Keine Priorisierung in Arztpraxen: Droht jetzt das Impftermin-Chaos?

Corona Seit Montag gibt's die Spritze unabhängig von Alter, Beruf oder Vorerkrankung

Die Priorisierung für eine Corona-Impfung soll bundesweit zwar erst ab dem 7. Juni entfallen, doch immer mehr Bundesländer preschen nun vor: In Baden-Württemberg können sich die Menschen bereits seit vergangenem Montag in Arztpraxen ohne Eingruppierung impfen lassen. Bayern zog drei Tage später nach. Auch in Brandenburg und Hessen wird über eine frühe Impffreigabe nachgedacht. In Sachsen können sich Impfwillige seit diesem Montag ebenfalls in den Arztpraxen für einen Termin anmelden - unabhängig von Alter, Beruf oder Vorerkrankung. Damit können die Mediziner ohne Bindung an die Coronavirus-Impfverordnung frei entscheiden, welche Patienten sie zuerst impfen. Auch die Beschränkung auf spezielle Impfstoffe entfällt.

 

Größtmögliche Flexibilität

"Die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte kennen ihre Patientinnen und Patienten am besten und können sehr gut einschätzen, wer am meisten gefährdet ist und daher bevorzugt geimpft werden sollte. Viele Ärzte sprechen diese Patienten gezielt an, um ihnen eine Impfung anzubieten", erklärt Gesundheitsministerin Petra Köpping. "Mit unserer Entscheidung wollen wir die Arztpraxen so weit wie möglich bei Organisation und Terminvergabe entlasten, damit sie mit größtmöglicher Flexibilität Impfungen vornehmen können. Ich bin überzeugt, dass dies eine schnellere Verabreichung der Impfstoffe ermöglicht. Und darum geht es." Für die Impfstoffe von AstraZeneca und Johnson & Johnson war die Priorisierung in Arztpraxen bereits aufgehoben worden. In den Impfzentren und bei den mobilen Teams wird die Priorisierung dagegen beibehalten. Der Entscheidung vorausgegangen waren Beratungen des Sozialministeriums mit der Sächsischen Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen (KVS).

 

Impfen soll in Arztpraxen Priorität haben

Klar sei aber auch, dass dadurch jetzt nicht sofort mehr Impfstoff zur Verfügung stehe. Köpping: "Es können nicht alle sofort geimpft werden. Ich bitte daher weiter um Geduld und Solidarität, auch wenn verständlicherweise der Wunsch nach einer schnellen Impfung groß ist. Zur Solidarität gehört auch, seinen Impftermin abzusagen, falls er nicht wahrgenommen werden kann. Dann können andere Menschen zum Zug kommen." Um die Impfungen in den Praxen zu beschleunigen und insbesondere die Hausärzte zu entlasten, sollten bis zu den Sommerferien nicht unbedingt notwendige Arztbesuche vermieden und nicht dringende Behandlungen verschoben werden. Darauf haben sich Gesundheitsministerin Petra Köpping, Sächsischer Hausärzteverband, Kassenärztliche Vereinigung Sachsen (KVS) und Landesärztekammer verständigt. So könnten etwa Routine-Kontrolluntersuchungen, Besprechungen von Laborbefunden oder allgemeine Check-Ups um einige Wochen verschoben werden. Notfälle oder dringende Behandlungen werden selbstverständlich weiterhin versorgt. "Um die absolut notwendige schnellere Durchimpfung mit zumindest einer Erstimpfung zu erreichen, ist Verständnis auch seitens der Patientinnen und Patienten notwendig für diesen wichtigen Kraftakt auf nicht notwendige Arzttermine nochmals für eine kurze Zeit zu verzichten", sagt Erik Bodendieck, Präsident der Sächsischen Landesärztekammer. Auch Klaus Lorenzen, Stellvertretender Vorsitzender des Sächsischen Hausärzteverbandes, plädiert dafür Routinekontrollen zu verschieben: "Da in den sächsischen Arztpraxen perspektivisch in den nächsten Wochen endlich genügend Impfstoff aller Hersteller bereitgestellt werden kann, sollten wir eine gemeinsame Anstrengung in den nächsten 6 bis 8 Wochen unternehmen, so vielen Patientinnen und Patienten wie möglich ein Impfangebot zu unterbreiten."

 

Vogtland zeigt, wie es gehen kann

Aufgrund der Einstufung als Hochinzidenzgebiet und dem besonders erhöhten Infektionsrisiko durch die Grenzlage zu Tschechien wurde die Impfpriorisierung im Vogtland bereits Mitte März aufgehoben - mit Erfolg. Auch über Pfingsten hat sich der Landkreis als Region mit dem sachsenweit niedrigsten Corona-Infektionsgeschehen behauptet. Am Dienstag wies das Robert Koch-Institut (RKI) die 7-Tage-Inzidenz für das Vogtland mit 30,5 aus (Pfingstmontag 35,8). Der einstige Corona-Hotspot Deutschlands liegt damit bereits mehrere Tage unter der Marke von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern in sieben Tagen. Das ist sachsenweit einmalig.

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