8 Dinge, die Sie vor einer Scheidung wissen sollten

Vermögen, Unterhalt, Sorgerecht Soll ich mich scheiden lassen? Viele Menschen stehen irgendwann vor dieser schwierigen Frage. Dieser Überblick zeigt, was eine Scheidung rechtlich für Ihr Vermögen und Ihre Familie bedeutet.

Berlin/Marburg. 

Was bei der Hochzeit unvorstellbar scheint, ist später oft bittere Realität: Die Ehe scheitert. Etwa jedes dritte Ehepaar in Deutschland lässt sich scheiden. Neben der emotionalen Belastung bringt eine Scheidung viele rechtliche und finanzielle Fragen mit sich. Damit Sie wissen, was auf Sie zukommt, haben wir die acht wichtigsten Fakten zusammengestellt.

1. Wer sich einvernehmlich einigt, kommt günstiger weg

Rechtlich werden zwei Arten der Scheidung unterschieden:

1. Einvernehmliche Scheidung

Beide Partner sind sich über die Folgen der Scheidung weitgehend einig.

Hier kann sich eine Scheidungsfolgenvereinbarung lohnen. Das ist ein Vertrag, der wichtige Punkte wie Unterhalt, Vermögensaufteilung, Sorgerecht, Umgangsrecht und den Versorgungsausgleich regelt. Er muss von einem Notar beurkundet werden, um rechtswirksam zu sein.

"Das ist immer besser als eine gerichtliche Auseinandersetzung", sagt Klaus Weil, Fachanwalt für Familienrecht aus Marburg.

Die Vereinbarung ist sinnvoll, wenn beide Partner die Folgen der Scheidung im guten Willen und ohne einen langen Gerichtsprozess klären wollen. Dadurch spart man Zeit, Geld und Nerven.

Die Gerichts- und Anwaltskosten hängen vom Verfahrenswert ab, der sich am Einkommen und Vermögen der Ehepartner orientiert. Die Summe ist nicht ganz einfach zu berechnen und sehr individuell.

2. Streitige Scheidung

Hier werden sich die Partner nicht einig und streiten vor Gericht über Punkte wie Vermögen, Unterhalt oder Sorgerecht. Das Verfahren macht die Scheidung langwieriger und kostspieliger.

"Teuer wird es immer dann, wenn sich das Paar sehr lange über jeden Kleinkram streitet", sagt Eva Becker, Vorsitzende des Ausschusses für Familienrecht beim Deutschen Anwaltverein. Oft laufen dann gleich mehrere Verfahren, etwa zu Vermögen, Unterhalt und Umgang.

"Da kommt es häufig irgendwann zum Ermüdungsvergleich", sagt Becker. Beide Seiten haben keine Kraft mehr und einigen sich. "Am Anfang streitet man um 1000 Euro, am Ende sind 10 000 Euro auch egal."

Ohne Kompromisse geht es nicht. "Aber manche geben das Geld lieber ihrem Anwalt als ihrem Partner", sagt Weil, der schon Verfahren erlebt hat, wo erbittert um ein Bügelbrett gestritten wurde.

2. Ohne einen Anwalt geht es nicht - meist braucht es zwei

Wer die Scheidung wünscht, braucht immer einen Anwalt. Nur der kann den Scheidungsantrag beim Familiengericht einreichen.

Der andere Partner kann einfach zustimmen, ohne sich selbst einen Anwalt zu nehmen. Das spart Kosten. Das Gericht prüft dann lediglich noch die formellen Voraussetzungen für die Scheidung.

Wer den Scheidungsantrag einfach akzeptiert, stimmt damit allerdings allen Forderungen der Gegenseite zu - was selten passiert.

Sobald Punkte strittig sind, brauchen beide einen Anwalt.

3. Wie das Vermögen bei einer Scheidung aufgeteilt wird

Für alles, was das Ehepaar gemeinsam anschafft, ist die Sache recht klar: Diese Vermögenswerte werden aufgeteilt. Das kann ein Haus sein, ein Auto, aber auch die schöne Designerlampe.

Es kommt aber darauf an, wem die Dinge nachweislich gehören. Stehen zum Beispiel wirklich beide Partner im Grundbuch des Hauses? Nur dann haben auch beide Anspruch auf dieses Vermögen.

Dann läuft es häufig auf diese beiden Optionen hinaus:

1. Das Haus wird verkauft und der Erlös aufgeteilt.

2. Einer der Partner übernimmt das Haus und zahlt den anderen aus. Aber: "Die wenigsten sind dazu in der Lage", sagt Becker.

Wenn sich beide Parteien einfach nicht einigen können, bleibt ein letzter Ausweg: Ein Ehepartner beantragt eine Teilungsversteigerung, auch ohne Zustimmung des anderen. "Der Worst-Case", so Becker.

Wichtig: Bei bestehenden Krediten haften beide Partner weiter gegenüber der Bank - egal ob das Haus verkauft oder von einem der Partner übernommen wird. Man kann sich einigen, dass einer den Kredit weiterzahlt und die Immobilie behält. Aber die Bank muss zustimmen, wenn ein Partner aus dem Darlehensvertrag ausscheiden will.

Wenn sie das nicht tut, können die Ehepartner einen notariellen Vertrag abschließen, der die Zahlungsverpflichtungen regelt.

Wie der Zugewinnausgleich berechnet wird

Bei einer Scheidung geht es auch um das Vermögen, das jeder einzelne Partner während der Ehe hinzugewonnen hat - auch dieses Geld wird fair aufgeteilt. Das nennt sich Zugewinnausgleich.

Hintergrund: Wer heiratet und nichts anderes per Ehevertrag vereinbart, bildet rechtlich eine Zugewinngemeinschaft.

Beispiel: Die Frau arbeitet lange in Teilzeit, um sich um die Kinder zu kümmern. Der Mann steigt auf der Karriereleiter auf und verdient über die Jahre immer mehr - hier findet dann ein Ausgleich statt.

Für die Berechnung des Zugewinnausgleichs vergleicht man das Vermögen jedes Partners am Anfang und Ende der Ehe. Bei der Scheidung hat jeder Partner Anspruch auf die Hälfte des gemeinsamen Zugewinns.

Ein weiteres Beispiel: Das Vermögen der Frau wächst während der Ehe um 400 000 Euro, der Mann hat am Ende 100 000 mehr. Der gemeinsame Zugewinn liegt bei 500 000 Euro. Geteilt durch zwei - macht 250 000 Euro, die jedem zustehen. Die Frau muss dem Mann 150 000 Euro zahlen.

Das klingt simpel. Doch meist geht es nicht nur um Barvermögen auf dem Konto - sondern auch um Immobilien und andere Sachwerte.

Beispiel: Der Mann besitzt zu Beginn der Ehe schon ein Haus, das im Lauf der Ehe im Wert steigt. Auch dieser Zugewinn muss ausgeglichen werden - sofern im Ehevertrag nichts anderes vereinbart wurde. Hier wird ein Gutachter herangezogen, um die Immobilie zu bewerten.

Problem: Der Hausbesitzer hat eventuell nicht genug Geld auf dem Konto, um den Zugewinn auszugleichen. Er wäre dann gezwungen, die Immobilie zu verkaufen, um seine Frau auszubezahlen.

"Die Aufteilung des Vermögens ist einer der häufigsten Streitpunkte", berichtet Becker. "Bei Scheidungen geht es fast immer um Geld."

Gut zu wissen: Erbschaften und Schenkungen während der Ehe werden dem Anfangsvermögen zugerechnet. Eine vererbte Immobilie an sich gilt also nicht als Zugewinn - nur deren Wertzuwachs.

4. Schulden werden nicht aufgeteilt

Für gemeinsame Schulden haften auch beide Ehepartner.

Aber: Die Schulden des einen sind in der Ehe nicht automatisch die Schulden des anderen. "Die reinen Schulden werden beim Zugewinn auch nicht ausgeglichen", sagt Rechtsanwalt Weil.

Beispiel:

  • Fall 1: Der Mann hat keinen Zugewinn, die Frau 400 000 Euro. Somit bekommt der Mann bei der Scheidung 200 000 Euro.
  • Fall 2: Die Frau macht 400 000 Euro plus, der Mann hat 100 000 Euro Schulden. Die Differenz beträgt nun zwar 500 000 Euro. Die Frau muss aber trotzdem nur 200 000 Euro zahlen. Die Frau wird nicht zusätzlich belastet, weil der Mann in der Summe im Minus ist.
  • Fall 3: Der Mann hat wie die Frau 400 000 Euro Vermögen, aber zusätzlich 100 000 Euro Schulden. Es ergibt sich eine Differenz von 100 000 Euro. Die Frau muss nun 50 000 Euro zahlen. Hier kommt der Mann auf ein positives Saldo aus Vermögen und Schulden - deshalb verändern die Schulden die Höhe des Zugewinnausgleichs.

Fazit: Niemand haftet bei einer Scheidung für die Schulden des Partners. Die Schulden können aber den Zugewinnausgleich beeinflussen, wenn der Schuldner insgesamt im Plus liegt.

5. Der Besserverdiener muss Rentenpunkte abgeben

Erinnern wir uns ans Beispiel von oben: Der Mann arbeitet Vollzeit, die Frau verzichtet für die Kinder auf Karrierechancen.

Damit beide im Fall einer Scheidung gut im Alter abgesichert sind, gibt es den Versorgungsausgleich. Dabei geht es um die Aufteilung der Rentenpunkte, die beide Partner während der Ehe erworben haben.

Der Ausgleich muss nicht beantragt werden. Das Familiengericht prüft ihn automatisch, wenn die Scheidung eingereicht wird.

So funktioniert es: Es wird geschaut, wie viele Rentenpunkte jeder Partner in der Ehezeit erworben hat. Der Partner mit mehr Punkten gibt die Hälfte der Differenz an den anderen Partner ab.

Beispiel:

  • Partner A hat während der Ehe 40 Rentenpunkte erworben.
  • Partner B hat 20 Rentenpunkte erworben.
  • Die Differenz aus 40 minus 20 macht 20 Rentenpunkte.
  • Partner A muss Partner B die Hälfte davon, also 10 Punkte, übertragen.

Von dieser Regel profitiert besonders der Partner, der während der Ehe weniger oder gar nicht gearbeitet hat. Dadurch bekommt diese Person im Alter trotzdem eine angemessene Rente.

Wichtig: Der Versorgungsausgleich umfasst nicht nur die Ansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch aus:

  • Betriebsrenten
  • privaten Rentenversicherungen
  • Beamtenpensionen
  • berufsständischen Versorgungswerken

Die geteilten Ansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge seien aber äußerst schwierig zu berechnen, sagt Weil. Die Berechnungen der Versorgungsträger seien oft intransparent, und niemand rechnet nach.

Ausnahmen:

  • Bei Ehen kürzer als drei Jahre wird der Versorgungsausgleich nur durchgeführt, wenn einer dies ausdrücklich beantragt.
  • Der Ausgleich wird per Ehevertrag ausgeschlossen, wenn die Bedingungen fair und angemessen sind. Das Gericht prüft das.

6. Was für den Unterhalt nach der Scheidung gilt

Unterhalt für den Ex-Partner

Der einkommensstarke Partner muss nachehelichen Unterhalt zahlen, wenn der andere finanziell nicht auf eigenen Beinen stehen kann.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn ein Partner:

  • sich um gemeinsame Kinder kümmert
  • krank ist
  • zu alt für den Arbeitsmarkt ist
  • aus anderen Gründen nicht arbeiten kann

Wie viel Unterhalt gezahlt wird, hängt unter anderem ab von:

  • dem Einkommen der beiden Partner
  • dem Lebensstandard während der Ehe
  • der Dauer der Ehe
  • dem ehebedingten Nachteil (etwa Kindererziehung)

Meistens wird der Unterhalt nur für eine begrenzte Zeit gezahlt, je nachdem, wie schnell der bedürftige Partner wieder selbst für seinen Lebensunterhalt sorgen kann. Die genaue Dauer wird entweder vom Gericht festgelegt oder die Partner einigen sich darauf.

"Wenn zum Beispiel die Frau wieder Teilzeit arbeiten geht, kann sich die monatliche Zahlung verringern", sagt Becker.

Anders sieht es wahrscheinlich aus, wenn sie chronisch krank war und bleibt: "Hier kann es passieren, dass ich als Mann für den Rest meines Arbeitslebens Unterhalt zahlen muss", so die Juristin.

Unterhalt für die Kinder

Der Kindesunterhalt wird so lange fällig, bis das Kind finanziell für sich sorgen kann, etwa nach Ende der Ausbildung oder des Studiums. Von der Unterhaltspflicht ist man als Elternteil also nicht befreit, nur weil das Kind volljährig geworden ist.

Die Höhe der Unterhaltungszahlung wird nach der Düsseldorfer Tabelle berechnet. Darin ist festgelegt, wie viel Geld der Elternteil zahlen muss, der nicht mit dem Kind zusammenlebt. Man spricht vom barunterhaltspflichtigen Elternteil.

Gut zu wissen: Das Kindergeld wird hier anteilig herausgerechnet.

Je mehr die Mutter oder der Vater verdient und je älter das Kind ist, desto höher ist in der Regel der zu zahlende Unterhalt.

Eltern können sich auch für das Wechselmodell entscheiden. Das Kind lebt abwechselnd bei Mutter und Vater. Beide Elternteile teilen sich die Betreuung und tragen die anfallenden Kosten direkt. Wenn jedoch ein bedeutender Einkommensunterschied zwischen den Eltern besteht, kann es zu einer Ausgleichszahlung kommen.

7. Beide behalten das gemeinsame Sorgerecht - mit Ausnahmen

Nach einer Scheidung behalten beide Elternteile in der Regel das gemeinsame Sorgerecht, außer ein Gericht entscheidet anders.

Wenn sich die Eltern über den Aufenthaltsort des Kindes nicht einigen können, entscheidet das Gericht. Es wird dazu auch das Kind anhören und prüfen, ob es von einer Seite unter Druck gesetzt wird.

Schon ab dem 3. Lebensjahr werden Kinder bei Gericht angehört. "In Deutschland wird das extrem ernst genommen", sagt Becker.

Unabhängig davon hat das Kind ein Recht auf regelmäßigen Umgang mit beiden Elternteilen, auch wenn es nur bei einem lebt.

Das Kindeswohl steht immer im Vordergrund. Es gibt Fälle, in denen ein Elternteil das alleinige Sorgerecht bekommt:

  • Gewalt oder Missbrauch
  • Vernachlässigung
  • Suchtkrankheiten
  • schwere psychische Erkrankungen

Denkbar ist, dass etwa der Vater sich nicht um sein Kind kümmern möchte. Dann kann er der Mutter eine Vollmacht ausstellen. Oder die Mutter bekommt das alleinige Sorgerecht, wenn beide Elternteile zustimmen und aus Sicht des Kindeswohls nichts dagegenspricht.

"Das Gericht wird den Vater trotzdem einbestellen und fragen, ob er das wirklich will", sagt Becker. "Es hat ein Interesse daran, dass beide sich kümmern." Denn fällt der alleinig Sorgeberechtigte aus, wird das Kind sofort ein Fall für das Jugendamt.

8. Am Trennungsjahr führt kein Weg vorbei

Das Trennungsjahr ist Pflicht und soll zeigen, dass die Ehe endgültig gescheitert ist. Erst danach kann die Scheidung eingereicht werden.

Das Trennungsjahr beginnt, sobald die Partner getrennt leben - was nach den meisten Trennungen der Fall sein dürfte.

Man kann aber auch im Trennungsjahr als getrenntes Paar zusammen wohnen bleiben, wenn man Haushalt und Alltag strikt trennt.

Eine Verkürzung des Trennungsjahres ist nur in seltenen Härtefällen möglich, etwa bei Gewalt oder anderem schweren Fehlverhalten.

Die Steuerklassen bleiben im Trennungsjahr gleich, ändern sich aber ab dem 1. Januar des Folgejahres. Ein bedürftiger Partner hat in dieser Zeit meist Anspruch auf Trennungsunterhalt.

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