Vier Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde vom Motorrad-Weltverband FIM (Fédération Internationale de Motocyclisme) erstmals eine offizielle Weltmeisterschaft im Motorrad-Straßenrennsport ausgeschrieben. Die ersten Weltmeister der Geschichte hießen in den vier Solo-Klassen Nello Pagani (ITA, Mondial, bis 125 ccm), Bruno Ruffo (ITA, Moto Guzzi, bis 250 ccm), Freddie Frith (GBR, Velocette, bis 350 ccm) und Leslie Graham (GBR, AJS, bis 500 ccm). Ebenfalls ausgeschrieben war die Klasse Seitenwagen bis 600 ccm, die die Briten Eric Oliver/Denis Jenkinson auf einem Norton-Gespann gewannen. Am heutigen 13. April jährt sich der Geburtstag des Piloten Eric Oliver zum 110. Mal.

Von der EM zur WM

Vor dem Zweiten Weltkrieg sowie in den Jahren 1947 und 1948 gab es lediglich die Europameisterschaft als höchstes internationales Prädikat im Motorrad-Straßenrennsport. Während vor allem in den Solo-Klassen bis 250, 350 und 500 ccm ab 1924 jährlich die Titelträger gekürt wurden, standen die Akteure mit Motorrädern mit Seitenwagen stets ziemlich in deren Schatten und ermittelten nur sporadisch ihre Besten. Wurden die jeweiligen Europameister bis einschließlich 1937 immer nur bei einem einzigen Rennen mit wechselnden Austragungsorten gekürt, gab es ab 1938 erstmals eine Serie der wichtigsten Rennen innerhalb Europas, was man als Vorläufer der Weltmeisterschaft betrachten muss.

Nach dem zweiten die fast ganze Welt verändernden Kriegstreiben sicherten sich 1947 die Italiener Luigi und Paolo Cavanna mit ihrem Moto-Guzzi-Gespann wieder bei nur einem Rennen in Bern den zunächst einzigen Nachkriegs-EM-Titel.

Gewichtige Einträge in den Geschichtsbüchern

Die Debüt-Veranstaltung der Motorrad-Weltmeisterschaft waren die Rennen der 350-, 250- und 500-ccm-Klasse bei der Tourist Trophy 1949 auf der zu Großbritannien gehörenden Isle of Man in der irischen See. Die Klassen bis 125 ccm und Seitenwagen waren erst ab dem zweiten Rennen in Bern in der Schweiz mit von der Partie. Nachdem Eric Oliver und Dennis Jenkinson als erste Grand-Prix-Sieger der Seitenwagen, die 600 ccm Hubraum haben durften, in die Geschichte eingegangen waren, gewannen sie auch beim zweiten und damit schon vorletzten Saisonrennen im belgischen Spa-Francorchamps. Da es bei beiden Rennen bei den jeweils Platzierten die größtmögliche Fluktuation gab, standen Eric Oliver und der Motorsport-Journalist Denis Jenkinson schon vor dem Saisonfinale im italienischen Monza auch als erste Gespann-Weltmeister fest. Bei diesem dritten Rennen kamen sie als Fünfte ins Ziel, sicherten sich aber, wie schon auf dem Bremgarten-Kurs, einen der nur 1949 ausgelobten Zusatzpunkte für die jeweils schnellste gefahrene Rennrunde.

Anfänge mit nur zwei Rädern

Eric Staines Oliver wurde am 13. April 1911 in der William-Shakespeare-Geburtsstadt Stratford-upon-Avon in England geboren. Seine Motorradrennsport-Karriere begann er mit einem Solo-Motorrad bei Grasbahnrennen. Ebenso als Solist trat er 1937 erstmals bei der Tourist Trophy auf der Isle of Man in der 500-ccm-Klasse, der sogenannten Senior-TT, auf einer Vincent an, kam aber nicht ins Ziel. Bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges blieb er den Solo-Motorrädern treu, wobei seine Erfolge überschaubar waren.

Während des Krieges diente er bei der Royal Air Force und fuhr nach selbigem 1948 parallel zu Solo-Rennen auch erstmals mit Seitenwagen. Hier hatte er nun seine Bestimmung gefunden und wurde zum ersten Serienweltmeister. Denn nach seinem Premieren-WM-Titel 1949 mit Denis Jenkinson holte er sich den Italiener Lorenzo Dobelli in sein Boot. Dieser turnte bis dato bei seinem schärfsten Widersacher und schließlich Vizeweltmeister 1949, Ercole Frigerio, im Beiwagen.

1950 umfasste die Weltmeisterschaft der Seitenwagen wieder nur drei Rennen, die Oliver/Dobelli alle gewannen.

1951 hatten die Gespanne, nun mit maximal 500 ccm, fünf Mal die Chance auf WM-Punkte, wobei nur die drei besten Resultate in Wertung kamen. Lorenzo/Dobelli gewannen drei der ersten vier Grand Prix und hatten somit mit Punktemaximum erneut den Titel gewonnen.

Bein gebrochen, Serie gerissen

1952 wurde Eric Olivers Titelserie unterbrochen. Bei einem Vorsaisonrennen in Bordeaux fabrizierte er mit wiederum Lorenzo Dobelli an seiner Seite einen Unfall, bei dem sich beide ein Bein brachen. Der Saisonauftakt in Bern ging dann ohne den bis dato ungeschlagenen dreifachen Weltmeister über die Bühne. Ab dem zweiten WM-Rennen der Saison half dann sein Landsmann Stanley Price aus, mit dem er sogleich wieder gewann. Anschließend kehrte sein Stammbeifahrer Lorenzo Dobelli zurück, doch auf der Solitude vor den Toren Stuttgarts ereilte sie ein technischer Defekt. Auch in Monza sahen sie keine Zielflagge, sicherten sich mit einem weiteren Sieg beim Finale auf dem Montjuich-Kurs in Barcelona mit nur diesen zwei Ergebnissen trotzdem den fünften WM-Rang. Weltmeister wurde der Brite Cyril Smith.

1953 verbündete sich Eric Oliver mit seinem Landsmann Stanley Dibben, mit dem er vier der fünf WM-Läufe gewann. Da wieder nur die vier besten Resultate zählten, hatte sich Eric Oliver seinen vierten WM-Titel wieder souverän sichern können. Der punktgleiche Cyril Smith hatte das Nachsehen.

Erneuter Rückschlag

Im darauffolgenden Jahr holte sich Eric Oliver Les Nutt ins Boot, mit dem er die ersten drei Grand Prix des Jahres gewann und wieder klar auf Kurs lag. Doch wieder machte ein Unfall mit Armbruch bei einem Nicht-WM-Rennen (Feldbergrennen im Taunus) und die sich anschließende Genesungspause seine Hoffnungen auf den schon sicher geglaubten Titel zunichte. Die WM gewannen schließlich die Westdeutschen Wilhelm Noll/Fritz Cron mit einer der immer stärker werdenden BMW mit Zweizylinder-Boxermotor. Mit seiner Einzylinder-Norton war Eric Oliver fortan nur noch bedingt konkurrenzfähig, was seine weiteren Platzierungen belegen. So stand der inzwischen 44-Jährige 1955 beim Saisonauftakt in Barcelona mit wiederum einem neuen Beifahrer (Eric Bliss) als Dritter letztmalig auf einem WM-Podest. Noch vorm Saisonende beendete Eric Oliver seine Karriere und blickte außer auf seine vier WM-Titel auf 17 errungene Grand-Prix-Siege zurück.

1958 und 1960 kehrte er noch einmal auf die Isle of Man zurück, doch nach einem schweren Sturz, noch einmal mit Stan Dibben, sagte er dem Rennsport endgültig Lebewohl und beschränkte sich auf seine Motorradwerkstatt bzw. das Restaurieren von Oldtimern.

Am 1. März 1980 verstarb Eric Oliver 69-jährig an den Folgen eines Herzinfarktes.