Pausaer Erdachsendeckelscharnier-schmiernippelkommission?

Tradition Ein Verein mit kaum aussprechbarem Namen kümmert sich darum, dass diese nicht vergessen wird und tut außerdem Gutes

Pausa. 

Pausa. Die Pausaer Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission hat jetzt der Stadt einen Elektro-Verteilerkasten am Markt im Stadtzentrum gesponsert. Warum dieser nötig wurde? Bei Veranstaltungen mussten bisher, und das seit rund 30 Jahren, immer umständlich und arbeitsaufwendig Kabel gezogen werden. "Jetzt kann jeder seinen benötigten Strom abnehmen und den Verbrauch ablesen", sagt Peter Hahn, der Vereinsvorsitzende. Der zweite Grund: Wenn es zum Pausaer Weihnachtsmarkt in manchen Jahren tüchtig kalt war, der Glühwein heiß gemacht wurde und die Verkäufer in den Buden wegen kalter Füße die Elektroheizung anschalteten, kam es schon mal vor, dass nichts mehr ging, weil der Strom wegen Überlastung des Netzes ganz weg war. "Dann hatte es die Sicherung rausgehauen", so Hahn.

Der Wert des neuen Verteilers liegt immerhin bei 2.500 Euro. "Der Energieversorger hat auch einen Zuschuss gegeben." Denn mit dem Anschluss und Aufbau komme man auf rund 6.000 Euro an Kosten.

"Viele fragen sich vielleicht, wie der Verein eine solche Spendensumme aufbringen kann", so der Vereinsvorsitzende. Immerhin muss man zurückblicken bis in die 1930-er Jahre, denn seitdem dreht sich die Erdkugel auf dem Dach des Pausaer Rathauses. Im Jahr 1936 war es, als Kaufhausinhaber Oswald Dietz das Erdachsenschmiermittel, einen Kräuterschnaps, kreierte. Zum Stadtfest 1936 wurde er ausgeschenkt. In den 1960-er Jahren gab es auch die dazugehörige Kommission wie heute, aber Vereine wurden in der DDR nicht unterstützt. Zwar war "Außenseiter-Spitzenreiter", eine DDR-Unterhaltungssendung, zu Besuch in Pausa, in den darauf folgenden Jahren bis zur Wende aber spielte all das keine Rolle mehr in der Stadt.

Nach 1990 setzten sich interessierte Pausaer zusammen und überlegten, wie man die Erdachsen-Tradition wieder aktivieren könnte. Dabei bezog man auch den Bürgermeister mit ein. Damals war die Erdachse noch im Ratskeller und wo heute die Schmierstube ist, war dazumal eine Lager, welches einer Müllhalde glich, erinnern sich die Vereinsmitglieder. Die Katakomben des 1892 erbauten Rathauses wurden also ausgebaut und als Schmierstube eingerichtet, dem Treffpunkt des Vereines mit heute neun Mitgliedern. Beim Rezept für die Erdachsenschmiere gingen die Überlegungen hin und her. "Eine Reichenbacher Firma stellte uns Proben zur Verfügung, und wir legten fest, welche zwei Sorten wir nehmen.", so Peter Hahn. Man bekam die Genehmigung, den Likör ausschenken zu dürfen. "1992 zum Stadtfest wurde die Schmierstube eröffnet." Den Markenschutz sicherte sich der Verein 1995. "Der muss immer wieder erneuert werden, das kostet Geld."

Besucher von nah und fern

Wer heute die Erdachse schmieren will, und da kamen schon Besucher von nah und fern, wirft in einen Schlitz an der Tür in im Vorraum der Schmierstube einen Euro, es geht das Licht an, und man kann sehen, wie sich eine Welle, knapp einen Meter hoch dreht - die Erdachse. Am Schild, welches Gerd Chalupka erneuert hat, weil das alte gestohlen wurde, ist zu lesen: Für 1 Euro kann man studier'n, wie se in Pausa de Erdachs' schmier'n. Nach dem Vorgang wird es wieder dunkel. In der kleinen Schmierstube nebenan kann man zusammen sitzen und auf besondere Weise - dreimal drehen - mit dem Schmiermittel gegenseitig anstoßen. "Es wird kein Gewinn gemacht. Wir sammeln Geld mit der Eichhörnchenmethode", stellt Peter Hahn klar. Vor dem Projekt Elektro-Verteilerkasten gab es einige andere nützliche Aktionen, die immer den Einwohnern zugute kamen. "Wir haben schon einen Defibrillator im Freibad gesponsert, eine Lampe zur Kirchenbeleuchtung in der Nacht und einen barrierefreien Weg zum Springbrunnen vor dem Rathaus, damit auch Rollstuhlfahrer und Muttis mit Kinderwagen ranfahren können. Im Jahr 2002 spendete die Pausaer Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission nach der Flutkatastrophe in Sachsen für Weesenstein.

"Ihr habt euer Herz für Pausa schlagen lassen, habt erkannt, was wichtig ist und Dinge in Angriff genommen, die notwendig sind", meinte Hans-Joachim Schütt, Stadtrat und zweiter Stellvertreter des Bürgermeisters. Er dankte auch für die Außenwirkung des Vereins. Denn die Pausaer Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission war schon oft bei Festumzügen dabei, wobei man stets eine überdimensionale Erdkugel mitführte - ein Hingucker. "Ihr habt eine große Außenwirkung entwickelt. Das hat Pausa gut getan über Jahre." Auch verschiedene Ministerpräsidenten und Landräte waren schon zur Erdachsenschmiere in Pausa. "Ihr habt die Prominenz betreut", so Schütt.

Nachwuchs für den Traditionsverein

Ein Punkt, welcher dem Verein wichtig ist, besteht darin, dass Nachwuchs gesucht wird. Damit die Tradition erhalten werden kann, die Erdachsendeckelscharnierschmiernippelkommission sich ums Schmieren kümmert, der gläserne Globus mit drei Meter Umfang sich munter dreht und Pausa der Mittelpunkt der Erde bleibt. So wie man es sich vor mehr als hundert Jahren schon erzählte - auch wenn Pausa eigentlich nur als Mittelpunkt des alten Vogtlandes galt.

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