Historie. Rückblende zur ADAC Sachsenring Classic 2018. Nach dem enormen Staraufgebot 2017, dem Jahr des 90-jährigen Jubiläums des Sachsenrings, waren diesmal der vierfache (Solo-)Weltmeister Kork Ballington und die dreifachen Titelträger Freddie Spencer aus den USA Pier Paolo Bianchi aus Italien. Gemein hatte die drei, dass ihre aktive Zeit in jenen Jahren lag, in denen auf dem Sachsenring keine Weltmeisterschaftsläufe stattfanden. Den hiesigen Fans waren die Namen dennoch sehr wohl geläufig, schließlich reiste in den 1970er-, 1980er- und 1990er Jahren alljährlich viele Fans zu den WM-Rennen ins tschechoslowakische bzw. tschechische Brno.
Sachsenring-Fans geadelt
Natürlich drehten die Stars von gestern bei der ADAC Sachsenring Classic 2018 auf dem neuen Sachsenring etliche Runden, doch vor und nach diesen wurde es zum Teil schon stressig für sie. Allein der Versuch, den unzähligen Autogrammjägern halbwegs gerecht zu werden, artete fast schon in harte Arbeit aus. Dazu sagte damals Kork Ballington, der am heutigen 10. April 70 Jahre alt wird: "Natürlich verfolge ich die Rennen der MotoGP und habe auch schon viel über den Sachsenring und seine Fans gehört. Dass ich aber um so viele Autogramme gebeten wurde, hatte ich nicht erwartet. Die gut organisierten Autogrammstunden liefen ja noch sehr geordnet und ziemlich entspannt ab, aber außerhalb dieser Zeiten konnte ich kaum zehn Meter am Stück durchs Fahrerlager oder zur Toilette gehen, ohne dass mir schon wieder jemand was zum Unterschreiben vor die Nase gehalten hat. Aber ich habe das gern gemacht. Es kommt nicht mehr allzu oft vor, dass man so im Mittelpunkt steht. Das macht einen ja auch ein bisschen stolz."
Langzeit-Ehe mit Kawasaki
Der mit bürgerlichem Namen Hugh Neville "Kork" Ballington erblickte also am 10. April 1951 in Salisbury im damaligen Rhodesien (heute Simbabwe) das Licht der Welt. Mit 14 bestritt er seine ersten Rennen. Mit 16 verließ er die einst britische Kolonie und ging nach Pietermaritzburg in die Provinz Natal in Südafrika. Seine Karriere war kurz, aber intensiv und begann kometenhaft. Nachdem er 1971 mit einer 500-ccm-Zweitakt-Dreizylinder Kawasaki H1-R die Natal 500cc Production Championship und 1972 die offene Südafrikanische Meisterschaft gewonnen hatte, kam er 1973 nach England um hier sowie in Europa Rennen zu fahren.
Auf einer Kawasaki mit Seeley-Rahmen wurde er 1974 Vierter der Britischen Superbike Meisterschaft.
1976 debütierte der inzwischen mit einem südafrikanischen Pass reisende "Korkie" in der 350-ccm-Klasse im italienischen Mugello in der Motorrad-WM, wo er mit einer privaten Yamaha auf Anhieb auf Platz sieben kam. Weitere Auftritte hatte er in jenem Jahr am Saisonende auf dem Nürburgring und in Barcelona. Während er auf der altehrwürdigen und ihm unbekannten Nordschleife sensationell Zweiter des 250er-Rennens werden konnte, setzte er unter Spaniens Sonne noch einen drauf und errang im Rennen der 350-ccm-Klasse seinen ersten Grand-Prix-Sieg.
Nach einem weiteren Jahr als Privatfahrer und mit drei weiteren GP-Siegen (Assen 350 ccm, Silverstone 250 ccm und 350 ccm), hatte er sich sowie der Australier Gregg Hansford bei Kawasaki für deren noch junges WM-Projekt an der Seite bzw. anstelle der Briten Mick Grant und Barry Ditchburn empfohlen. Gregg Hansford war zuvor schon Teil von Kawasakis 750er- und auch des KR250/350-Projektes gewesen.
Dominanz in Mittelklassen
1978 dominierten Kork Ballington und Gregg Hansford mit den Werks-Kawas KR 250 bzw. KR 350 mit Tandem-Twin-Motor die beiden mittleren und stark verwandten Hubraumklassen fast nach Belieben. In der Viertelliterklasse gewann das Duo acht der zwölf Grand Prix, jeder der beiden deren vier. Auch bei den Podestplätzen stand es am Ende pari (4:4). Am Ende gab die etwas größere Konstanz von Kork Ballington bei den etwas schlechteren Rennen des Ausschlag zu seinen Gunsten. Nach Punkten stand es 124 zu 118. WM-Dritter wurde der Franzose Patrick Fernandez mit 55 Zählern.
Bei den 350ern war die Angelegenheit indes deutlich klarer. Kork Ballington gewann sechs Grand Prix, Gregg Hansford drei. "Korki" hatte 134 Punkte auf sein Konto bringen können und der blonde Aussie nur 76, sodass er sich sogar mit einen Punkt Rückstand mit WM-Rang drei hinter dem japanischen Yamaha-Piloten Takazumi Katayama begnügen musste.
1979 gewann Kork Ballington erneut beide WM-Titel, gestaltete die Saison allerdings in beiden Klassen eindeutig. Bei den 250ern gewann er sechs WM-Läufe und Gregg Hansford gar keinen. Dennoch reichte es für ihn zum Vizetitel vor dem dreifachen Saisonsieger Graziano Rossi auf Morbidelli, dem Erzeuger eines gewissen Valentino. In der 350-ccm-Klasse wurde Kork Ballington mit unter anderen fünf Saisonsiegen Weltmeister. Hier gelangen Gregg Hansford immerhin drei GP-Siege, die allerdings nur zu WM-Rang drei, diesmal hinter Patrick Fernandez, reichten.
Ab in die Königsklasse
1980 war Kork Ballington Kawasakis Aushängeschild bei deren Wiedereinstieg in die 500-ccm-Klasse. Beim dritten Saisonrennen holte er im französischen Le Castellet mit der unausgereiften Vierzylinder-Zweitakter als Achter die ersten WM-Punkte. Danach wurde er im finnischen Imatra Fünfter und fuhr auch anschließend als Siebenter im englischen Silverstone in die Top 10. Mit 13 Punkten wurde er WM-Zwölfter.
In den mittleren Hubraumkategorien überließ Kawasaki 1979 und 1980 auch privilegierten Privatiers der Landesimporteure einzelne Werks-Motorräder. Kork Ballington musste im Juni 1980 nach dem Sieg in Le Castellet eine Magenoperation vornehmen lassen, verpasste drei Rennen und wurde deshalb trotz sechs Siegen mit der 250er hinter Toni Mang nur Vizeweltmeister. Der Bayer gewann in Abwesenheit von Korkie zwei Grand Prix (Rijeka in Jugoslawien und Zolder in Belgien) und wurde einmal Dritter (Assen). Insgesamt heimste Mang 1980 vier Grand Prix-Siege ein und nutzte die Zwangspause von Korkie geschickt aus, um erstmals Weltmeister zu werden. Denn er stand bei allen weiteren sechs Rennen auf dem Podest.
1981 konzentrierte sich Kawasaki mit Kork Ballington auf die Königsklasse. Bei der Dutch TT im niederländischen Assen sowie in Imatra fuhr er jeweils als Dritter aufs Podest und beendete die Saison als WM-Achter.
Im darauffolgenden Jahr sprang zwar kein Podestplatz für ihn heraus, aber neun Mal fuhr Kork Ballington in die Punkte und beendete so die Saison immerhin auf WM-Rang neun. Am Ende der Saison 1982 verabschiedete er sich aus der Grand-Prix-Szene.
Abschied auf Raten
1984 bestritt er zusammen mit dem Australier Rob Phillis das 8h-Langstreckenrennen in Suzuka sowie 1986 und 1987 auf Honda in den USA die AMA-250er-Meisterschaft. Hierbei wurde er 1987 Vizemeister. 1987 und 1988 ging er erneut mit Rob Phillis beim japanischen Langstreckenklassiker an den Start. Nach Platz sechs zog er sich vom Rennsport endgültig zurück. Während seiner GP-Karriere stand Kork Ballington 46 Mal auf einem WM-Podest, davon 31 Mal als Sieger.
Zu Beginn der 1990er-Jahre wollte Kawasaki mit der X-09 in die 250er-Weltmeisterschaft zurückkehren. 1992 stieß Kork Ballington als Teammanager dazu, doch schon am Jahresende wurde dieses Projekt mangels Erfolgsaussichten wieder eingestellt.
1998 verschlug es Kork Ballington nach Queensland in Australien.