Handel: Schlechtes Zeugnis für Corona-Politik

Corona Vom Lockdown betroffene Händler fordern Strategiewechsel

Gerade erst geöffnet, schon wieder geschlossen: Click&Meet, also der Ladenbesuch mit vorheriger Anmeldung, war gerade einmal zwei Wochen möglich, bevor einige Landkreise und Kreisfreien Städte aufgrund steigender Corona-Fallzahlen von der "Notbremse" gebrauch machen mussten. Heißt: Alles auf Anfang. Einkaufen im Möbelhaus oder shoppen im Modegeschäft ist wieder nur per "Click&Collect" möglich - vorher bestellen und die Ware vor Ort abholen. Kein Wunder, dass sich die vom Lockdown betroffenen Händler zunehmend enttäuscht zeigen und die derzeitigen Maßnahmen im Durchschnitt für "mangelhaft" halten. Das ergab eine aktuelle Umfrage des Handelsverbands Deutschland (HDE) unter rund 1.000 Handelsunternehmen.

 

Strategiewechsel notwendig

An den bevorstehenden Corona-Gipfel haben die befragten Händler klare Erwartungen: der HDE fordert einen Strategiewechsel. Besonders Händler mit nach wie vor geschlossenen Geschäften stehen den Maßnahmen kritisch gegenüber. Sie bewerten die jüngsten Öffnungsschritte und die Regelungen in den Bundesländern mit der Note "ungenügend". Auch bei Händlern mit Click & Meet kommen die aktuellen Maßnahmen nicht gut an. Sie schätzen die Öffnungsschritte und deren Umsetzung als "mangelhaft" ein. "Das schlechte Zeugnis ist ein Weckruf an Bund und Länder. Es ist höchste Zeit für einen Strategiewechsel hin zu einer evidenzbasierten Öffnungsstrategie", betont HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.

 

Forderung: Vollständige Öffnung mit Hygienekonzept

Dass akuter Handlungsbedarf besteht, verdeutlichen die Erwartungen der befragten Händler an den Bund-Länder-Gipfel. Rund 80 Prozent von ihnen fordern die vollständige Öffnung des Einzelhandels unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln. Hoffnung setzen sie auch in Impfungen, die laut 70 Prozent der Befragten schneller durchgeführt werden sollten. Gut die Hälfte der Händler erwartet von Bund und Ländern eine Anpassung der Wirtschaftshilfen unter Berücksichtigung eines Unternehmerlohns. Eine Verdopplung der Corona-Hilfen ist für mehr als 40 Prozent der Befragten wichtig. Die Fortsetzung der aktuellen Maßnahmen kann sich mit einem Zehntel nur ein Bruchteil der Händler vorstellen.

 

"Keine ausschließlich inzidenzorientierte Schließung"

"Unter Händlern herrscht Einigkeit. Wir müssen jetzt die flächendeckende Öffnung des Handels angehen und das Impftempo erhöhen. An den Entscheidungen am Montag hängen Existenzen", warnt Genth. Er fordere Bund und Länder auf, ihre Öffnungsstrategie anzupassen. Weiterhin auf die ausschließlich inzidenzorientierte Schließung ganzer Branchen zu setzen, sei inakzeptabel. "Bewältigen können wir die Krise nur mit einer Öffnungsstrategie, die das Infektionsgeschehen ganzheitlich auf Grundlage aller relevanten Indikatoren beurteilt", so Genth. Die höhere Testquote und die Auslastung der Intensivbetten seien unbedingt zu berücksichtigen.

 

Ansteckungsrisiko beim Einkaufen gering

Durch die ersten Öffnungsschritte der vergangenen Woche hätten viele Händler ein kleines Licht am Ende des Tunnels gesehen. Eine Rückkehr in den Lockdown würde ihnen die Perspektive rauben. Wie das Robert-Koch-Institut bestätige, sei das Ansteckungsrisiko beim Einkaufen gering. "In den vergangenen Monaten haben sich die Hygienekonzepte und Abstandsregelungen bewährt. Mit ihnen ist eine Öffnung aller Geschäfte schon heute bedenkenlos möglich. Die Händler brauchen eine Perspektive. Und die darf nicht von ihrem Bundesland oder allein der Inzidenzzahl abhängen", so Genth weiter.

 

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