Craftbeer-Event in Europa und findet immer im Spätsommer statt (1. bis 10. September 2023).
  • Die Hamburg Beer Week (8. bis 17. September 2023) findet an über 45 Standorten über die Stadt verteilt statt.
  • Bei der Lingener Bierkultur im niedersächsischen Lingen an der Ems (2. und 3. September 2023) können Besucher - mit einem Pfandglas in der Hand - die Kreationen von rund 20 Brauereien probieren.
  • Auf dem London Craft Beer Festival (11. und 12. August 2023) stehen mehr als 100 Biere von über 100 Brauereien zur Auswahl.
  • Die Copenhagen Beer Celebration (5. und 6. Mai 2023) hat den Anspruch, die besten Biere aus aller Welt zu präsentieren. Das Event will außerdem Bierfans und Brauer zum Austausch zusammenzubringen.
  • Am Tallinn Craft Beer Weekend in Estlands Hauptstadt (5. und 6. Mai 2023) präsentieren sich nicht nur estnische, sondern auch US-amerikanische, polnische oder ukrainischen Brauereien.
  • Das Great American Beer Festival in Denver im US-Bundesstaat Colorado (21. bis 23. September 2023) gilt als eine der größten Veranstaltungen ihrer Art weltweit.
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