Darum ist der Hyundai Ioniq 5 N ein sportlicher Illusionist

Autotest Ein bisschen Spaß muss sein: Zwar sollen E-Autos vor allem klimaverträglicher sein und sind deshalb der Vernunft verpflichtet. Doch mit dem Ioniq 5 N zeigt Hyundai auch vergnügliche Seiten auf.

Egal, wie rasant sie fahren mögen oder wie raketengleich sie auf Tempo 100 beschleunigen - manche elektrische Sportwagen sind mit ihren geräuschlosen und vibrationsfreien Antrieben so kühl und emotionslos wie eine Ausnüchterungszelle auf St. Pauli.

Muss das sein? Nein, sagten sie sich offensichtlich bei Hyundai und wollen nun mit dem Ioniq 5 N das Gegenteil beweisen.

Wenn der Kraftmeier als erstes Elektromodell der hauseigenen Sportabteilung zu Preisen ab etwa 75 000 Euro im Februar auf den Markt kommt, wollen die Koreaner zeigen, dass auch Stromer eine Seele haben und so selbst eingefleischte Verbrenner-Fans von der Elektromobilität überzeugen.

Überzeugungsarbeit mit allen Tricks

Dafür ziehen die Koreaner alle Register - zumindest die Ingenieure. Denn während sich die Designer bis auf das typische Babyblau und ein paar Schweller und Spoiler höflich zurückgehalten haben, gehen die Techniker in die Vollen.

Es gibt nicht nur mit 448 kW/609 PS und kurzfristig bis zu 478 kW/650 PS fast doppelt so viel Leistung wie im Grundmodell mit bestenfalls 239 kW/325 PS. Das Sportmodell beschleunigt in 3,4 Sekunden von 0 auf 100 km/h und erreicht bis zu 260 km/h in der Spitze, während bislang spätestens bei 185 km/h Schluss war. Die Ingenieure belassen es auch nicht beim üblichen Feinschliff an Fahrwerk, Bremsen und Lenkung, selbst wenn das N-Modell spürbar knackiger und zackiger fährt.

Vor allem aber hat Hyundai an der Elektronik gefeilt. Ein halbes Dutzend Fahrprogramme sorgt dafür, dass die Traktion fast frei zwischen den beiden Achsen verteilt werden kann.

Und die Rückgewinnung von Bremsenergie ist jetzt so stark, dass es einen förmlich aus dem Sitz reißt, wenn man im One-Pedal-Modus unterwegs ist und zu schnell den rechten Fuß lupft.

Zur Erklärung: Bei aktiviertem One-Pedal-Modus im E-Auto nutzt man zum Fahren nur das Gaspedal. Nimmt man den Fuß vom Gaspedal, bremsen die E-Motoren das Auto automatisch ab.

Nervenkitzel wie im seligen GTI

Vor allem aber sorgen die Koreaner für Nervenkitzel, wie es ihn sonst in kaum einem Elektroauto gibt. Ja, künstlichen Sound hört man bei vielen Stromern. Und zumindest die Profile "Evolution" und "Supersonic" klingen bei Hyundai genauso albern wie überall sonst.

Doch wenn aus den zehn Lautsprechern die "Ignition"-Sounds schallen, wird man hellhörig. Und wenn dann auch noch eine Doppelkupplung samt Schaltrucken, Schubbrabbeln und Drehzahlbegrenzer vom Bordrechner simuliert wird, dann ist die Illusion perfekt.

Zumindest, bis man auf den roten Taster rechts im Lenkrad drückt, woraufhin einem die Elektronik einen Nachschlag spendiert und man beim Kickdown in den Sitz knallt. So viel Vortrieb entwickelt sonst selbst kaum ein V12-Motor. Spätestens dann weiß man auch, weshalb da "NGB" auf dem Taster steht und die Entwickler das mit "N Grin Boost" übersetzen - quasi dem "Grinseschub".

Reif für die Rennstrecke

Hyundai meint es auch ernst mit dem Renneinsatz. So soll es bald Trackdays geben für die Kundinnen und Kunden - und vielleicht sogar einen Markenpokal.

Deshalb lässt sich die Batterie entsprechend konditionieren: Für maximales Tempo bei einer Qualifikationsrunde gibt es ein anderes Energiemanagement als für ein Langstreckenrennen.

Wobei das mit der Langstrecke so eine Sache ist: Ja, die Koreaner haben den Akku vergrößert und bauen 85 statt 77 kWh ein, so dass die Normreichweite bei konkurrenzfähigen 450 Kilometern liegen wird. Doch mussten sie sich schwer strecken, dass der Strom für zwei Runden unter Rennbedingungen auf der Nürburgring-Nordschleife mit je rund 21 Kilometer reicht.

Fazit: GTI für die Generation E

Stark und schnell wie alle sportlichen Stromer und mit vielen individuellen Konfigurationen und digitalen Spielereien. Ist das so etwas wie das perfekte Spielzeug für die Generation Playstation? So ließe sich der Ioniq 5 N beschreiben.

Zudem wird er zum schönen Trost für leidenschaftliche Fahrer: Nur, weil dem E-Motor die Zukunft gehört, müssen sie auf Emotionen nicht verzichten. Das macht ihn durchaus zum ehrlichen elektrischen Erben legendärer Sportmodelle wie VW Golf GTI oder BMW M3.

Datenblatt: Hyundai Ioniq 5 N

Motor und Antrieb:Zwei Elektromotoren
Max. Leistung:478 kW/650 PS
Max. Drehmoment:k.A.
Antrieb:Allradantrieb
Getriebe:1-Gang-Automatik

Maße und Gewichte
Länge:4715 mm
Breite:1940 mm
Höhe:1585 mm
Radstand:3000 mm
Leergewicht:ca. 2200 kg
Zuladung:k.A.
Kofferraumvolumen:527-1587 Liter

Fahrdaten:
Höchstgeschwindigkeit:260 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h:3,4 s
Durchschnittsverbrauch:k.A.
Reichweite:ca. 450 km
CO2-Emission:0 g/km
Batteriekapazität:84 kWh
Ladeleistung AC / DC: 11 kW / 350 kW
Schadstoffklasse:k.A.
Energieeffizienzklasse:A+

Kosten:
Basispreis des Hyundai Ioniq 543 900 Euro
Grundpreis des Hyundai Ioniq 5 N: ca. 75 000 Euro
Typklassen:k.A.
Kfz-Steuer:0 Euro/Jahr

Wichtige Serienausstattung:
Sicherheit:Sechs Airbags, adaptiver Tempomat, LED-Scheinwerfer, Allradantrieb
Komfort:Klimaautomatik, Virtuelles Cockpit, erweiterte Verkehrszeichenerkennung

  Newsletter abonnieren

Euer News-Tipp an die Redaktion