NSU-Morde: Konzept für Gedenk- und Erinnerungsort steht

Projekt Der Verein ASA-FF e.V. kämpft für dauerhafte Sichtbarkeit der Betroffenen

Chemnitz. 

Chemnitz. Der sogenannte Nationalsozialistische Untergrund (NSU), eine neonazistische terroristische Vereinigung, ermordete zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin. Die drei Haupttäter Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe stammten aus Jena und lebten ab 1998 untergetaucht in Chemnitz und Zwickau. Ein neues Projekt des Vereins ASA-FF, soll den Betroffenen nun eine dauerhafte Sichtbarkeit verleihen. Das Projekt "re:member the future" des Vereins ASA-FF e.V. unter der Leitung von Arlo Jung fordert einen Gedenk- und Erinnerungsort in Chemnitz als Intervention gegen das Vergessen und für Aufklärung sowie Veränderung. Das inzwischen vorliegende Konzept sei Resultat einer umfangreichen Literaturrecherche und vielfältiger Gespräche.

Ausgangspunkt einer sichtbaren Auseinandersetzung

"Der Erinnerungsort soll ein Ort sein für Trauer, für Gedenken und für Empathie, ein Ort des Zuhörens und des (Ver-)Lernens. Er soll die persönlichen Geschichten und Biografien der Opfer und Betroffenen erzählen, an ihre Widerstandskämpfe erinnern und ihre Forderungen um Aufklärung der vielfältigen Aspekte des NSU-Komplexes in die Stadt tragen", sagt Arlo Jung. Zu den Facetten des Komplexes gehören laut Jung unter anderem fehlerhafte polizeiliche Ermittlungen, die Verstrickung von Geheimdiensten, die Ignoranz der Gesamtgesellschaft - aber auch die Rolle der Medien. Der Gedenkort im öffentlichen Raum sei Ausgangspunkt einer sichtbaren Auseinandersetzung und kontinuierlicher Aufarbeitungsprozesse der Ursachen und Kontinuitäten rechter Gewalt.

Wie der Gedenkort aussehen könnte

Die Grundlage des Konzeptes stellen Interviews mit Expertinnen und Experten dar. Darüber hinaus umfasse der Erinnerungsort drei Umsetzungsebenen: Zum einen der physische Ort, der ein künstlerisches Zeichen im städtischen Raum setzt und Sichtbarkeit schafft. "Er kann Begegnungen, Austausch und Vernetzung ermöglichen und zum Verweilen und Lernen einladen." Der physische Ort soll durch eine virtuelle Realität erweitert werden. Im digitalen Raum könnten durch einen multiperspektivischen Blick Inhalte vertieft und erfahrbar gemacht werden. Um die Auseinandersetzung zu verstetigen, soll es als dritte Ebene mit analogen und digitalen Bildungs- und Vermittlungsangebote geben. "Durch rassismuskritische und menschenrechtsorientierte Bildungsarbeit kann das Gefährdungspotenzial rechtsextremer und antipluralistischer Einstellungen aufgezeigt und das kritische Denken und politische Teilhabe gefördert werden." Der Erinnerungsort habe damit auch eine aktivierende Wirkung. Auf allen Umsetzungsebenen sollen Gedenken, Aufklärung und Veränderung als inhaltliche Dimensionen verhandelt werden.

Die nächsten Schritte

"Um den Prozess hin zu einem Erinnerungsort partizipativ zu gestalten und darin sowohl die Chemnitzer Stadtgesellschaft als auch die Betroffen des NSU-Komplexes in den Entstehungsprozess zu involvieren, empfehlen wir die Ausschreibung eines künstlerischen Wettbewerbs in einem zweistufigen Wettbewerbsverfahren", so Arlo Jung. Als zentrale Kriterien für die Standortauswahl wurden die Zentralität des Ortes und eine gute infrastrukturelle Anbindung und Erreichbarkeit identifiziert. Das Konzept werde der Stadt Chemnitz als Aufforderung, einen künstlerischen Wettbewerb für einen Gedenkort in Chemnitz zu realisieren, übergeben. Die Inhalte des Konzeptes können als Grundlage zur Umsetzung dienen. Das Projekt "re:member the future" wird sich im kommenden Jahr mit der Gestaltung des digitalen Erinnerungsortes beschäftigen.

  Newsletter abonnieren

Euer News-Tipp an die Redaktion