Zwickau. Erneut war Zwickau am Samstag Austragungsort einer Kundgebung des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend. Rund 45 Blauhemden zogen zu Schalmeienmusik, mit roten und FDJ-Fahnen sowie eigens für derartige Aufmärsche hergestellten Requisiten gut eine Stunde lang durch die Straßen der Innenstadt. Gegen 14 Uhr folgte auf dem Georgenplatz die Abschlusskundgebung. Letztendlich eine einstudierte Propagandashow unter dem Motto "30 Jahre sind genug. Revolution & Sozialismus", die aufzeigen sollte, was der deutsche Imperialismus der DDR und den Völkern Europas gebracht hat. Honecker, Krenz und Co. hätten sicherlich ihre Freude gehabt, sich die polemischen Reden anzuhören und in die Kampflieder einzustimmen. Zuschauer fanden sich kaum mehr ein, als Demonstranten. Und nicht alle wollten sich mit den lautstarken Botschaften der FDJler anfreunden.
Gemischte Gefühle
Etwa der 73-jährige Karl-Ernst Müller. "Weil wir nicht in die FDJ eintreten wollten, waren meine Geschwister und ich zu DDR-Zeiten in Größenordnungen benachteiligt. Wer diese parteitreue Organisation so hochhält, hat beim Lesen der Geschichtsbücher irgendwie ein paar Kapitel ausgelassen", sagte er. Auch ein anderer Gegendemonstrant, der allerdings nicht namentliche genannt werden möchte, machte kein Hehl aus seinem Ärger. "Ich habe nachgefragt, es sind kaum Zwickauer dabei, die die FDJ verherrlichen. Aber in einigen Medien wird es wahrscheinlich wieder heißen FDJ, Zwickau, die Extremisten im Osten. Außerdem sehe ich fast nur FDJ-Leute, die die DDR, die FDJ und die gesamten damaligen Verhältnisse vom Alter her nie erlebt haben. Ganz schlimm finde ich persönlich, wie hier Kinder zu politischen Zwecken instrumentalisiert werden. So stelle ich mir das in einigen Bürgerkriegsländern mit den Kindersoldaten vor", schimpfte er.