Freiberg. Ungeimpfte Beschäftigte im Gesundheits- und Pflegebereich des Landkreises Mittelsachsen müssen keine Konsequenzen aus der einrichtungsbezogenen Impfpflicht fürchten. Die Kreisverwaltung umgeht mögliche Konsequenzen der einrichtungsbezogenen Impfpflicht. Rund 3200 Betroffenen werden vom Gesundheitsamt bescheinigt, dass sie unabkömmlich sind. Sie können so unbehelligt von Anhörungen, Bußgeldbescheiden oder Betreuungsverboten für ihre Arbeitsstelle tätig sein. Mit diesem Vorgehen nimmt Landrat Matthias Damm von der CDU dem AfD-Kandidaten zur Landratswahl, Rolf Weigand, bei diesem heiß diskutierten Wahlkampfthema den Wind aus den Segeln. Für die im Freistaat bisher einmalige Vorgehensweise eines Gesundheitsamtes beruft sich der Landrat nämlich auf einen den Kreisbehörden vom Gesetzgeber eingeräumten Ermessensspielraum.

Versorgung soll gesichert sein

Es sollen weitere Schreiben des Gesundheitsamtes an Mitarbeiter-/innen von Kliniken oder Pflegeheimen folgen. Denn circa 570 Einrichtungen haben dem Gesundheitsamt um die 3200 Mitarbeiter-/innen gemeldet, welche nicht gemipft oder genesen, bzw. ein ärztliches Attest haben. Die Arbeitgeber hatten erklärt, dass die Versorgungssicherheit gefährdet sei, wenn es zu einem Betreuungs- und Tätigkeitsverbot der Mitarbeiter-/innen käme. Daraufhin hat das Amt verlauten lassen, dass "derzeit von einem Betreuungs-/Tätigkeitsverbot abgesehen" wird. Für den Landkreis sei es wichtig und entscheidend, dass die Versorgung aller Patienten gewährleistet wird.

Entscheidung trifft auf Zustimmung

"Man erkennt, dass dem Landratsamt die Versorgungssicherheit am Herzen liegt", sagte Frank Zwinscher, Geschäftsführer der familiengeführten Z&L Unternehmensgruppe mit Sitz in Mittelsachsen und Pflege-Einrichtungen in Sachsen und Thüringen. Bei den Unternehmen kommt es gut an, dass der Ermessenspielraum vom Landratsamt genutzt wird. Zwinscher selbst finde es wichtig wenn das Amt jetzt die Arbeitgeber fragt, ob ungeimpfte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unverzichtbar sind, was in der Regel bestätigt werden könne: "Welcher Mitarbeiter sollte verzichtbar sein in einem Berufszweig, in dem Personalmangel herrscht?"

Wie lange gilt die Umgehung der Impfpflicht?

Trotz der neuen Entscheidung gelte weiterhin die Pflicht, dass nur geimpfte Bewerber eingestellt werden dürfen. Auch habe die Branche mit Coronaschutz-Auflagen zu Maskenpflicht und Tests zu kämpfen. Für Entspannung wiederum hat die Nachricht aus dem Amt auch in der kreiseigenen Krankenhausgesellschaft LMK gesorgt, wie Sprecherin Ines Schreiber bestätigte. Das Vorgehen diene der Versorgungssicherheit im Mittweidaer Krankenhaus sowie in den Pflegeeinrichtungen. Auch Jörg Hirschel, Vorstandschef des DRK-Kreisverbandes Döbeln zeigte sich erleichtert. Denn auch in dem Verband betriebene Pflegeeinrichtungen mit 350 Beschäftigten etwa 20 Prozent ungeimpft. "Wenn wir nur einen Mitarbeiter wegen der Impfpflicht verlieren, dann ist die Gefahr groß, dass wir ihn nicht ersetzen können", sagte Hirschel. Eine Formulierung in den Bescheinigungen des Amtes sorge dennoch für Verunsicherung. Denn dort ist davon die Rede, dass "derzeit" von einem Tätigkeitsverbot abgesehen wird.

Unterschiedliche Reaktionen bei den Landtagskandidaten

Bei den drei Landratskandidaten hat das Vorgehen des Gesundheitsamtes für unterschiedliche Reaktionen gesorgt. "Die Impfpflicht ist überholt und sollte auslaufen", sagte Sven Liebhauser von der CDU. Somit stimmt er seinen Parteienfreund Damm zu. Der von der AfD nominierte Kandidat Rolf Weigand bezeichnete die Regelung als "Beruhigungspille" und mutmaßt, dass sie mit einem neuen Landrat hinfällig sein könne. Er würde als Landrat garantieren, dass die Impfpflicht in den Einrichtungen nicht umgesetzt werden würde. Der parteilose Kandidat Dirk Neubauer bewertet dieses Thema jedoch eher differenziert. Ein Landrat sei verpflichtet, Gesetze wie das zur Impfpflicht umzusetzen. "Ich finde es nicht aufrichtig, wenn sich jetzt jemand hinstellt und sagt, mit mir wird es so was nicht geben." Seit klar sei, dass eine allgemeine Impfpflicht nicht kommt, hält er eine gesonderte Behandlung nur einer Gruppe für nicht vertretbar.