Kunstvereine kritisieren Darm-Umzug

Statement Chemnitzer Kunstvereine zum Abbau des Werkes im Schillerpark

Chemnitzer Kunstvereine sind enttäuscht über den Abbau den Kunstwerkes "Der Darm", das im Zuge des Public-Art-Projektes "Gegenwarten - Presences" auf dem Schillerplatz errichtet wurde. Die Installation musste diese Woche weichen und soll in der Stadt Bratislava einen neuen Standort finden. Unter anderem die Vereine Begehungen, Chemnitzer Künstlerbund, Klub Solitär, Spinnerei und Oscar schildern in einem Statement ihre Enttäuschung über den Umzug des Werkes der beiden Künstlerinnen Anetta Mona Chişa und Lucia Tkáčová.

Kein temporäres Kunstwerk

"Wir hätten uns eine Debatte darüber gewünscht, ob diese eigens für die Ausstellung 'Gegenwarten' geschaffene Arbeit nicht dauerhaft im Schillerpark hätte verbleiben können", kritisieren die Vereinsmitglieder, die zu kurzfristig vom endgültigen Abbau und Abtransport erfahren hatten. "Wir wussten nichts von der drohenden Gefahr, dieses Werk zu verlieren. Somit war uns ein Intervenieren oder ein Finden von Lösungen nicht möglich." Man sei sich zwar aus eigener Erfahrung dem Wesen temporär angelegter Ausstellungen bewusst, doch "Der Darm" sei massiv aus einem Faserverbundstoff von der Chemnitzer Firma Fibertech gefertigt worden und wies auch nach fast zwei Jahren keine nennenswerten Schäden auf.

"Werk war ein Glücksfall für die Stadt"

"Die offizielle Begründung, wonach durch den Abbau des Werkes Platz für neue Kunstwerke geschaffen werden soll, können wir nicht nachvollziehen. Chemnitz hat so viel Platz, da kann es an einer Ecke vom Schillerplatz nicht scheitern", heißt es in dem Statement der Kunstvereine. "Unserer Ansicht nach ist es gerade diesem Werk exemplarisch gelungen, mögliche Hemmschwellen zu Kunst im öffentlichen Raum abzubauen, zu Diskussionen anzuregen und einen wenig besetzten Stadtraum neu zu beleben. Das Werk "Der Darm" hat sich mit seinem klaren thematischen Bezug zur Stadt hervorragend in das Raum- und Sozialgefüge am Schillerplatz eingefügt. Es war Kunst, die nicht nur bestaunt werden wollte. Konkret wurden Passanten aufgefordert, es zu nutzen, sich darauf zu setzen oder darauf zu klettern. Vor allem Kinder machten davon rege Gebrauch. Dieses Werk war ein Glücksfall für sie, aber auch für die Stadt und die Kunst."

Was bleibt?

Besonders schmerzhaft sei der Verlust weil im aktuellen Prozes der Europäischen Kulturhauptstadt 2025 oft von Nachhaltigkeit die Rede gewesen sei. "Viele, nicht nur wir, fragen sich, was bleiben wird, wenn 2026 das große Ereignis vorüber ist. Wie gehen wir dann mit Kunstwerken um, die im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres entstehen werden? Wie achten wir die Kreativität und die Arbeit von Künstlerinnen und Künstlern, die Werke konkret für diese Stadt erschaffen? Wie führen wir ehrliche Debatten darüber, wie die Pflege von Kunst im öffentlichen Raum sichergestellt werden kann?

Rückblick

Die Installation "Der Darm" war Teil des Public Art-Projekts "Gegenwarten - Presences", das im Sommer 2020 stattfand. Dabei wurden Werke von 20 internationalen Künstlerinnen, Künstlern und Kollektiven gezeigt. Die Interventionen, Skulpturen, Installationen und Performances setzten sich mit Chemnitz, seiner Geschichte und Gesellschaft auseinander. Mit dem "Darm" knüpften die Künstlerinnen an das Marxmonument an. Sie persiflierten die "Heldendarstellung" im öffentlichen Raum und rückten im gleichen Größenverhältnis wie Marx' Kopf ein lebenswichtiges Organ in den öffentlichen Fokus.

  Newsletter abonnieren

Euer News-Tipp an die Redaktion