Eine Ära geht zu Ende. Die mehrfach mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnete Universitas-Buchhandlung am Campus der TU Chemnitz schließt nach 30 Jahren ihre Pforten, es sei denn Inhaberin Wenke Helmbold findet bis Ende September einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin. Doch wie kam es überhaupt zu dem Entschluss nach so langer Zeit solch eine Entscheidung zu treffen: "Ich hatte während der Coronapandemie und der damit verbunden Schließzeit Zeit mich neuen Herausforderungen zu stellen", so die 52-Jährige, die ihren Weg in einer Branche abseits der Bücher findet.  

Was sollte der Nachfolger mitbringen?

Die Voraussetzungen, um den Laden zu übernehmen sind gering. "Ich würde mir eine kommunikationsfreudige Person wünschen. Ich würde ihn oder sie sogar noch in Ruhe in den Buchhandel einarbeiten. Eine Ausbildung als Buchhändler ist auch nicht zwingend nötig", erklärt Wenke im BLICK-Interview. Freuen würde sie sich natürlich sehr, wenn ihre Teilzeitkraft übernommen werden könnte. "Das Konzept des Ladens dürfte auch beibehalten werden, wenn es gewünscht ist. Aber ich bin auch offen etwas ganz Neues mit neuem Namen einziehen zu lassen. Vielleicht sogar ein Buchladen mit einem Lesecafé." Dazu bedarf es allerdings Absprache mit dem Vermieter, dem Studentenwerk. Die Räumlichkeiten auf der Reichenhainer Straße 55 sind vom Studentenwerk gemietet. Wenn sich kein Nachfolger bis Ende September findet, wird der Mietvertrag gekündigt und läuft dann Ende März 2022 aus. Beschäftigt sind aktuell neben der Inhaberin eine Teilzeitkraft sowie ein Jahrespraktikant. Neben spannenden Büchern, die sorgfältig ausgewählt sind, gibt es auch Geschenkartikel, Zeitschriften und TU-Chemnitz-Merch zu erwerben. Insgesamt ist es für den Buchmarkt immens wichtig, dass auch kleinere und vor allem unabhängige Buchhandlungen, neben den "großen Konzernen", wie Amazon oder Thalia, weiter bestehen bleiben und eine verlesene Auswahl an Büchern dem Lesepublikum anbieten können.  

Eine einzigartige Buchhandlung mit Herz

Die Universitas ist, wenn man die Studierenden und Mitarbeiter des Campus Reichenhainer Straße fragt, eine kleine Institution, wenn nicht sogar Marke, die "einfach zum Campus gehört". Nach dem Mensabesuch fanden viele den Weg in die Buchhandlung, kamen auf einen Plausch mit den Mitarbeitern oder um die Hunde Fred und Mila zu besuchen vorbei. Auch die wöchentliche Siesta-Lesung in der Mittagspause kam gut beim Publikum an und lockte so manchen Buchfreund in den Laden. "Hier hat man ein Buch bestellt und am nächsten Tag war es schon abholbereit", erzählt uns eine Studentin, die gerade im Laden war, während wir das Interview geführt habe. 2018, 2019 und 2021 wurde die Universitas sogar als eine der 100 besten Buchläden in Deutschland ausgezeichnet. Wir fragen die Mutter von zwei Kindern nach den tollsten Erlebnissen der letzten 30 Jahre. "Oh da gab es so viel! Wir hatten zum Beispiel mal eine Veranstaltungsreihe namens "Spott und Trost" mit Niklas Droste und Max Goldt, viele gemeinsame Events mit der Stadtbibliothek oder wie auch zuletzt vor Corona die Lesung mit Sebastian Fitzek in Kooperation mit dem Weißen Ring."

In 30 Jahren erlebt man viel

Die Universitas blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1991 als der Buchhandel nach Auflösung der DDR privatisiert wurde, kaufte die damals 22-Jährige Wenke, die eine Ausbildung zur Buchhändlerin absolviert hatte, den Geschäftswert mit Warenbestand von der Treuhand ab.  "Freunde haben mir damals Geld geliehen und sogar auf ihren Jahresurlaub verzichtet, dass ich den Laden übernehmen kann", erzählt die Buchhändlerin. "Damals war hier alles noch anders am Campus. Es gab einen Friseur und eine Komplexannahmestelle mit Schlüssel- und Reparaturdienst an der Mensa. Als der Friseur dann auszog konnte sich der Buchladen am 1. April 1992 vergrößern und trug seitdem den Namen "Universitas". Viel habe Wenke hier erlebt, den Umbau der Mensa zum Beispiel. "Wir haben ein Jahr lang in einem Container gelebt", schildert sie lachend. Auch den Umbau des gesamten Campus, den Tumult um den Einkaufsladen nebenan und der Ausbau der Straßenbahnlinien. Zuletzt kam noch die Coronapandemie dazu, aber auch hier wurde das Team kreativ und erstellte eine Bücherabholbox vor der Ladentür, um den Kunden eine kontaktlose Übergabe zu ermöglichen. Die Inhaberin bedankt sich an dieser Stelle noch einmal für die Solidarität der Kunden zur Coronazeit. Es bleibt zu hoffen, dass sich bis Ende September eine Person findet, die genauso viel Herzblut in den Laden stecken will und ihn übernimmt. Dazu kann sich jeder Interessierte bei Wenke Helmboldt unter der Telefonnummer 0371 519177 melden.