Wie wichtig der soziale Kontakt von Mensch zu Mensch ist, hat die Corona-Pandemie uns jüngst wieder vor Augen geführt. Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben das verstärkt, was sich zuvor schon abzeichnete. Die Menschen werden einsamer. Und das kann schwerwiegende Folgen haben. Wer sich dauerhaft einsam fühlt, erkrankt mit höherer Wahrscheinlichkeit an einer Depression, einer Angst- oder einer Schlafstörung. Einsamkeit kann das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte, Übergewicht und chronische oder akute Schmerzen steigern.

Doch aus welchen Gründen rutschen Menschen eigentlich in die Einsamkeit? Soziologen sehen einen Grund darin, dass die Menschen misstrauischer werden. Sie verlieren zunehmend das Vertrauen in die Mitmenschen oder das sie umgebende System. Der wachsende Leistungswettbewerb sorgt zudem dafür, dass in der Gesellschaft weniger auf Gemeinsamkeit statt vielmehr auf individuelles Weiterkommen gesetzt wird.

 

Einsamkeit trifft zunehmend junge Erwachsene

Junge Erwachsene fühlen sich heute einsamer als früher - und das nicht erst seit Corona. Darauf deutet eine Auswertung von Studien zur Einsamkeit junger Erwachsener zwischen 1976 und 2019 hin, die ein Forschungsteam der Ruhr Universität Bochum (RUB) und der Friedrich-Schiller-Universität Jena durchgeführt hat.

"Ein solcher Anstieg ist ein Warnsignal, da Einsamkeit ein zunehmendes Problem im jungen Erwachsenenalter zu sein scheint", so Susanne Bücker vom Lehrstuhl Psychologische Methodenlehre an der Fakultät für Psychologie der RUB. Den oft verwendeten Begriff "Einsamkeitsepidemie" bezeichnet das Forschungsteam dennoch als überdramatisierend, da die Effektgröße des Anstiegs relativ klein ist.

 

Macht der Technologiefortschritt einsam?

Dass Einsamkeit gerade bei jungen Erwachsenen zwischen 18 und 29 Jahren angestiegen ist, scheint eine wachsende gesellschaftliche Sorge zu sein. Denn tatsächlich haben sich die Lebenserfahrungen junger Erwachsener seit den späten 1970er-Jahren massiv verändert. Zu den gesellschaftlichen Veränderungen, die das bedingen, gehören unter anderem die zunehmende Unbeständigkeit sozialer Beziehungen, größere Mobilitätsmöglichkeiten, eine Verschiebung von Heirat und Familiengründung in spätere Lebensphasen und Veränderungen in der Kommunikation durch technologische Innovationen.

Zu den Risikofaktoren gehören aber auch soziale Medien, die einen Großteil der menschlichen Kommunikation ins Digitale verlegt haben. Das scheint paradox, weil sich auf solchen Plattformen doch täglich Millionen Menschen "begegnen". Das Phänomen ist aber nicht neu. Auch in Großstädten hat das Gefühl der Einsamkeit inmitten vieler fremder Menschen leichtes Spiel.

 

Umgang mit Gefühlen ausschlaggebend

Forscher der Harvard, Stanford und Curtin University und der University of Western Australia haben sich ein einer Studie die Frage gestellt: Welchen Einfluss hat die Art und Weise, wie wir mit Gefühlen umgehen, auf unser Einsamkeits-Level? Einen gewaltigen Einfluss - so die Antwort des Forschungsteam.

Es zeigte sich, dass bestimmte Bewältigungsstrategien das Risiko für Einsamkeit deutlich erhöhen. Dazu zählen exzessives Grübeln, Schuldzuweisungen an sich selbst oder andere Menschen, das Ausmalen von Katastrophenszenarien, das Unterdrücken negativer Gefühle. Auch der absichtliche Rückzug von sozialen Kontakten und das Ablehnen von emotionaler Unterstützung durch andere begünstigen das schleichende Gefühl der Einsamkeit.

Diesen Umgang mit Gefühlen selbst zu regulieren, ist für Betroffene eine enorme Herausforderung. Die individuellen Mechanismen sind nämlich oft schwierig zu verändern. Sie sind teils genetisch bedingt und wurden besonders durch Erziehung oder frühere Beziehungserfahrungen eingeprägt. Die Forscher machen Einsamkeits-Geplagten aber trotzdem Mut. In ihrer Studie schreiben sie, dass es möglich sei, an der Art und Weise zu arbeiten, wie man mit negativen Emotionen umgeht. Der erste Schritt sei Selbstreflexion, Gedanken beobachten und einordnen. Mentaltrainer können dabei helfen.

 

Die Lösung: aktiv werden

Im nächsten Schritt heißt es: aktiv werden! Das kostet zunächst zwar Überwindung, zahlt sich aber meist schnell aus. Wie wäre es zum Beispiel mit einem neuen Hobby? Bei vielen Freizeitbeschäftigungen begegnet man Menschen und schließt vielleicht sogar Freundschaften. Warum nicht das Angebot der Volkshochschule durchstöbern und Italienisch oder Fotografieren lernen? Gemeinsamer Sport hat gleich zwei Effekte: Man findet nette Leute und der Körper schüttet Glückshormone aus.

Auch die ehrenamtliche Arbeit kann gegen Einsamkeit helfen. Solche eine freiwillige Tätigkeit bietet eine gute Möglichkeit, nicht nur unter Menschen zu kommen, sondern etwas Sinnvolles zu tun und so Anerkennung zu erfahren.

 

Nachbarschaft und Vierbeiner

Studien haben gezeigt: Menschen, die sich öfters mit Nachbarn austauschen, weisen eine deutlich höhere Lebenszufriedenheit auf. Eine Vernetzung erleichtern hier zum Beispiel Online-Angebote wie die Nachbarschaftsplattform nebenan.de. Daraus entstehen nicht immer tiefe Freundschaften, aber sie sind ein Anfang auf dem Weg aus der Einsamkeit.

Noch ein Tipp: Mit Hunden kommt man schnell ins Gespräch. Nein, nicht mit den Vierbeinern an sich, sondern mit anderen Hundebesitzern oder Passanten, die man beim Gassi gehen trifft. Es muss übrigens gar nicht der eigene Hund sein: Auch Tierheime freuen sich über Freiwillige, die ab und zu mit den dort lebenden Hunden spazieren gehen.