Ein Gosling für alle Fälle

"The Fall Guy" Ryan Gosling spielt einen Stuntman, der einen verschwundenen Hollywood-Star aufspüren soll. Drehbuchwunder darf man von David Leitchs Actionkomödie nicht erwarten. Als Hommage an die stets im Schatten bleibenden Helden des Filmdrehs macht "The Fall Guy" aber sehr wohl Laune.

Es nimmt kein Ende. Hollywood recycelt, was das Zeug hält. Neuauflagen, Reboots und weitere Adaptionen gibt es inzwischen von allen möglichen Film- und Fernsehproduktionen, die in den letzten 50 Jahren das Licht der Welt erblickten. Jüngstes Beispiel: die 1980er-Jahre-Serie "Ein Colt für alle Fälle", im Original als "The Fall Guy" ausgestrahlt, in der Lee Majors einen Stuntman spielt, der nebenberuflich als Kopfgeldjäger unterwegs ist. Eingefleischte Fans seien allerdings gleich gewarnt. Denn der von David Leitch ("Bullet Train") inszenierten Filmversion dient das TV-Format lediglich als lose Inspirationsquelle, um Ryan Gosling ordentlich ins Schwitzen zu bringen.

Die Prämisse der Actionkomödie ist schnell erzählt: Stuntman Colt Seavers, den Gosling mit einem ordentlichen Schuss Selbstironie verkörpert, zählt zu den Zuverlässigsten seines Fachs. Für den arroganten Hollywood-Star Tom Ryder ("James Bond"-Anwärter Aaron Taylor-Johnson) springt er regelmäßig in die Bresche, nimmt ihm die gefährlichen Parts beim Filmdreh ab. Eines Tages geht jedoch etwas dramatisch schief. Colt landet mit gebrochenem Rücken im Krankenhaus und zieht sich komplett aus der Branche zurück.

Handlung als Vorwand

Als ihn Produzentin Gail Meyer (Hannah Waddingham) einige Zeit später umstimmen will, wiegelt er zunächst ab. Doch dann hört er, dass er bei "Metalstorm" mitwirken soll, dem Regiedebüt der Kamerafrau Jody Moreno (Emily Blunt) - seine Ex-Freundin. Am Set in Sydney angekommen, erfährt er schnell, um was es wirklich geht. Hauptdarsteller Tom ist verschwunden, und nun setzt Gail all ihre Hoffnungen in Seavers. Wenn er Ryder nicht schnellstmöglich aufspürt, kann die Crew einpacken.

Ein Stuntman als Schnüffler für eine in der Klemme steckende Produzentin? Klingt irgendwie hanebüchen. Ist es auch! Die Story, obschon ein paar Haken schlagend, erweist sich wenig verwunderlich als Mittel zum Zweck. Worauf es David Leitch vor allem ankommt: genügend Platz zu haben für knalliges Spektakel. Der früher selbst als Stuntman aktive Regisseur, der das moderne Actionkino seit "John Wick" mitprägt, liefert ab und serviert vor der Kulisse Sydneys ein verrücktes Kunststück nach dem anderen.

Kurzweil ist garantiert. Ebenso ein Schuss Romantik, die augenzwinkernd aufgelockert wird. Ryan Gosling und Emily Blunt, die keineswegs nur als Statistin auftritt, passen gut zusammen und lassen vor allem in den Momenten die Funken fliegen, in denen sich ihre Figuren noch etwas im Weg stehen. Dass sie sich am Ende (wieder)finden werden, steht außer Frage. Schön ist aber, dass sich das Drehbuch die in vergleichbaren Actionfilmen üblichen, oft formelhaft wirkenden Missverständnisse verkneift.

Denkmal für Stuntleute

Als Film, der von problemgeplagten Dreharbeiten erzählt, feuert "The Fall Guy" natürlich allerhand Metawitze und Anspielungen ab. Stuntkoordinator Dan Tucker (Winston Duke) liebt es, Kinozitate aufzusagen. Jodys Debütwerk "Metalstorm" scheint eine leicht trashige Version von "Dune" zu sein. Und selbstredend bekommt das Hollywood-Business mit seinen großen Egos und seiner Gewinnsucht sein Fett weg. Nicht jeder Gag sitzt, manches wird überstrapaziert. Zu lachen gibt es aber doch einiges.

Spannend dürfte für den gelegentlichen Kinogänger besonders eine Sache sein: der Blick hinter die Kulissen des Sets. Wie viele anpackende Hände es braucht, wie viele Gewerke zusammenarbeiten müssen, um einen Film zu erschaffen, macht man sich viel zu selten bewusst. "The Fall Guy" vermittelt einen Eindruck davon und holt einmal die Menschen in den Vordergrund, die auf der Leinwand oft zu sehen sind, aber nie richtig wahrgenommen werden. Den Stuntleuten und ihrem anstrengenden, riskanten Tun möchte David Leitch ein Denkmal setzen. Denn ohne sie müssten wir auf waghalsige Sprünge und wilde Verfolgungsjagten verzichten. Was wäre das für ein Kino?

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