Erzgebirgische Holzrücker machen Staatsminister neidisch

Besuch Zukunft des Holzrückens unsicher

Gelenau. 

Gelenau. Hätte Wolfram Günther noch einmal die Chance, sich einen Beruf auszusuchen, würde die Wahl womöglich anders ausfallen als in seiner Jugend. "Augen auf bei der Berufswahl", sagte der Sächsische Staatsminister für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft am Mittwoch, als er in einem Wald bei Gelenau zwei Holzrückern und ihren Pferden bei der Arbeit zusah. "Da werde ich neidisch", gestand der studierte Jurist und Kunsthistoriker angesichts seines Büro-Alltags.

"Es fehlt die Nachfrage"

Glücklich ist Günther aber auch in der Politik geworden, zumal er als Minister helfen kann, traditionelles Handwerk wie das der Holzrücker anderen Menschen ans Herz zu legen. Dies war ein Hauptanliegen des 49-Jährigen, der bei seinem Besuch im Erzgebirge nicht nur seine Liebe zu Natur und Pferden offenbarte, sondern auch Sorgen. "Gelenau ist eins der wenigen Forstreviere, die diese Form der integrativen Waldbewirtschaftung nutzen", so Günther. Auch andere warnten bei dieser Gelegenheit, dass die Zukunft des Holzrückens mit Pferden trotz vieler Vorteile alles andere als gesichert ist.

"Es fehlt die Nachfrage, weil nicht alle Revierförster dieses Handwerk kennen. Die neue Generation ist damit nicht groß geworden", sagt Thomas Schirmer über das Holzrücken. Der Forst-Experte aus Glasten ist Vorsitzender der Interessengemeinschaft Zugpferde Sachsen. Als solcher will er diese Tradition wieder bekannter machen und zugleich verhindern, dass in Zeiten zunehmender Bürokratie noch mehr Zertifizierungen nötig werden: "Holzrücker werden einfach gebraucht. Bedarf und Notwendigkeit sind da."

Flexibilität der Pferde hilft

Einer, der die Hilfe der Vierbeiner zu schätzen weiß, ist Tobias Hamm. "Pferde sind flexibel einsetzbar. Sie kann man auch dort nutzen, wo man selbst mit Kran und Stahlseilen nicht hinkommt", erklärt der Gelenauer Revierförster. Gerade jetzt, wo aufgrund der Borkenkäferschäden viel Holz abtransportiert werden muss, ist diese Hilfe gefragt. Oft müssen auch zwischen den mindestens 40 Meter auseinander liegenden Rückegassen, die für schwerere Technik zugängig sind, Bäume gefällt werden. Und die werden dann mit tierischer Unterstützung transportiert. Dass die Stämme dabei im Boden Spuren hinterlassen, verursache kaum Schäden - eher ist das Gegenteil der Fall. "Das Aufreißen des Bodens hilft bei der Verjüngung des Waldes", erklärt der 40-jährige Förster. Schließlich könnten Samen so leichter in den freigelegten Mineralboden gelangen.

Leidenschaft fürs Holzrücken

Für das Aufbrechen der Kruste kann auch ein Scheibenpflug genutzt werden, so wie es Lukas Meinhold am Mittwoch mit seinem Kaltblüter dem staunenden Minister präsentierte. Während der Holzrücker aus Neudorf seit 21 Jahren vollberuflich auf diesem Gebiet aktiv ist, stellt die Arbeit mit den Pferden für Ines Bruchhold ein Nebengewerbe dar. "Bis zum Mittag bin ich Krankenschwester", erklärt die 50-jährige Wiesaerin, die nachmittags oder an den Wochenenden meistens in den Wald aufbricht. Dort geht sie mit ihrem Vierbeiner einer Leidenschaft nach, die sie als Jugendliche von einem erfahrenen Holzrücker gelernt hat. "Zwischen Herbst und Frühjahr gibt es am meisten zu tun", berichtet die Erzgebirgerin, die vergangenes Jahr mit ihrem Zweispänner sogar Deutsche Meisterin im Holzrücken geworden ist. Und mit ihrem Geschick konnte sie auch Minister Wolfram Günther beeindrucken.

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