Es ist 6.57 Uhr. Die Regionalligafußballer fahren nach Luckenwalde. Südlich von Berlin. Busfahrer Uwe Rauh vom Plauener Omnibusbetrieb startet pünktlich. BLICK-Reporter Karsten Repert darf heute ausnahmsweise einmal mit in den Mannschaftsbus.
Wir haben viele Fragen
Warum tut man sich das an? Sonntags um diese Uhrzeit losgefahren. Das muss man wollen. Die Frühaufsteher vom VFC Plauen spielen seit diesem Sommer in der Profiliga. Alle gehen arbeiten. Weil es sich der Verein (noch) nicht leisten kann, Profitum einzuführen. Genau das macht diese Jungs so sympathisch. "Wir spielen voller Demut in der Regionalliga. Viele glauben, dass wir nicht in diese Spielklasse gehören. Aber wir haben zuletzt gegen Greifswald und in Chemnitz gewonnen und schon zwölf Punkte. Vielleicht schaffen wir ja den Klassenerhalt", hofft Mannschaftsleiter Thomas Sesselmann.
"Ossi" fehlt: Wo ist der Trainer?
Cheftrainer Karsten Oswald ist übrigens noch nicht an Bord. Der Coach fehlt. Auch einige Spieler. Für den VFC ist es zu teuer, einen Tag früher anzureisen und im Hotel zu übernachten. Deshalb werden alle Auswärtigen unterwegs entlang der Autobahn eingesammelt. Sie alle sind heute um 5 Uhr aufgestanden. Der Luxus der Uhrumstellung hilft ein bisschen. Aber Wahnsinn ist es trotzdem. Mal sehen, was heute alles so passiert... "Wir melden uns", lacht VFC-Präsident Thomas Fritzlar.
8 Uhr Hermsdorfer Kreuz
Torwarttrainer Oliver Dix steigt zu. Der ehemalige Regionalligakeeper kommt aus Weimar.
9 Uhr Bitterfeld-Wolfen
Hier steigen Cheftrainer Karsten Oswald und die restlichen Spieler zu. Wir sind jetzt komplett. Das spürt man. Jetzt ist Ruhe an Bord. Die Spieler versuchen sich zu entspannen. In vier Stunden geht es um Punkte in der Regionalliga. "Luckenwalde ist Letzter, aber lediglich in einer Ergebniskrise. Das müssen wir wissen. Wir sind der VFC Plauen und dürfen niemals denken, dass wir was Besseres sind. Es wird ein ganz schweres Spiel mit völlig offenem Ausgang", glaubt Torwarttrainer Oliver Dix.
Was verdient man in der Regionalliga?
Übrigens: Die Plauener Spieler kicken nebenberuflich und sie bekommen in ganz vielen Fällen weniger, als die Fans auf der Tribüne, die mitunter über die Fußballer auf dem Rasen schimpfen. Dafür trainieren sie fast täglich. Wenn der VFC gegen Halle, Jena oder Leipzig spielt, hat manch einer der Gegner das Doppelte im Monat im Portemonnaie. Regionalligafußball muss man wollen. Reich wird man damit nicht. "Man muss sein ganzes Leben dafür opfern, braucht eine Familie, die das alles mitmacht und du bist pausenlos auf Anschlag", weiß Co-Trainer Kevin Brettfeld. Sie alle hier im Bus ticken so. Irgendwie verrückt. Die lieben das.
Danke VFC
Der BLICK-Reporter sagt jetzt schon einmal danke. Sogar an das Pressefrühstück wurde gedacht. Da sind paar Leute noch früher aufgestanden, als der Rest. Damit alle gut versorgt werden. Wir durchqueren gerade den Fläming.
Wir sind angekommen
11.03 Uhr. Ankunft in Luckenwalde. Im Werner-Seelenbinder-Stadion sind nur wenige Leute. Der Platz ist klein. VFC-Stürmer Lucas Will: "Ob das ein Vor- oder Nachteil ist, weiß keiner. Wir sind aber sowieso nur von uns selbst abhängig. Sobald wir nicht mehr wissen, dass wir eben nur der VFC Plauen sind, geht das Ding nach hinten los. Hier ist es für alle schwierig. Für uns als Aufsteiger ganz besonders", sagt der Stürmer, der ursprünglich vom VfB Lübeck stammt, es beim FSV Zwickau versucht hatte, jetzt zum zweiten Mal für Plauen stürmt. Lucas ist ein Glücksfall für den VFC. Fünf Tore hat er schon geschossen in dieser Saison.
Johann Martynets ist ein Chrieschwitzer Junge
Auf dem Platz nachher wird Lucas Will mit Johann Martynets zusammen stürmen. Der Plauener hatte sein Glück in Ludwigsfelde, Fürstenwalde und Meuselwitz versucht. Glücklich geworden ist er nirgends. Johann ist ein Chrieschwitzer Junge. Im Plattenbau aufgewachsen. So ein richtiger Straßenfußballer. Beim Zweckverband Wasser und Abwasser Vogtland wird der 26-Jährige eine Leere beginnen zum Umwelttechnologen und für Abwasserbewirtschaftung. Mit sieben Toren ist Johann der aktuell gefährlichste VFC-Stürmer. Warum es für ihn in Plauen passt? "Wir haben viele Jungs wie Johann", sagt Cheftrainer Karsten Oswald und ballt die Fäuste in den Hosentaschen: "Unsere Jungs haben es fast alle woanders nicht ganz geschafft. Wir sind eine Familie geworden. Und deshalb fühlen sich die Jungs wohl, bringen Leistung und endlich sind wieder viele Leute in Plauen und im Vogtland stolz auf den VFC. Ich auch", sagt Karsten Oswald und geht in die Kabine zur Teambesprechung.
Los geht's...
Das Spiel in Luckenwalde läuft wie erwartet. Der Gastgeber steht mit dem Rücken zur Wand. Mit voller Offensivkraft rennt der FSV an. Die ersten zwei Schüsse landen neben dem Plauener Tor. Dann pariert Torhüter Jakob Pieles stark. Der unerfahrene VFC wirkt erwachsen. Nicht mehr so hektisch und aufgeregt wie noch zu Saisonbeginn. Es steht 0:0-Unentschieden nach 25 Minuten.
Statistik
- VFC Plauen: Pieles - Heinrich, Fischer, Träger, Jusic - Limmer, Riedl - Martynets, Winter, Kämpfer - Will
- Schiedsrichter: Marko Wartmann
Der VFC Plauen geht in Führung
Freistoßflanke von Max Winter aus dem Halbfeld mit viel Gefühl. Der Ball landet genau auf dem Kopf von Innenverteidiger Tom Fischer. Sein präziser Kopfstoß fliegt unhaltbar ins rechte Eck. Der "Maskenmann" spielt mit gebrochener Nase. Grenzenloser Jubel bei den 70 mitgereisten VFC-Fans. Plauen führt und wehrt danach auch die wütende Gegenreaktion von Luckenwalde erfolgreich ab. Der VFC bringt die Führung durch bis in die Pause. Die Vogtländer haben ein gutes Spiel gemacht. Es steht 1:0 für die Gäste.
Hier geht's zur Sache
VFC-Kapitän Daniel Heinrich muss nach einem Zusammenprall mit einem Mannschaftskameraden ausgewechselt werden. Hier geht es ordentlich zur Sache. Auch der Plauener Paul Kämpfer hat ordentlich was abbekommen. Aber die Spitzenstädter verteidigen ihr Tor nach wie vor erfolgreich. Zuletzt stand gegen Greifswald (2:0) und in Chemnitz (1:0) die Null. Heute auch? Es wäre der dritte Sieg in Folge. Aus Plauener Sicht ein Traum... Noch 25 Minuten. Es steht 1:0 für den VFC.
Immer wieder Verletzungen
Turbulente Szenen mitunter in dieser umkämpften Partie. Luckenwalde geht aufs Ganze. Es gibt viele Behandlungsunterbrechungen. Der Tabellenletzte will jetzt mit aller Macht den Ausgleich. Aber Plauen verteidigt die knappe Führung. Noch 8 Minuten plus Nachspielzeit.
Dritter Sieg in Folge: VFC gewinnt auch in Luckenwalde
Der VFC Plauen ist binnen drei Spieltagen vom letzten Platz auf Rang 13 vorgedrungen. Mit dem 1:0-Erfolg (1:0) beim FSV Luckenwalde gelang der dritte Sieg in Folge. Turm in der Schlacht war einmal mehr VFC-Schlussmann Jakob Pieles. "Wir haben uns am Ende in jeden Ball reingeworfen. Jetzt haben wir uns als richtige Mannschaft gefunden. Das hat in den ersten Spielen noch gefehlt", stellte der Keeper fest.
Statistik
- VFC Plauen: Pieles - Heinrich (60. Tanriver), Fischer, Träger, Jusic - Limmer, Riedl/V (79. Barth) - Martynets/V, Winter (86. Berkemer), Kämpfer (86. Andreopoulos) - Will
- Schiedsrichter: Marko Wartmann
- Tor: 0:1 Fischer (36.)
- Zuschauer: 551
Ex-Plauener Toni Hager gratuliert seinen Kumpels
Der Ex-Plauener Toni Hager (rechts) gratulierte seinen Kumpels vom VFC. Aktuell kickt der Stürmer in Brandenburg bei Miersdorf. Tim Limmer (links) und Johann Martynets freuten sich über die Glückwünsche. Nach dem Sieg in Luckenwalde startete der VFC-Bus 16:02 Uhr. Gegen 20 Uhr werden alle wieder an ihren Wohnorten eintreffen. Unter der Woche gibt es bei Blick.de weitere Geschichten von den Plauener Jungs. Für heute sagen wir erstmal danke. Am Sonntag empfängt Plauen um 13 Uhr den FC Rot-Weiß Erfurt im Vogtlandstadion.