Burrnesha: Frauen die als Mann leben und Weiblichkeit entsagen

Kultur Phänomen der albanischen Jungfräulichkeitseide

Die albanische Kultur ist reich an Traditionen und Überlieferungen, die den meisten Menschen nicht bekannt sind. Unter diesen Traditionen ist die "Burrnesha" eine der kuriosisten. Burrnesha bezieht sich auf Frauen, die sich mehr oder weniger freiwillig dafür entscheiden, ein Leben lang als Männer zu leben. Sie schwören auf ihre ewige Jungfräulichkeit, kleiden sich wie Männer, nehmen "männliche Rollen" in der Gesellschaft ein und verzichten im Gegenzug auf die traditionellen weiblichen Pflichten. In diesem Artikel werden wir einen genaueren Blick auf das Phänomen werfen und die Bedeutung in der albanischen Gesellschaft erkunden.

Hintergrund des Brauchs

Die Tradition hat ihre Wurzeln im nordalbanischen Kanun, einer Art von Ehrenkodex, der das Leben in den Bergen seit Jahrhunderten regelt. Nach diesem Kodex werden Frauen als weniger wertig angesehen und haben begrenzte Rechte und Freiheiten. Burrnesha entstand als ein (Aus-)Weg für Frauen, sich diesen Einschränkungen zu entziehen und eine gewisse soziale Geltung zu erlangen, indem sie die traditionellen Rollen umkehrten, allerdings nicht ohne Hindernisse.

Leben wie eine Burrnesha

Wenn eine Frau beschließt, eine Burrnesha zu werden, legt sie einen feierlichen Schwur ab, ihre Jungfräulichkeit bis zum Tode zu bewahren und wie ein Mann zu leben. Sie verändert ihre Kleidung, Haarschnitt und sogar ihren Namen, um männlicher zu erscheinen. Eine Burrnesha nimmt auch typisch männliche Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten in der Gemeinschaft auf, wie das Hüten von Tieren, die Teilnahme an politischen Diskursen oder die Unterstützung bei Familienentscheidungen, oftmals rührte daher auch der Hauptgrund. Wenn das geboren männliche Familienoberhaupt verstorben oder im Krieg gefallen war, musste ein Ersatz gefunden werden.

Soziale Bedeutung

Die Entscheidung, eine Burrnesha zu werden, ist sowohl interpersonell als auch gesellschaftlich bedeutsam. Für die Frauen bedeutet es eine Befreiung von den traditionellen Geschlechterrollen und eine Möglichkeit, mehr Autonomie und Respekt zu erlangen. Burrnesha werden oft als ehrenvoll angesehen und genießen in der Gemeinschaft ein hohes Ansehen. In den letzten Jahrzehnten hat sich die albanische Gesellschaft stark gewandelt, und mit ihr hat sich auch die Rolle der Burrnesha verändert. Durch den Einfluss der Moderne und den zunehmenden Zugang zu Bildung und Berufsmöglichkeiten haben viele Frauen alternative Wege gefunden, um ihre Rechte und Freiheiten auszudrücken. Als Folge davon ist die Anzahl der Burrnesha deutlich zurückgegangen.

Herausforderungen und Kontroversen

Trotz des Ansehens, das Burrnesha in der Vergangenheit genossen haben, sind sie auch mit Herausforderungen und Kontroversen konfrontiert. Einige Kritiker sehen die Praxis als einen Weg, den albanischen Traditionen zu entkommen und betrachten Burrnesha als eine Verletzung der natürlichen Geschlechteridentität. Es gibt auch Diskussionen darüber, ob Burrnesha tatsächlich eine Wahl haben oder ob sie aufgrund sozialer Zwänge und Benachteiligung dazu gedrängt werden, diese Entscheidung zu treffen. Ein weiteres Problem ist die soziale Isolation, mit der Burrnesha konfrontiert sein können. Da sie sich von den traditionellen weiblichen Rollen distanzieren, können sie oft von ihren Familien und Gemeinschaften ausgeschlossen werden beziehungsweise werden sie entfähigt eine eigene zu gründen. Angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen und der fortschreitenden Gleichberechtigung in Albanien wird die Tradition wahrscheinlich irgendwann aussterben. Traditionellen Geschlechterrollen werden zunehmend in Frage gestellt, neue Freiheiten erkundet. Es ist jedoch wichtig, die Geschichte und Bedeutung der Burrnesha zu respektieren und zu verstehen, da sie ein Teil des kulturellen Erbes Albaniens darstellen und die Geschichte immer die Zukunft prägt.

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