Plauen. Es klingt wie im Märchen, ist aber wahr. Im Vogtland gibt es einen ehemaligen Bezirksliga-Verein, der genau vor 20 Jahren am Boden lag, jedoch von der 3. Handball-Bundesliga träumte. Diesen Samstag nun empfängt jener SV 04 Plauen-Oberlosa zum Saisonauftakt den TVS 1907 Baden-Baden. Aber es kommt noch besser. Der ursprüngliche Dorfverein wird vermutlich Mitte nächsten Jahres in eine nagelneue 2.000-Zuschauer-Arena einziehen, die bereits errichtet und nun fertiggestellt wird. Im Rückspiegel kann es Prof. Dr. Bernd Märtner manchmal selbst kaum glauben: "Wir waren 2004 bis in die Bezirksliga abgestiegen und sind im Laufe der Zeit über die Verbandsliga, die Sachsenliga, die Mitteldeutsche Oberliga bis in die 3. Liga aufgestiegen", zählt der Vereinsvorsitzende auf. Er selbst ist seit 28 Jahren der Frontmann.
Neuestes Mitglied: Helene Dressel ist die Enkelin von Ulli!
Unter der Leitung von Prof. Dr. Bernd Märtner wuchs der Verein von 238 Mitgliedern (1996) auf heute exakt 900 Vereinsangehörige. Neuestes Mitglied ist die dreijährige Helene Dressel. Das kleine Mädchen stammt aus der großen sächsischen Handballfamilie. Uropa Eberhard Dressel spielte mit Oberlosa von 1953 bis 1968 in der 2. Liga der damaligen DDR. "Dann wurde der Großfeldhandball eingestellt und wir mussten in der Halle von vorne anfangen", erinnert sich Ulrich Dressel, der Opa von Helene und seinerzeit mit Oberlosa immerhin Drittligaspieler in der ehemaligen DDR. "Der Plauener Anspruch, zu den besten Handballclubs des Landes zu gehören, den gibt's also schon über 70 Jahre", verrät Ulli, dessen Sohn Ronny ebenfalls im Nachwuchs für Oberlosa spielte.
Plauen ist jetzt wieder auf überregionaler Bühne präsent
Nun sind die Plauener also wieder auf überregionaler Bühne präsent. Und das in einer Liga mit dem EHV Aue. "Das wird ein unglaublich spannendes Abenteuer. Wir springen völlig ungeschützt ins Haifischbecken der 3. Liga", ist sich Pressesprecher Rico Michel im Klaren. Haben die Handballer aus dem Vogtland in der bärenstarken Südstaffel überhaupt eine Chance? Spielbetriebs-Chef Lutz Petzoldt sagt es so: "Dem Zweitligaabsteiger EHV Aue gehen in der kommenden Spielzeit durch den Absturz 250.000 bis 300.000 Euro verloren. Das ist genau unser Saisonetat." Trotz der Außenseiterrolle freuen sich die Plauener "auf diese tolle Liga. Wir sind überzeugt davon, dass wir wettbewerbsfähig sind. Der Kader wurde komplettiert und als Underdog wollen wir nun wissen, ob wir uns in der 3. Bundesliga halten können", blickt Cheftrainer Ladislav Brykner nach vorne. Er ist einer von fünf Oberlosaer Aufstiegshelden mit Auer Hintergrund. Denn auch der ehemalige EHV-Kapitän Kevin Roch haben mit Aue die 2. Bundesliga gerockt. Auch Franz Schauer, Nico Schneider und Sebastian Naumann stammen aus dem Auer Verein, von dem die "kleinen Plauener" bis heute voller Ehrfurcht sprechen.
Oberlosa spielt heute gegen Mitaufsteiger Baden-Baden
"Dass wir jetzt in einer Liga zu Punktspielen gegeneinander antreten, fühlt sich für uns vollkommen unwirklich an. Aber zufällig aufgestiegen sind wir natürlich nicht", will sich der Verein von Bernd Märtner nicht verstecken. Die 3. Liga startet am Wochenende mit vier Staffeln zu je 16 Mannschaften. "Die beiden Staffelersten gehen in die Aufstiegspiele, die letzten drei Teams jeder Staffel steigen ab. Wir müssen also Dreizehnter werden, um drin zu bleiben", informiert Pressesprecher Rico Michel. Die Staffalfavoriten heißen Aue, Würzburg, Oppenweiler/Backnang, Pfullingen und Fürstenfeldbruck. Erstes Heimspiel ist für Oberlosa diesen Samstag um 19 Uhr gegen Mitaufsteiger Baden-Baden!