Rolf Steinhausen feiert 80. Geburtstag

MOTORSPORT Zweifacher Seitenwagen-Weltmeister war auch in Sachsen ein gern gesehener Gast

Zschorlau. 

Zschorlau. Heute feiert der zweimalige Seitenwagen-Weltmeister und zehnfache Grand-Prix-Sieger Rolf Steinhausen seinen 80. Geburtstag. In seiner aktiven Zeit war er für die hiesigen damaligen DDR-Bürger lediglich beim Motorrad-WM-Lauf im damals tschechoslowakischen Brünn live zu erleben, doch nach der Wende kam er auch des Öfteren im Zuge seiner Nebentätigkeit als Gespann-Techniker oder zu Klassik-Veranstaltungen nach Ostdeutschland, zum Beispiel zum Sachsenring oder zum Zschorlauer Dreieckrennen und wurde hier nachtäglich ein gefeierter Held.

 

Vom Motocross zum Straßenrennsport

Rolf Steinhausen wurde am 27. Juli 1943 in Nümbrecht im Oberbergischen Kreis geboren, ist also im weiteren Sinne Rheinländer. Er entstammt einer Motorsport-begeisterten Familie und zugleich einer solchen Ecke Deutschlands, wenngleich in der Nähe von Bielstein Motocross das bestimmende Thema war und heute noch ist. Natürlich versuchte sich demzufolge auch Rolf Steinhausen beim Motocross, doch kam er schnell zum Straßenrennsport. 1961 bestritt er als Solist seine ersten Rennen, doch nach einem folgenschweren Unfall auf dem Nürburgring musste er sieben Monate pausieren.

Nahezu im Anschluss an diese Rekonvaleszenz hatte er einen bösen Skiunfall, der einen zwölfmonatigen Krankenhausaufenthalt zur Folge hatte. Doch auch das hielt Rolf Steinhausen nicht davon ab, 1963 seine bis dahin kurze und äußerst unglücklich verlaufene Karriere fortzusetzen, nun allerdings im Gespann-Rennsport. "Bis zu 40 unverkleidete Gespanne standen damals bei den Rennen der Ausweisklasse oftmals am Start", erinnert sich der Jubilar an die Anfänge seiner aktiven Zeit und zugleich Blütezeit der Seitenwagen. Die Gespanne hatten damals in der Weltmeisterschaft, vor allem aber in Deutschland, einen sehr hohen Unterhaltungs- und Stellenwert, zumal in der 1949 eingeführten Motorrad-Weltmeisterschaft seit 1954 sämtliche Gespann-Weltmeister aus Deutschland kamen.

So zum Beispiel Max Deubel, der acht Jahre früher als Rolf Steinhausen im nur einen Steinwurf entfernten Wiehl geboren wurde. Zwischen den beiden hatte sich rasch ein freundschaftliches Verhältnis entwickelt, so dass der Weltmeister der Jahre 1961, 1962, 1963 und 1964 dem jungen technisch begabten Rolf Steinhausen mit Rat und Tat unterstützte und ihm eines seiner Fahrwerke überließ.

 

Auftstieg in die DM und WM

Es dauerte nicht lange, da war Rolf Steinhausen in die Lizenzklasse der Deutschen Meisterschaft aufgestiegen, und 1972 gab er mit seinem Schmiermaxe Werner Kapp auf dem Nürburgring beim Saisonauftakt sein Debüt in der WM. Waren bis dato die BMW mit ihren Viertakt-Boxer-Motoren dominierend, die lediglich Helmut Fath Ende der 1960er- und Anfang der 1970er-Jahre mit seiner URS erfolgreich herausgefordert hatte, erkannte Rolf Steinhausen das Potenzial der Zweitakter auch im Gespannrennsport und verfolgte dieses Ziel konsequent.

Dazu hatte er eine Solo-König zum Gespann umgebaut. Auf dem Nürburgring hatten Steinhausen/Kapp weit in Führung gelegen, doch nachdem der Beifahrer zwischenzeitlich aus Angst das Batteriekabel abgezogen hatte, war man noch ohne Punkte geblieben. Beim zweiten Saisonrennen im französischen Clermont-Ferrand sammelten sie als Fünfte dann ihre ersten WM-Zähler. Nur eine Woche später waren sie auch auf dem Salzburgring am Start, wo sie gute Vierte wurden. Eine ganze WM-Saison war damals noch nicht drin, doch nachdem sie im belgischen Spa-Francorchamps als Siebente erneut in den Punkten landeten, schlossen sie ihr erstes WM-Jahr auf dem zehnten Gesamtrang ab.

"Ich war damals der Erste, der mit einem Zweitakter die WM fuhr. Die König war so überlegen, doch war ich als Fahrer noch nicht so weit und meine Beifahrer auch nicht. Außerdem bin ich damals noch mit 16-Zoll-Rädern gefahren. Die anderen fuhren da schon die Zehn-Zoller", blickt Rolf Steinhausen zurück. Und weiter: "Klaus Enders war damals der Seriensieger und -weltmeister. Von ihm habe ich die meisten Lehrstunden gekriegt."

 

Glaubenskrieg zwischen Vier- und Zweitakt-Verehrern

 

Die Saison 1973 begann er mit Karl Scheurer im Boot. Mit ihm erzielte Rolf Steinhausen dann auch seinen ersten Podestplatz, und zwar ausgerechnet als Dritte beim damals noch zur WM zählenden Rennen auf der Isle of Man.

Ab Assen trat an dessen Stelle Erich Schmitz. Nach weiteren Platzierungen in den Punkten konnte man sich am Jahresende auf dem sechsten Endrang klassieren. Für 1974 ließ sich Rolf Steinhausen von Dieter Busch ein Fahrwerk für seine schnellen vom Motorbootrennsport kommenden König-Motoren bauen und spannte nach den beiden Rennen auf der Isle of Man mit wiederum Karl Scheurer im Boot, in denen man jedoch jeweils ausfiel, mit dem Obinger Sepp Huber zusammen. Von da an ging es richtig nach vorn, so dass sich mit dieser Konstellation rasch noch größere Erfolge einstellten.

Noch heute nennt Rolf Steinhausen Sepp Huber und den Briten Kenny Arthur, ohne den anderen zu nahe treten zu wollen, als seine besten Beifahrer. Beim Heim-Grand-Prix auf dem Nürburgring, den Werner Schwärzel, sein geschätzter Weggefährte von Beginn an, ebenfalls auf einer König gewann, wurden Steinhausen/Huber Vierte und standen später in Imola als Dritte erstmals gemeinsam auf dem Podest.

In Assen wurden sie dann hinter Klaus Enders/Ralf Engelhardt, die weiterhin auf eine Busch-BMW setzten, Zweite und drehten nur eine Woche später auf dem 14 km langen alten Kurs von Spa-Francorchamps den Spieß um. "In der letzten Kurve sind wir vorbeigegangen und konnten auch besser beschleunigen. Der Klaus war dann auch gleich der erste Gratulant", erinnert sich Rolf Steinhausen noch heute gern an seinen ersten GP-Sieg. Am Saisonende stand diesmal WM-Rang vier zu Buche. Enders Engelhardt hatten vor Schwärzel/Kleis ihren sechsten WM-Titel eingefahren, sprich, die Erfolge der beiden Konzepte Viertakt/Zweitakt hielten sich jetzt nahezu die Waage und es entwickelte sich eine Art "Glaubenskrieg".

 

WM-Titel errungen und verteidigt

 

Doch dann kam 1975, das Jahr, in dem sich das Pendel schlagartig und für lange Zeit endgültig in Richtung der Zweitakter bewegte. Nach den Siegen bei den WM-Läufen auf dem Salzburgring, der Isle of Man und in Spa sowie einem dritten Platz in Hockenheim und Rang drei in Brünn wurden Rolf Steinhausen/Sepp Huber mit drei Punkten Vorsprung auf Werner Schwärzel/Andreas Huber Weltmeister der Seitenwagen.

Im darauffolgenden Jahr verteidigten Steinhausen/Huber mit den gleichen GP-Siegen (Salzburgring, Isle of Man und Spa) sowie Platz zwei beim Saisonfinale auf dem Nürburgring ihren WM-Titel und verwiesen Schwärzel/Huber erneut auf den zweiten Schlussrang, diesmal sogar etwas deutlicher. 1977 stieg bei Rolf Steinhausen Wolfgang Kalauch ins Beiboot, und während der Saison wechselte er von Busch-König auf Busch-Yamaha. Mit WM-Rang vier war man wieder im Vorderfeld dabei.

Nach einem mageren Jahr 1978 gewann er im Jahr der zweigleisigen WM (1979) der herkömmlichen und der revolutionären Gespanne, in den der Beifahrer zur Untätigkeit verdammt wurde, mit einem konventionellen Dreirad und mit Kenny Arthur als Beifahrer die WM-Läufe in Hockenheim und in Spa und wurde noch einmal Vizeweltmeister (in der "B2A"), doch auf Grund eines schweren Unfalls in Brünn sowie seiner aufblühenden Geschäfte als Busunternehmer und Motorradhändler musste er vorübergehend etwas Zeit vom Rennsport opfern. Von daher kamen seine beiden Titel in der Deutschen Meisterschaft 1985 und 1986, jeweils mit Bruno Hiller, vergleichsweise spät zustande, aber sie kamen halt auch noch.

 

Gute Erinnerungen an die Isle of Man

 

Da es früher gutes Antrittsgeld gab, konzentrierte er sich auf die Weltmeisterschaftsläufe plus einige ausgewählte Einladungsrennen. Gute Erinnerungen hat Rolf Steinhausen diesbezüglich auch an die Isle of Man. Nicht nur wegen seiner Siege bei den regulären WM-Läufen. Nachdem man ihn 1972 noch als zu jung und zu unerfahren eingestuft hatte, entwickelte er sich zum echten Meister der Isle of Man.

Einen seiner bedeutungsvollsten Siege errang er 1977 hier, als er die Gesamtwertung der einzigen beiden Rennen über je vier Runden ausgetragenen und zusammen gewerteten Rennen (üblich sind für die Sidecars drei Runden) zusammen mit Wolfgang Kalauch nach Tankstopp und allem Pipapo für sich entschied. Nach insgesamt zehn GP-Siegen fuhr Rolf Steinhausen 1989 seine letzte Saison, die er auf Platz acht abschloss. Später betreute er seinen Sohn Jörg, der mit sechs DM-Titeln und vielen vorderen Platzierungen in der WM ebenfalls sehr erfolgreich war.

Zu seinem Abschied vom aktiven Rennsport gab Rolf Steinhausen ein mehrtägiges Fest mit 320 Gästen inklusive allen seinen ehemaligen Konkurrenten und auch seinen 13! Beifahrern. "Ich war zwar ein wilder Hund, wie man so schön sagt, aber ich habe alle gesund wieder abgegeben", merkt Rolf Steinhausen zu diesem Thema an. Danach wurde vielfach der Wunsch nach einem Comeback von ihm geäußert - allein schon wegen eines weiteren rauschenden Festes.

Dieses gab Rolf Steinhausen später tatsächlich, allerdings in der Klassik-Szene. Nachdem er mehrmals pro Jahr mit seinem Busch-König-Gespann, wie er es von 1976 bis 1978 eingesetzt hatte, bei derartigen Veranstaltungen am Start war, hängte er am Ende der vergleichsweise kleinen, aber auch von ihm schnell liebgewonnenen Demonstrationsfahrten für historische Renntechnik auf dem Zschorlauer Dreieck im Erzgebirge 2018 den Helm an den Nagel. Und das kam so: Fünf Tage nach dem Zschorlauer Dreieckrennen 2018 wurde Rolf Steinhausen 75 Jahre alt. "Vor zwei Jahren reifte in mir der Entschluss, bis 75 zu fahren und dann aufzuhören. Jetzt ist dieser Moment gekommen. Vor zwei Wochen waren wir in Spa, da habe ich es meiner Frau erzählt. Im ersten Moment ist zwar etwas Traurigkeit dabei, aber ich habe diesen Entschluss gefasst und muss das nun auch durchziehen", erklärte er damals sichtlich gerührt.

Was Rolf Steinhausen damals als endgültig betitelte, wurde allerdings zwei Jahre später beim Sidecar Festival in Oschersleben schon wieder hinfällig und er rückfällig. Ungeachtet dessen ist er aber bis heute des Öfteren bei Sidecar-WM- oder IDM-Rennen mit verschmierten Händen anzutreffen, da er nach wie vor seine Schrauberfähigkeiten einbringt und auch seine Erfahrung als Pilot weitergibt. So war er zum Beispiel in die Entwicklung der Adolf RS, heute ARS, eingebunden.

 

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