Warum Veilchen-Trainer Pavel Dotchev in der Disco gern gesehen war

Talkabend Journalist Thomas Veit holt sich FCE-Chefcoach zum Gespräch

Erzgebirge. 

Erzgebirge. Ein Fußballspiel dauert in der Regel zweimal 45 Minuten. Dazwischen gehen die Mannschaften für 15 Minuten in die Kabine. Und genau so lang hat auch der "Der Sächssche Dobbelbass" im Kulturhaus Aue am Mittwochabend gedauert. Journalist Thomas Veit hatte sich zu diesem den Cheftrainer des FC Erzgebirge Aue eingeladen.

Über den Relegationsplatz spricht er nicht

Im kleinen Saal sollte es um Fußball gehen und natürlich um den Lebensweg von Dotchev, der mit dem FC Erzgebirge Aue 2016 den sofortigen Wiederaufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga schaffte. Auch aktuell stehen die Veilchen in aussichtsreicher Position und haben sich nach ein bisschen Auf und Ab in der Hinrunde ordentlich stabilisiert. Der Relegationsplatz scheint greifbar, doch Dotchev ließ sich von Veit nicht ins Boxhorn jagen. "Er wolle nicht über das sprechen, wovon alle träumen", sagte er. Und machte deutlich, dass er gemeinsam mit seinem Trainerteam von Spiel zu Spiel denke. Und da kommt am Sonntag nun einmal Preußen Münster ins Erzgebirgsstadion - das Team der Rückrunde. Denn Münster hat fünf der letzten acht Spiele gewonnen, sich dreimal Unentschieden getrennt.

Mit dem Bus zum Training

Dotchev nahm die interessierten Besucher, die zum Teil mit Schal und Trikots im Saal Platz genommen haben, auf eine Reise in seiner Fußballkarriere mit. Er sei als Kind zunächst ein Straßenfußballer gewesen. Im Alter von acht Jahren schloss er sich Lokomotive Sofia an. "Mit dem Bus sind wir zum Training", erinnert er sich. So ist Dotchev seit 50 Jahren im Fußballgeschäft aktiv. Und plötzlich flammt das erste Mal seine Leidenschaft auf als er auf die jungen Schiedsrichter zu sprechen kommt. "Das sind 20 bis 25-Jährige Jungs, die haben nie Fußball gespielt. Es nervt mich. Das tut mir weh, wenn ich mir von ihnen erkläre lassen muss, wie Fußball funktioniert." Völlig zurecht müsse er dafür halt auch mal eine gelbe Karte sehen. Der Saal lacht - nicht zum ersten Mal, denn schon die Begrüßung bot genügend witzige Momente. Etwa als Veit sagte, Dotchev sei jetzt 65 Jahre. "Ich habe gesagt ich bin 65 geboren. Das ist ein Unterschied", konterte Dotchev den Moderator aus.

Sympathien für Deutschland

Doch zurück zu Dotchevs Karriere, die in seiner Heimat Bulgarien begann. "Junge Spieler durften erst ab 28 Jahren ins Ausland wechseln", sagt er und Veit weiß, dass DDR-Spieler gar nicht wechseln konnten, egal welche verlockender Verein Tuchfühlung mit dem Kicker aufnahm. Anfang der 1990er ging Dotchevs erstmals nach Deutschland, obwohl er für bulgarische Verhältnisse richtig gut verdiente. "In der Disco war man damit ein gern gesehen Gast." Zu Deutschland hatte er schon immer eine Sympathie. Diese ging auf seinen Vater zurück, der in einer deutsch-bulgarischen Firma gearbeitet hat. "Ich bin also nach Deutschland gekommen, um Geld zu verdienen", spricht er aus. Und korrigiert sich kurz danach, denn nur selten sei es in seiner weiteren Karriere um Geld gegangen. Pavel Dotchev sagt: "Ich bin mit allem glücklich, was ich habe."

Flammendes Plädoyer zum Schluss

Es wird im Laufe des Abends deutlich, dass er ein Gefühlsmensch ist. Der nicht jede Niederlage verdaut und vergessen hat. Dem es wichtig ist, dass die Menschen ihn mögen und dass er das macht, was ihm am Herzen liegt. Und so hält er zum Schluss fünf Minuten lang ein flammendes Plädoyer über seine Zeit in Aue, über einen Verein, der ihm ganz tief im Herzen sitzt. Über einen Verein, für den er auf Geld verzichtet, um der Mannschaft eine Chance auf den Klassenerhalt zu geben und zu dem er immer wieder zurückkehrt, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Der Applaus ist tosend. Dotchev wird einer von ihnen und manchen Zweifler dürfte er an diesem Abend von sich und seiner Arbeit überzeugt haben.

 

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