Stadtentwicklung: Chemnitz braucht den Masterplan

Zukunft Chemnitzer Kulturverein stellt Ideen aus Workshops vor

Chemnitz. 

Noch knapp zwölf Monate bis das Kulturhauptstadtsjahr in Chemnitz eingeläutet wird. Im Bidbook wurden bereits viele Ideen und Projekte vorgestellt, die Chemnitz 2025 erblühen lassen sollen. Nun hat sich der Chemnitzer Kulturverein, kurz Chek, im September mit 160 Teilnehmenden zu einer Podiumsdiskussion zum Thema "Wie bauen wir auf ein junges Chemnitz? Die City neu gedacht - Architektur, Visionen und Raumgewinn" getroffen und im November die anschließenden Workshops durchgeführt. 

Impulse für die Zukunft setzen

Bei diesen Workshops haben 30 Experten mit den Chemnitzern zu den Themen "Architektur und Stadtraumgestaltung", "Mobilität und Verkehr" sowie "Event, Gastro und Handel" Ideen für die Chemnitzer Stadtentwicklung präzisiert. Wie kann man die Chemnitzer Innenstadt in Zukunft gestalten, dass sie attraktiver wird und mehr junge Leute anzieht? Die Ergebnisse wurden am Mittwoch im Atrium des Kraftverkehrs unter Initiator Jan Jassner, Geschäftsführer Bruno Banani, vorgestellt.

In einem Punkt waren sich der Chemnitzer Kulturverein und die Workshop-Teilnehmenden einig: Chemnitz braucht eine Art Masterplan. "Wir wollen Impulse setzen und auch über das Kulturhauptstadtsjahr hinaus denken, wie wir Chemnitz weiterbringen", so der 46-jährige Architekt Dirk Fellendorf, der bereits beim Lichterfest "Light Our Vision" tätig war. 

Das Problem "Brückenstraße" 

Probleme sieht der Chemnitzer Kulturverein aktuell vor allem in der Abgrenzung wichtiger Innenstadtbereiche durch die Brückenstraße mit der sogenannten "Parteisäge", dem denkmalgeschützte Gebäude hinter dem Karl-Marx-Monument. Durch die Brückenstraße würden wichtige Zugänge in Richtung Schillerplatz, Theaterplatz, Brühl und Universitätscampus abgeschnitten.

Ideen der langfristigen Umgestaltung der Innenstadt

Deshalb haben die Workshop-Teilnehmenden über Ideen der langfristigen Umgestaltung der Brückenstraße debattiert. Denkbar wäre es in der Zukunft die Brückenstraße neu zu erschließen und langfristig vielleicht zur verkehrsberuhigten Zone zu machen. Mehr Grünflächen und vielleicht sogar ein Öffnen der Parteisäge, mit beispielsweise Durchgangsflächen im Erdgeschoss, wären denkbar. Denn so könnten der Marienplatz (hinter dem Gebäude) und weitere Brachflächen der Stadt in zukünftige kulturelle Vorhaben integriert werden und den Weg zum Theaterplatz und in Richtung Brühl öffnen. 

Man könne sich gut vorstellen in den aktuell leeren Ladenflächen der "Parteisäge" wieder Leben einziehen zu lassen, z.B. durch Pop-Up-Stores. Ein "Studentencafé" könnten beispielsweise auch mehr Studierende in die Innenstadt ziehen. Vor allem da der Campus der Straße der Nationen weiter entstehen soll. Auch täte dem Bereich der Brückenstraße mehr Grün vor und hinter dem Nischl gut. Die Pflanzen- und Heckenbarriere zwischen Stadthallenpark und Brückenstraße sollte aufgebrochen werden, so der Chek.

Erschließung der Innenstadt bis zum Schillerplatz

Auch wäre denkbar den Chemnitz-Fluss in die City zu integrieren und vielleicht wirklich Brücken auf der Brückenstraße zu brauen. Die Straße der Nationen (StraNa) sollte im besten Fall als Ankommenszone für Gäste der Stadt verstanden werden und so den Hauptbahnhof direkt mit der Innenstadt verbinden. Außerdem braucht es eine bessere Anbindung der Innenstadt/Fußgängerzone zum Schlossteich. 

Vorstellbar wäre es die StraNa bis zur Carolastraße halbseitig für den Autoverkehr sperren. Auch die Mühlenstraße, der neue Campusvorplatz an der Universitätsbibliothek und eine bessere Anbindung des Brühls dürften nicht außer Acht gelassen werden. Es gäbe sogar schon erste, vielversprechende Entwürfe für den möglichen Masterplan. 

Zum Thema "Mobilität und Verkehr" betonte Professor Reinhard Erfurth (78), dass man sehr vom  Chemnitzer Modell profitieren kann und dennoch sich auch mit Zubringerstrukturen aus dem Umland beschäftigen muss.

Wie könnte die Brückenstraße temporär genutzt werden?

In der Podiumsdiskussion im September äußerte sich Oberbürgermeister Sven Schulze auf dem Podium optimistisch, dass es Chancen zu einer für den Autoverkehr temporären Sperrung der Brückenstraße geben könnte. Diese Sperrung könnte im etwa im Kulturhauptstadtjahr 2025 zu einer kulturellen Nutzung der Brückenstraße zwischen Straße der Nationen und Mühlenstraße beitragen. Konzerte, Gastronomie, Sport, Wissenschaftsparcours oder Unternehmenspräsentationen seien möglich. In den Workshops wurden auch dazu konkrete Beispiele der Nutzung erarbeitet: 

Zu den unzähligen Möglichkeiten  zählen zum Beispiel, dass man einen Fahrrad-Parcours mit Stromgeneratoren zur Erzeugung von Energie aufbauen könnte, den man dann beispielsweise für die Beleuchtung eines Lichterfestes nutzen kann. Eine Idee beschäftigte sich mit Rollrasen auf der Brückenstraße und einem Picknick, vielleicht sogar im Hinblick auf einen Weltrekordversuch (z.B. die längste Tafel der Welt). Mobile Kunst könnte in Straßenbahnen präsentiert werden und eine mobile Bühne für Musik-, Tanzevents für Teenager, Erwachsene oder Senioren könnte den Bereich kulturell stärken. Auf dem Marienplatz könne man sich eine Art Containerdorf mit Handel, Gastro und Bühnenarchitektur vorstellen. Firmen, die sich mit autonomen Fahren beschäftigen, könnten außerdem ihre aktuelle Arbeit präsentieren. 

Wie geht es jetzt weiter?

Ideen über Ideen sprudelten in den Workshops, doch wie geht es nun weiter? Der Chemnitzer Kulturverein wird die wichtigsten Projekte nun finalisieren und an Vertreter des Landes, Fraktionen, der Stadtverwaltung und anderen Vereinen vorlegen. Priorisiert werden Ideen der temporären Nutzung der Brückenstraße. Im Nachgang wird an der finanziellen Umsetzung gearbeitet.

Was haltet ihr von einer Erweiterung des Innenstadtbereichs in Richtung Schillerplatz? (Siehe Bild 1)

 
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