Kinder zahlen den Lockdown-Preis

Ratgeber Fehlende Immunisierung im Frühjahr macht sie jetzt anfälliger für Erreger

Kinderarztpraxen arbeiten seit einigen Wochen am Limit. Dabei hat die eigentliche Erkältungszeit der kalten Monate noch gar nicht angefangen. Der Grund für die vielen kleinen Patienten ist Experten zufolge vor allem im Lockdown Anfang des Jahres zu suchen. Aufgrund der Covid-19-Prävention wurden lange Zeit allseits bekannte Erkältungskrankheiten zurückgedrängt. Die normale Immunisierung der Kleinen konnte durch die Kontaktbeschränkungen nicht stattfinden. Doch gerade bei Kindern ist der Aufbau eines gesunden Immunsystems enorm wichtig, weil der Körper erst mit Kontakt zu Erregern lernt, damit umzugehen. So hat der Lockdown, der eigentlich zum Schutz gedacht war, jetzt weitreichende Folgen für die Kleinen.

RS-Virus auf dem Vormarsch

Mediziner sprechen vom sogenannten Rebound-Effekt - vergleichbar mit einem Boomerang, der irgendwann mit gleicher Geschwindigkeit wieder zurückkommt. So hatten Erreger nach der Öffnung von Kitas und Schulen leichtes Spiel und führen aktuell häufiger zu mehr Atemwegsinfektionen. Zurzeit verbreitet sich eine Infektionskrankheit namens RSV - ausgesprochen: Respiratorisches Synzytial-Virus. Die Infektion geht mit starkem Husten, laufender Nase und Fieber einher. Kinderärzte stellen sich bereits auf einen heftigen Winter ein.

Neugeborene besonders betroffen

Schätzungen zufolge infiziert sich die Hälfte aller Kinder jeden Winter mit dem RS-Visrus. Laut Robert Koch-Institut haben bis zum Ende des zweiten Lebensjahres nahezu alle Kinder eine Infektion mit diesem Erreger durchgemacht. In den allermeisten Fällen handelt es sich jedoch nur um eine leichte Erkältung, die nach kurzer Zeit wieder verschwunden ist. Doch gerade bei Neugeborenen und Babys verläuft die Krankheit teilweise schwerwiegend. Es kommt in manchen Fällen zu starken Atembeschwerden, die eine stationäre Behandlung notwendig machen. Es gibt auch Fälle, in denen die Kleinen das Trinken verweigern und somit einen enormen Flüssigkeitsverlust erleiden. Auch dann ist eine Versorgung im Krankenhaus notwendig. Zunächst kündigt sich eine Infektion durch Schnupfen an, gefolgt von hohem Fieber. Kinder beginnen zu husten, das Atmen kann schmerzen. Innerhalb weniger Stunden können sich die Beschwerden verschlimmern.

So können Eltern vorbeugen

Da eine RSV-Infektion nicht unter das Meldegesetz fällt und bei größeren Kindern oft unerkannt bleibt, tummeln sich die Viren von Herbst bis Frühjahr vermehrt in Betreuungseinrichtungen. Sie werden durch Tröpfcheninfektion, Hautkontakt oder Berührung von mit dem Erreger verunreinigten Flächen übertragen. RS-Viren können dabei 20 Minuten auf Händen überleben, 45 Minuten auf Papierhandtüchern und bis zu mehreren Stunden auf Kunststoffoberflächen. Wer dem Kind einen schwereren Verlauf ersparen möchte, kann einige Dinge beachten: Häufiges Händewaschen - besonders nach dem Toilettengang und vor dem Essen - reduziert zum Beispiel das Risiko einer Ansteckung, raten Kinderärzte. Bei kleinen Risikopatienten sollten im ersten Lebensjahr größere Menschenansammlungen in der Virensaison vermieden werden. Eine rauchfreie Umgebung sollte selbstverständlich sein. Ein weiterer wichtiger Vorsorgepunkt ist die Ernährung. Eltern sollten besonders während der Erkältungswelle darauf achten, dass die Kleinen ausreichend Vitamine bekommen. Auch regelmäßige Aufenthalte im freien wirken präventiv. Ältere Kinder sollten reichlich trinken. Beim Schlafen kann ein erhöhtes Kissen die Atmung erleichtern. Da es sich um eine Viruserkrankung handelt, helfen keine Antibiotika. Für schwer erkrankte Kinder stehen aber mittlerweile antivirale Wirkstoffe zur Verfügung.

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